Aktuelle Gerichtsurteile auf einen Blick

von 4. Oktober 2017

+++ Zu späte Meldung an Kaskoversicherer +++

Teilt ein Versicherungsnehmer – in Kenntnis der ihm obliegenden Anzeigepflicht – seinem Kaskoversicherer einen Unfallschaden erst knapp sechs Monate nach dem Verkehrsunfall mit, kann der Kaskoversicherer laut ARAG berechtigt sein, eine Entschädigung wegen vorsätzlicher Verletzung der Anzeigeobliegenheit zu verweigern (OLG Hamm, Az.: 20 U 42/17).

+++ Nachtarbeitszuschlag berechnet sich nach Mindestlohn +++

Sieht ein Tarifvertrag einen Nachtarbeitszuschlag vor, der auf den tatsächlichen Stundenverdienst zu zahlen ist, ist auch dieser laut ARAG nach der Entscheidung des BAG mindestens aus dem gesetzlichen Mindestlohn zu berechnen (Az.: 10 AZR 171/16).

+++ Ablagern von Schnee ist keine Beeinträchtigung +++

Nicht jede Einwirkung auf das Grundstückseigentum stellt auch eine Beeinträchtigung desselben dar. Das gelegentliche Ablagern von ein bis zwei Schaufeln Schnee fällt laut ARAG jedenfalls nicht darunter, weil es keinerlei spürbare Auswirkungen auf die rechtliche oder tatsächliche Herrschaftsmacht des Eigentümers hat (AG München, Az.: 213 C 7060/17).

Langfassungen:

Zu späte Meldung an Kaskoversicherer

Teilt ein Versicherungsnehmer seinem Kaskoversicherer einen Unfallschaden erst knapp sechs Monate nach dem Verkehrsunfall mit, kann dieser unter Umständen berechtigt sein, eine Entschädigung zu verweigern. Der Kläger hatte im konkreten Fall seinen Pkw Porsche Boxster bei der beklagten Versicherung kaskoversichert. Mitte Juni 2016 meldete der Kläger der Beklagten einen Schadensfall vom 23.12.2015. Nach seiner Darstellung war die linke Seite seines Fahrzeugs, das er in Essen am Rand einer Straße abgestellt hatte, streifenartig beschädigt worden. Diesen Schaden habe er – so der Kläger – im Januar 2016 begutachten und dann noch im Januar für circa 5.600 Euro reparieren lassen. Am Unfalltag habe er an seinem Fahrzeug einen Zettel mit einem Namen und einer Mobilfunknummer vorgefunden, mit diesen Angaben in der Folgezeit aber keinen Schädiger ermitteln können. Aus diesem Grunde sei die Beklagte dann im Juni 2016 unterrichtet worden. Die Beklagte hat gemeint, sie sei leistungsfrei, weil der Kläger seine Anzeigeobliegenheit verletzt habe. Die – unter Berücksichtigung eines Selbstbehalts – auf Zahlung einer Entschädigung von circa 5.300 Euro gerichtete Klage ist erfolglos geblieben. Die Beklagte sei von ihrer Verpflichtung zur Leistung frei geworden, weil der Kläger eine vertragliche Obliegenheit verletzt habe. Er habe den Schaden entgegen den Versicherungsbedingungen nicht innerhalb einer Woche nach dem Schadensereignis gegenüber der Beklagten angezeigt, sondern erst rund sechs Monate später. Die Anzeigeobliegenheit habe der Kläger vorsätzlich verletzt. Ihm sei das Erfordernis einer Meldung gegenüber der Beklagten bekannt gewesen. Das stelle der Kläger nicht in Abrede. Zudem sei auch deswegen von einer vorsätzlich verzögerten Anzeige auszugehen, weil der Kläger nach eigenen Angaben anfangs auf eine Meldung gegenüber der Beklagten verzichtet habe, um zu versuchen, den Schädiger in Anspruch zu nehmen. Der Kläger blieb daher auf seinem Schaden sitzen, so de ARAG Experten (OLG Hamm, Az.: 20 U 42/17).

