Oberlandesgericht Naumburg verurteilt einstweilige Verfügung der AMEOS-Gruppe gegen Sozialministerin Grimm-Benne

von 27. Juli 2020

Die in Form der GmbH verfassten drei Klägerinnen betreiben Krankenhäuser in Sachsen-Anhalt. Die Verfügungsbeklagte ist Sozialministerin des Landes Sachsen-Anhalt. In einer auf dem Neujahrsempfang der SPD des Burgenlandkreises gehaltenen Rede sprach sich die Beklagte gegen eine zu dieser Zeit erwogene Privatisierung der Klinikum Burgenland GmbH durch Überführung in die AMEOS-Gruppe aus. Die Beklagte wurde in der Medienberichterstattung in dem Sinne zitiert, dass bei ihrer Warnung vor weiteren Klinik-Privatisierungen an die AMEOS-Gruppe eine Rolle gespielt habe, „welche opulenten Gewinnsummen die in Zürich ansässige Gruppe jährlich ins Ausland transferiere“.

Die Verfügungsklägerinnen haben die Beklagte im einstweiligen Verfügungsverfahren auf Unterlassung dieser Äußerung in Anspruch genommen. Das Landgericht Halle hat den Antrag durch Urteil vom 09.04.2020 zurückgewiesen.

Der Senat hat das Urteil des Landgericht Halle abgeändert und die Verfügungsbeklagte verurteilt, es zu unterlassen, in Bezug auf die Verfügungsklägerinnen zu behaupten, sie transferierten jährlich opulente Gewinnsummen ins Ausland. Der Senat hat der Verfügungsbeklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, angedroht.

Der Senat hat die Auffassung vertreten, dass die beanstandete Äußerung nach naheliegenden Verständnis auch die Verfügungsklägerinnen betreffe, obwohl sie ihren Sitz nicht in Zürich hätten. Die Äußerung beziehe sich auf die gesamte AMEOS-Gruppe und nicht nur auf die in Zürich ansässigen Konzernmütter. Die Verfügungsbeklagte trage die Darlegungslast für den behaupteten Sachverhalt, dass die AMEOS-Gruppe und als Teil dieser Gruppe zumindest auch die Verfügungsklägerinnen erhebliche Gewinne ins Ausland transferierten.

Belastbare Tatsachen, die diese Behauptung stützen könnten, trage die Beklagte nicht vor. Der nur durch Mutmaßungen unterlegten Behauptung der Verfügungsbeklagten stehe glaubhaft gemachtes Vorbringen gegenüber, dass Gewinnausschüttungen nicht vorgenommen worden seien. Das von der Verfügungsbeklagten im Berufungsverfahren vertretene Verständnis, wonach auch die von den Klägerinnen eingestandenen Re-Investitionen wegen der damit verbundenen Wertsteigerung der Tochtergesellschaften als Gewinntransfer an die in der Schweiz ansässigen Konzernmütter angesehen werden könnten, sei mit dem Bedeutungsgehalt der von der Beklagten verwendeten Formulierung nicht zu vereinbaren. Die Äußerung, deren Wahrheit nicht glaubhaft gemacht worden sei, sei geeignet, das Ansehen der Mitglieder der AMEOS-Gruppe und damit auch der Klägerinnen in der Öffentlichkeit zu beeinträchtigen.

Die beanstandete Aussage sei nicht nachweislich wahr und nicht durch die Wahrnehmung berechtigter Interessen gerechtfertigt. Die Beklagte stütze sich wesentlich auf einen in der Magdeburger Volksstimme erschienenen Pressebericht vom 17.01.2020. Der dort zitierten Äußerung eines Mitarbeiters der Klägerinnen, er halte es für vorstellbar, dass AMEOS in Sachsen-Anhalt erzielte Gewinne gezielt firmenintern transferiere, stehe eine im selben Bericht widergegebene gegenteilige Darstellung des damaligen Regionalgeschäftsführers der AMEOS gegenüber. Die Beklagte könne die beanstandete Äußerung daher nicht auf eine unstreitige Pressemitteilung stützen.

Die Androhung des Ordnungsgeldes und ersatzweiser Ordnungshaft ist bei der Verurteilung zu einer Unterlassung vom Gesetz vorgesehen und enthält keine Aussage darüber, welches Ordnungsgeld bei einer etwaigen Zuwiderhandlung verwirkt ist.

Die Entscheidung des Senats ist im Verfahren der einstweiligen Verfügung ergangen und daher unanfechtbar. Sie erwächst jedoch nicht in materielle Rechtskraft.