Qualität ist immer gefragt

von 28. Januar 2013

Die magere Ernte träfe die Weinbauern an Saale und Unstrut gerade in einer Periode, da ihre Produkte immer stärker gefragt seien, meint der Präsident und verweist auf die überzeugenden Qualitäten. Das durchschnittliche Mostgewicht lag mit 84 Grad Oechsle deutlich über dem Vorjahreswert mit 79. Vom sonnenreichen Herbst profitierten die vor allem spätreifen Sorten wie Riesling und Spätburgunder.

Das geringe Ernteergebnis hat nach Analyse des Weinbauverbandes einige Väter. Der Winter brachte wieder einmal Temperaturen jenseits der Minus-20-Grad-Marke. Das traf vor allem die Haupt-Rebsorten Müller-Thurgau und Portugieser. Zudem hielt sich der Niederschlag in beängstigenden Grenzen und erreichte mit 463 Millimeter fast das Tief des Trockenjahres 2003. Was trotzdem an den Stöcken zur Reife kam, fiel dann – manchmal in buchstäblich letzter Minute – animalischem Appetit zum Opfer. Siegfried Boy: „Dass Stare unsere Trauben als Delikatesse schätzen, ist ja seit Jahrhunderten bekannt. Aber diesmal gab es scharfe Konkurrenz von den Vierbeinern. So viele Dachse, Mäuse und vor allem Waschbären wurden noch nie in den Rebzeilen gesehen.“ Auch deshalb wurde der Schutz vor solchen Traubenräubern zum Thema eines Winzerstammtisches.

Der Rechenschaftsbericht des Vorstandes bezieht sich auf den Zeitraum 01.07.2011 bis 30.06.2012. Der war für die Mitglieder des Weinbauverbandes sehr erfolgreich. Die sehr gute Ernte 2011 hat nicht nur volle Keller beschert, sondern auch hervorragende Ergebnisse bei Weinwettbewerben. Allein die Bundesweinprämierung brachte sieben Goldmedaillen – nach nur drei im Vorjahr. Zudem wurde nach langer Durststrecke mit dem Weingut Marcel Schulze auch ein hiesiger Erzeuger mit dem Bundesehrenpreis ausgezeichnet. Das zeige, so Boy, dass sich die hiesigen Weine bestens im nationalen Vergleich behaupten könnten. Diese Präsenz wünscht sich der Präsident auch für das internationale Parkett. Noch immer werde beispielsweise die Pro Wein-Messe in Düsseldorf dafür zu wenig genutzt.

Auch in diesem Rechenschaftsbericht muss sich Siegfried Boy mit den Trockenmauern beschäftigen. Seit Jahrhunderten prägen sie das Bild der Region. Aber die verheerenden Lücken, die in den letzten Jahren starke Regenfälle und Frosteinbrüche rissen, sind noch nicht geschlossen. Durch ein Förderprogramm von Land und EU flossen immerhin 130.000 Euro in die Sanierung der Trockenmauern. Hier habe sich die enge Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt ein weiteres Mal bewährt. Nun engagiert sich auch das Bauministerium auf diesem Terrain. Weitere 100.000 Euro kamen so aus dem städtebaulichen Denkmalschutz, von dem die Stadt Freyburg profitiert. Diese Förderung wird voraussichtlich bis 2015 fortgeführt, der Landeshaushalt hat dafür 500.000 Euro eingestellt. „Eine gewaltige Summe, herzlichen Dank dafür. Der Bedarf jedoch ist mindestens doppelt so hoch, wie aktuelle Analysen belegen.“

Weitere Förderprogramme vornehmlich aus EU-Mitteln werden aber laut Boy nicht voll ausgenutzt. Der Weinbaupräsident nannte da als Beispiel die Unterstützung beim Kauf von Holzfässern. Jetzt werde der Förderbereich erweitert, so dass sowohl Tröpfchenbewässerung in den Rebanlagen als auch innovative Kellertechnik staatliche Zuschüsse erhalten könnten.