Nachtarbeitszuschlag berechnet sich nach Mindestlohn

Sieht ein Tarifvertrag einen Nachtarbeitszuschlag vor, der auf den tatsächlichen Stundenverdienst zu zahlen ist, ist auch dieser mindestens aus dem gesetzlichen Mindestlohn zu berechnen. Die Klägerin im verhandelten Fall ist langjährig bei der Beklagten als Montagekraft beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft Nachwirkung der Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Sächsischen Metall- und Elektroindustrie in der Fassung vom 24.02.2004 (MTV) Anwendung. Dieser sieht unter anderem einen Nachtarbeitszuschlag in Höhe 25% des tatsächlichen Stundenverdienstes und ein “Urlaubsentgelt” in Höhe des 1,5-fachen durchschnittlichen Arbeitsverdienstes vor. Für den Monat Januar 2015 zahlte die Beklagte neben dem vertraglichen Stundenverdienst von sieben Euro beziehungsweise 7,15 Euro eine “Zulage nach MiLoG”. Die Vergütung für einen Feiertag und einen Urlaubstag berechnete sie ebenso wie den Nachtarbeitszuschlag für fünf Stunden nicht auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns, sondern nach der niedrigeren vertraglichen Stundenvergütung. Darüber hinaus rechnete sie ein gezahltes “Urlaubsgeld” auf Mindestlohnansprüche der Klägerin an. Die Klägerin verlangt mit ihrer Klage eine Vergütung aller im Januar 2015 abgerechneten Arbeits-, Urlaubs- und Feiertagsstunden mit 8,50 Euro brutto und meint, auch der Nachtarbeitszuschlag sei auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns zu berechnen. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Auch vor dem BAG war die Klage erfolgreich. Der tarifliche Nachtarbeitszuschlag und das tarifliche Urlaubsentgelt müssten nach den Bestimmungen des MTV ebenfalls (mindestens) auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns von (damals) 8,50 Euro berechnet werden, da dieser Teil des “tatsächlichen Stundenverdienstes” im Sinne des MTV sei. Eine Anrechnung des gezahlten “Urlaubsgeldes” auf Ansprüche nach dem MiLoG könne nicht erfolgen, da der MTV hierauf einen eigenständigen Anspruch gebe und es sich nicht um Entgelt für geleistete Arbeit handelt, erklären ARAG Experten (BAG, Az.: 10 AZR 171/16).

Ablagern von Schnee ist keine Beeinträchtigung

Nicht jede Einwirkung auf das Grundstückseigentum stellt auch eine Beeinträchtigung desselben dar. In einem aktuell entschiedenen Fall ist der Kläger Eigentümer und Bewohner eines Hauses – der Beklagte ist Eigentümer des Nachbargrundstücks. Beide Grundstücke sind im Bereich der Garagen des Beklagten durch einen Maschendrahtzaun voneinander getrennt. Auf der Seite des Klägers befindet sich dort Rasen. Mit Schreiben seines Rechtsanwalts vom 11.01.2011, 25.01.2015 und 06.03.2017 ließ der Kläger den Beklagten abmahnen. Der Kläger behauptet, dass der Beklagte regelmäßig seinen Schnee auf die Grundstücksfläche des Klägers schaufele, um ihn dort abzulagern. Dies geschehe regelmäßig absichtlich und vor den Augen des Klägers, erstmals im Jahr 2011. Auch am 28.12.2014 habe der Beklagte seine Garagenvorflächen von Schnee befreit und den Schneeniederschlag mit einer Schaufel auf die Grundstücksfläche des Klägers verbracht. Am 02.02.2015 gegen 11.30 Uhr habe der Kläger den Beklagten beim Schneeräumen beobachten können. Der Beklagte habe ihm in die Augen geschaut und hämisch eine Schaufel voll Schnee über den Zaun geschippt. Auch im Winter 2015/2016 sowie 2016/2017 habe der Beklagte mehrmals unbeobachtet Schnee auf das Grundstück des Klägers verbracht. Der Kläger verlangt vom Beklagten, dies zu unterlassen. Denn an seinem Rasen entstünden wegen verzögerter Begrünung im Frühjahr Schäden. Zudem müsse er den nach Abschmelzen des Schnees verbleibenden Streusplitt von seinem Grundstück entfernen. Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Gericht konnte in diesem, wenn auch absichtlichen Verbringen von lediglich ein bis zwei Schaufeln Schnee auf das Grundstück des Klägers keine hinreichende Beeinträchtigung des Grundstückseigentums erkennen. Das Verbringen einer solchen Menge an Schnee möge im zugrunde liegenden Fall zwar geeignet sein, den Kläger zu provozieren und das Verhältnis der Parteien untereinander weiter zu verschlechtern. Darüber hinaus habe es jedoch keinerlei spürbare Auswirkungen auf die rechtliche oder tatsächliche Herrschaftsmacht des Klägers, erklären ARAG Experten (AG München, Az.: 213 C 7060/17).

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