Aktuelle Gerichtsurteile auf einen Blick

Aktuelle Gerichtsurteile auf einen Blick
von 22. März 2018

+++ Airlines können Erstattung bei Storno ausschließen +++
Fluggesellschaften dürfen Tickets ohne Erstattungsmöglichkeit im Falle einer Stornierung durch den Kunden verkaufen. Das entschied laut ARAG jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe.

+++ Kein Schadensersatz wegen defektem Fernsehanschluss +++
Der vorübergehende Verlust eines digitalen Fernsehkabelanschlusses begründet laut ARAG keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nutzungsausfalls (AG München, Az.: 283 C 12006/17).

+++ Krankengeld trotz verspäteter Meldung +++
Sofern der Arzt die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht dem Versicherten aushändigt, sondern diese mit dafür von der Krankenkasse zur Verfügung gestellten Freiumschlägen direkt an die Kasse weiterleitet, muss die Krankenkasse laut ARAG auch dann Krankengeld an den Versicherten zahlen, wenn die Bescheinigung zu spät bei ihr eingeht (SG Detmold, Az.: S 5 KR 266/17).

+++ Zugluft rechtfertigt Mietminderung +++
Kalte Zugluft in einem neu errichteten Passivhaus stellt einen Mietmangel dar, der eine Minderung der Miete um 10% rechtfertigt. Das geht laut ARAG aus einem Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 18.08.2017 hervor (AG Frankfurt aM, Az.: 33 C 1251/17 (76)).

Langfassungen:

Airlines können Erstattung bei Storno ausschließen

Fluggesellschaften dürfen Tickets ohne Erstattungsmöglichkeit im Falle einer Stornierung durch den Kunden verkaufen. Das entschied jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Zwei Lufthansa-Kunden hatten im verhandelten Fall geklagt. Der Ausschluss des Kündigungsrechts benachteilige die Fluggäste allerdings nicht unangemessen, entschieden die Richter. Die Kläger, die bereits in den Vorinstanzen unterlegen waren, hatten ihre Flüge von Hamburg in die USA wegen Krankheit rund zwei Monate vor dem Flugtermin im Jahr 2015 abgesagt. Von insgesamt 2766,32 Euro erhielten sie nur 267,12 Euro für nicht verbrauchte Steuern und Gebühren zurück. Der Entscheidung liegt die Anwendbarkeit von Paragraf 648 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zum Werkvertrag zugrunde. Dort ist geregelt, dass ein Unternehmen bei einer Vertragskündigung durch den Kunden den gezahlten Preis einbehalten darf. Das Unternehmen muss die Summe aber zumindest teilweise zurückerstatten, wenn es Kosten spart oder die Leistung an einen anderen Kunden verkauft. Diese Vorschrift habe die beklagte Lufthansa wirksam ausschließen dürfen, so der BGH. Denn sie sei für das gesetzliche Leitbild eines Vertrages über die Beförderung mit einem Massenverkehrsmittel nicht maßgeblich: Ersparnisse für die Fluglinien gibt es im Falle einer Kundenstornierung nach Auffassung des Senats kaum, weil die Aufwendungen zum größten Teil Fixkosten seien. Diese verringern sich praktisch nicht, wenn der Fluggast an der Reise nicht teilnimmt, erläutern ARAG Experten die Entscheidung (BGH, Az.: X ZR 25/17).

Kein Schadensersatz wegen defektem Fernsehanschluss

Der vorübergehende Verlust eines digitalen Fernsehkabelanschlusses begründet keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nutzungsausfalls. Die Beklagte hatte sich vertraglich zur Bereitstellung eines TV-Basis-HD-Kabelanschlusses verpflichtet. Seit dem 13.02.2017 war kein Fernsehempfang über die Beklagte mehr möglich. Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagte im Fall des defekten Fernsehanschlusses zur Zahlung von Schadenersatz wegen Nutzungsausfalls verpflichtet sei, welcher mit 50 Euro je Tag anzusetzen sei. Bei 32 Tagen mithin mit insgesamt 1.600 Euro – ein anderweitiger Fernsehempfang sei erst ab dem 17.03.2017 möglich gewesen. Die Beklagte ist der Auffassung ein Schadensersatzanspruch stehe dem Kläger nicht zu. Der Kläger habe Fernsehprogramme sowohl terrestrisch als auch über das Internet empfangen können. Die Ersatzpflicht des Schädigers entfalle, wenn dem Geschädigten ein in etwa gleichwertiger Ersatzgegenstand zur Verfügung stehe. Auch der zuständige Richter am AG München verneinte einen Anspruch auf Schadensersatz aus Nutzungsausfall. Es handele sich beim Fernsehkabelanschluss um ein reines Konsumgut. Der streitgegenständliche Fortfall des Fernsehempfangs während der Dauer von 32 Tagen stelle sich unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung nicht als wirtschaftlicher Schaden dar, sondern als reine Genussschmälerung und damit als nicht vermögensrechtlicher Schaden, so die ARAG Experten (AG München, Az.: 283 C 12006/17).