Gegenwärtig drohen dem deutschen Weinbau gravierende Veränderungen, die ihren Ausgang in Brüssel haben. Der Weinbauverband Saale-Unstrut unterstützt gemeinsam mit den anderen Anbaugebieten die Interessen der hiesigen Winzer. Noch immer ist dabei die unkontrollierte Freigabe der Rebrechte das größte Problem.

Boy verwies auch auf den touristischen Wert der Rebanlagen mit ihrem Terrassenbau in der Region. Die seien ein zentraler Blickfang und auch ein wichtiges Thema bei dem Weinlehrpfad, der Ende 2012 fertig gestellt worden sei. Über 13 Kilometer führt er von Laucha nach Freyburg und biete auf zwei Dutzend Tafeln einen unterhaltsamen Einblick in die Welt des Weins. Zu Beginn der Wandersaison werde es dazu noch einen feierlichen Termin zu Ostern geben. Zu feiern gäbe es in der Region zudem noch den 20. Geburtstag der Weinstraße Saale-Unstrut. In diesen 20 Jahren ist aus dem touristischen Mauerblümchen ein verlässlicher Gästemagnet geworden, von dem nicht nur die an der Route liegenden Weingüter profitierten.

Siegfried Boy freut sich zudem über die Wirkung, die eine neue Vereinigung im Kreise der Winzer ausstrahlt. Unter dem Namen Breitengrad 51 schöpfen die Macher das Potenzial hiesiger Weine aus. So ein hoher Anspruch könne auch die anderen Winzer im Anbaugebiet beflügeln, zumal ja auch eine Botschaft ist: „Wenn die Qualität stimmt, dann sind die Kunden bereit, den hohen Aufwand auch zu bezahlen.“

Traditionell wurde auf dem Mitteldeutschen Weinbautag auch der jährliche Pressepreis vergeben. Der ging diesmal an Hans-Dieter Speck. Und damit an einen Journalisten, der seit über einem halben Jahrhundert in der Region mit wachsamen Augen, stets gespitztem Bleistift und schussfertiger Kamera die Welt einfängt. Als Naumburger Lokalreporter prägte er bis zur Wende die Berichterstattung in der LDZ. Und der blieb er auch treu, als sie sich dann nach der Wende Naumburger Tageblatt nannte. Unter tausenden Artikeln und Fotos erschien seitdem sein Name. Darunter auch viele spezielle Weingeschichten. Und auch als 75-jähriger ist der gebürtige Zwickauer nicht wegzudenken bei aktuellen Ereignissen rund um die Trauben.

Zum guten Brauch an diesem Tag gehörte auch die Ehrung des besten Winzerlehrlings. Den Titel für 2012 holte sich Stephanie Grober-Feetz. Mit einem Notendurchschnitt von 1,79 ging für die Freyburgerin das letzte Jahr erfolgreich zu Ende. Stolz ist man auch bei den Weingütern Deckert und Pawis, in denen die 25-jährige ihre Ausbildung absolvierte.

In diesem Jahr stand aber noch ein ganz besonderer Punkt auf dem Ablaufplan des Weinbautages. Der Weinbauverband ehrte seinen langjährigen Präsidenten. Siegfried Boy hat vor 20 Jahren den Vorstandsvorsitz übernommen und erfolgreich die hiesige Winzerschaft in der bundesdeutschen Weinwelt platziert. Im Anschluss an den Mitteldeutschen Weinbautag lud der Weinbauverband aus diesem Anlass zu einem Empfang in das Berghotel „Zum Edelacker“ ein.

Hintergrund:

Der Weinbauverband zählt derzeit 248 Mitglieder, die über 91 Prozent der Rebfläche des Anbaugebiets repräsentieren. Dazu gehören 55 Weingüter und fünf Agrargenossenschaften. Die Weinregion Saale-Unstrut ist das nördlichste deutsche Qualitätsanbaugebiet und erstreckt sich über die Bundesländer Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg. Mit seinen etwa 765 Hektar bestockter Fläche rangiert es nach seiner Größe im hinteren Drittel der 13 deutschen Weinbaugebiete.