Mit dieser Frage sahen sich auch Kurfürst Friedrich III. und seine Gattin Sophie Charlotte konfrontiert. Während der Kurfürst seinen Sohn, Thronfolger Friedrich Wilhelm (1688-1740), den späteren Soldatenkönig, nach religiös-calvinistischem Vorbild ausbilden wollte, präferierte Sophie Charlotte eine mondäne Ausrichtung nach dem Vorbild Leibniz. Als Vermittler wurde schließlich der hallesche Pädagoge August Hermann Francke (16631727) zurate gezogen. Francke ließ dem Kurfürsten 1694 Einige Gedancken von der Auferziehung eines zum Regiment destinirten Printzen zukommen, legte seinem eigenen Entziehungsentwurf aber zugleich auch einen Text von Gottfried Wilhelm Leibniz (16461716) zugrunde. So wurde ein Erziehungsprogramm geschaffen, das die pietistische Pädagogik Franckes und die aufgeklärten Ansätze zur Prinzenerziehung Leibniz vereinigt, wobei deutlich wird, dass Franckes Gottes=Furcht sehr viel mehr Einfluss auf die Erziehung Friedrich Wilhelms erlangt hat als Leibniz Ideal des honnestte homme (Schmitt-Maaß: 34). Francke beeinflusste dadurch nicht nur die Erziehung Friedrich Wilhelms, sondern auch die dessen Sohnes, Kronprinz Friedrich (1712-1786), den späteren Friedrich den Großen.
Dr. Christoph Schmitt-Maaß wertete in seinem 2016 in der renommierten Reihe Hallesche Quellenpublikationen und Repertorien des Verlages der Franckeschen Stiftungen erschienenen Buch Archivalien der Franckeschen Stiftungen und des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz (Berlin) aus. Im Gespräch mit Prof. Dr. Holger Zaunstöck wird er zeigen, wie die pietistischen und aufklärerischen Ansätze die Erziehung der preußischen Eliten beeinflussten und sich schließlich Franckes Ideen beim brandenburgischen Herrscherhaus durchsetzten. Die Erziehungsinstruktionen Franckes werden als Archivalien zu sehen sein.
Publikation: Gottes furcht und honnêteté. Die Erziehungsinstruktionen für Friedrich Wilhelm I. von Brandenburg-Preußen durch August Hermann Francke und Gottfried Wilhelm Leibniz. Hg. v. Christoph Schmitt-Maaß. Halle: Verlag der Franckeschen Stiftungen, 2016. 101 Seiten, ISBN 978-3-447-10602-3.
Erster Veranstaltungsabend der Reihe Adelserziehung in Preußen: Kronprinz, Katte, Zinzendorf zum Thema: Pietistische Pädagogik und aufgeklärte Prinzenerziehung. Die Erziehungsinstruktionen von Francke und Leibniz für das preußische Herrscherhaus
Mit:
Prof. Dr. Holger Zaunstöck, Stabsstelle Forschung der Franckeschen Stiftungen
Dr. Christoph Schmitt-Maaß, Literaturwissenschaftler
Mittwoch | 31. Januar 2018 | 18.00 Uhr
Historisches Waisenhaus | Amerika-Zimmer
DIE WEITEREN VORTRAGSABENDE IM ÜBERBLICK
Neu entdeckt und neu erschienen
Adelserziehung in Preußen: Kronprinz, Katte, Zinzendorf
moderiert von Prof. Dr. Holger Zaunstöck, Stabsstelle Forschung der Franckeschen Stiftungen
Mittwoch | 21. Februar | 18.00 Uhr
Katte und Kronprinz Friedrich Ein Ausbruch aus den Zwängen ihrer Zeit?
Autorenlesung mit anschließender Diskussion mit Michael Roes, Autor des Buches Zeithain und Prof. Dr. Andreas Pecar, Historiker
Mittwoch | 7. März | 18.00 Uhr
Nikolaus Graf von Zinzendorf als Schüler des Königlichen Pädagogiums
Buchvorstellung und Gespräch mit Dr. Otto Teigeler (Abendveranstaltung im Rahmen der Tagung zur Bestimmung des Verhältnisses von Herrnhuter und Hallischem Pietismus)