Krankengeld trotz verspäteter Meldung

Sofern der Arzt die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht dem Versicherten aushändigt, sondern diese mit dafür von der Krankenkasse zur Verfügung gestellten Freiumschlägen direkt an die Kasse weiterleitet, muss die Krankenkasse auch dann Krankengeld an den Versicherten zahlen, wenn die Bescheinigung zu spät bei ihr eingeht. Eine Frau hatte sich im konkreten Fall rechtzeitig zu ihrem Hausarzt begeben, um die Arbeitsunfähigkeit (AU) attestieren zu lassen. Der Arzt händigte das Formular, das für den Versicherten zur Vorlage bei seiner Krankenkasse bestimmt ist, aber nicht aus, sondern veranlasste die Versendung an die Krankenkasse selbst. Unter anderem hierfür hatte er zuvor von der Krankenkasse Freiumschläge zur Verfügung gestellt bekommen. Als die Bescheinigung erst nach Ablauf der einwöchigen Meldefrist bei der Beklagten einging, verweigerte diese die Zahlung von Krankengeld für die Zeit bis zur Vorlage der Bescheinigung. Zu Unrecht! Zwar müsse der Versicherte grundsätzlich selbst für die rechtzeitige Meldung der AU sorgen. Von dieser Obliegenheitsverpflichtung gebe es jedoch Ausnahmen – beispielsweise aus dem Gesetz über die Entgeltfortzahlung, da der Arzt danach verpflichtet ist, die AU der Krankenkasse zu melden. Treten Verzögerungen bei der Übermittlung der AU-Bescheinigung auf, müsse sich die Krankenkasse diese zurechnen lassen. Nach Auffassung der Richter greift diese Rechtsfolge auch dann, wenn der Arzt nach Ablauf der Entgeltfortzahlung ungefragt die Weiterleitung der AU Bescheinigung selbst übernimmt. Die Klägerin habe nämlich keine Möglichkeit gehabt, für den rechtzeitigen Zugang der Meldung zu sorgen. Sie durfte sich nach Auffassung des Gerichts vielmehr darauf verlassen, dass der Arzt für eine rechtzeitige Übermittlung sorgt, so die ARAG Experten (SG Detmold, Az.: S 5 KR 266/17).

Zugluft rechtfertigt Mietminderung

Kalte Zugluft in einem neu errichteten Passivhaus stellt einen Mietmangel dar, der eine Minderung der Miete um 10% rechtfertigt. Die Kläger hatten im verhandelten Fall dem Gericht in der Verhandlung berichtet, dass, nachdem sie in das Passivhaus eingezogen waren, trotz funktionierender Fußbodenheizung in den Wintermonaten die Zugluft im Wohn-, Arbeits- und Schlafzimmer nicht mehr erträglich gewesen sei. Die Vermieterseite hielt dem entgegen, dass Beeinträchtigungen durch Zugluft, wenn überhaupt, nur eine unerhebliche Gebrauchsbeeinträchtigung seien, welche im Sommer gar nicht auftrete. Das Gericht hat zunächst ausgeführt, dass Passivhäusern grundsätzlich und konstruktionsbedingt der Nachteil anhafte, dass die vorgegebene Raumtemperatur in den jeweiligen Wohnungen nur zu einem sehr geringeren Maße verändert werden kann. Bei einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung sei darüber hinaus konstruktionsbedingt häufig, zumindest innerhalb eines gewissen Rahmens, mit Zugluft zu rechnen. Vorliegend ging das AG aber dennoch von einem Mangel der Wohnung aus. Aufgrund des Ergebnisses des zuvor durchgeführten Beweissicherungsverfahrens kam das Gericht nämlich zu der Überzeugung, dass das Auftreten von Zugluft in der hier maßgebenden Form jedenfalls aufgrund eines Bauausführungsfehlers über das erwartbare und damit hinzunehmende Maß hinausging. Auch wenn die Auswirkungen im Sommer geringer seien als im Winter, rechtfertige dies eine Minderung der Miete in Höhe von 10%, so die ARAG Experten (AG Frankfurt aM, Az.: 33 C 1251/17 (76)).

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