Aktuelle Gerichtsurteile auf einen Blick

Aktuelle Gerichtsurteile auf einen Blick
von 15. März 2018

+++ Sparkasse: Der Kunde ist König +++
Frauen müssen in Formularen nicht in weiblicher Form angesprochen werden. Das hat laut der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entschieden. Damit wiesen die Richter die Revision einer 80-jährigen Sparkassen-Kundin ab (BGH, Az.: VI ZR 143/17).

+++ Finanzamt darf weiter Zinsen kassieren +++
Trotz der Null-Zins-Politik der Europäischen Zentralbank dürfen die deutschen Finanzämter bei Steuernachzahlungen hohe Zinsen von 6 % kassieren. Auch in einer Tiefzinsphase sei das laut ARAG nicht verfassungswidrig (BFH, Az.: III R 10/16).

+++ Keine Pflicht zur Streuung von öffentlichem Gehweg +++
Ein Vermieter und Grundstückseigentümer, dem die Gemeinde nicht (als Anlieger) die allgemeine Räum- und Streupflicht übertragen hat, ist regelmäßig nicht verpflichtet, auch über die Grundstücksgrenze hinaus Teile des öffentlichen Gehwegs zu räumen und zu streuen (BGH, Az.: VIII ZR 255/16).

+++ Mobilheim auf Dauerparkplatz kein Zweitwohnsitz +++
Die auf Dauerstandplätzen aufgestellten Mobilheime können laut ARAG nicht ohne weiteres als Zweitwohnungen angesehen werden (OVG Schleswig-Holstein, Az.: 2 LB 97/17 und 2 LB 98/17).

Langfassungen:

Sparkasse: Der Kunde ist König

Von einer Königin ist in diesem geflügelten Wort ausdrücklich keine Rede. Der Bundesgerichtshof hat dann auch entschieden, dass eine Kundin der Sparkasse keinen Anspruch auf eine weibliche Personenbezeichnung in Vordrucken und Formularen hat. Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls ist Kundin der beklagten Sparkasse. Diese verwendet im Geschäftsverkehr Formulare und Vordrucke, die neben grammatisch männlichen Personenbezeichnungen wie etwa „Kunde“ oder „Kontoinhaber“ keine grammatisch weibliche Form enthalten. In persönlichen Gesprächen und in individuellen Schreiben wendet sich die Beklagte an die Klägerin mit der Anrede “Frau […]”. Die Klägerin beansprucht aber darüber hinaus von der Beklagten, allgemein in Formularen und Vordrucken nicht unter grammatisch männlichen, sondern ausschließlich oder zusätzlich mit grammatisch weiblichen Personenbezeichnungen erfasst zu werden. Das Amtsgericht wies die darauf abzielende Klage jedoch ab. Auch die Berufung der Klägerin blieb vor dem Landgericht erfolglos. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgte die Klägerin ihren Antrag weiter. Der Bundesgerichtshof wies die Revision jetzt ebenfalls zurück. Es liegt demnach keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in seiner Ausprägung als Schutz der geschlechtlichen Identität vor, erläutern die Experten. da sich die beklagte Sparkasse an die Klägerin in persönlichen Gesprächen und in individuellen Schreiben mit der Anrede “Frau […]” wendet. Ob sich die Sparkasse mit ihrer vehementen Weigerung, sich in Vordrucken und Formularen auch ausdrücklich an ihre Kundinnen und Kontoinhaberinnen zu wenden einen Gefallen tut, darf zumindest bezweifelt werden (BGH, Az.: VI ZR 143/17).

Finanzamt darf weiter Zinsen kassieren

Trotz der Null-Zins-Politik der Europäischen Zentralbank dürfen die deutschen Finanzämter bei Steuernachzahlungen hohe Zinsen von 6% kassieren. In einem konkreten Fall ging es um 11.000 Euro Zinsen, die der Fiskus von einem Bürger verlangte. Das Finanzamt hatte den endgültigen Steuerbescheid für das Jahr 2011 nach einigem Hin und Her erst im September 2013 festgesetzt – die Beamten forderten dann für die Nachzahlung den seit Jahrzehnten geltenden Zinssatz von 0,5 % pro Monat. Das ärgerte den Mann so sehr, dass er vor Gericht zog. Die 6% p.a. sind laut Bundesfinanzhof trotz Niedrigzinsphase immer noch im Rahmen des Üblichen: Marktübliche Kreditzinsen für Kontoüberziehung hätten in der betreffenden Zeit bei bis zu 14 % gelegen. Die 6 % Zinsen im Jahr ein einträgliches Geschäft für den Staat, weil die Einnahmen durch Nachzahlungen erheblich höher sind als die Ausgaben für Rückerstattungen, ergänzen Experten (BFH, Az.: III R 10/16).

Keine Pflicht zur Streuung von öffentlichem Gehweg

Ein Vermieter und Grundstückseigentümer, dem die Gemeinde nicht die allgemeine Räum- und Streupflicht übertragen hat, ist regelmäßig nicht verpflichtet, auch über die Grundstücksgrenze hinaus Teile des öffentlichen Gehwegs zu räumen und zu streuen. Die Beklagte ist im verhandelten Fall Eigentümerin eines Anwesens in dem eine Wohnung an die jetzige Ehefrau des Klägers vermietet war. Zwischen den Parteien steht nicht in Streit, dass die Räum- und Streupflicht (Winterdienst) für den Gehweg vor dem Grundstück der Beklagten grundsätzlich bei der Stadt München (Streithelferin) liegt. Am 17.01.2010 stürzte der Kläger beim Verlassen des Wohnhauses auf einem schmalen von der Streithelferin nicht geräumten Streifen des öffentlichen Gehwegs im Bereich des Grundstückseingangs vor dem Anwesen der Beklagten. Hierbei zog er sich Frakturverletzungen am rechten Knöchel zu. Die Streithelferin hatte den Gehweg mehrfach geräumt und gestreut, wenn auch nicht auf der ganzen Breite und auch nicht bis zur Schwelle des unmittelbar an den Gehweg angrenzenden Anwesens der Beklagten. Die Beklagte wiederum hatte keine Schneeräumarbeiten auf dem Gehweg vorgenommen, weil sie ihrer Meinung nach dazu nicht verpflichtet war. Die gegen die Beklagte gerichtete Klage blieb in allen Instanzen ohne Erfolg. Zwar ist ein Vermieter aus dem Mietvertrag verpflichtet, dem Mieter während der Mietzeit den Gebrauch der Mietsache und damit auch den Zugang zum Mietobjekt zu gewähren. Dazu gehört es grundsätzlich auch, die auf dem Grundstück der vermieteten Wohnung befindlichen Wege, insbesondere vom Hauseingang bis zum öffentlichen Straßenraum, zu räumen und zu streuen. Vorliegend sei der Kläger allerdings nicht auf dem Grundstück, sondern auf dem öffentlichen Gehweg gestürzt. Die dem Vermieter seinen Mietern gegenüber obliegende Verkehrssicherungspflicht beschränke sich jedoch regelmäßig auf den Bereich des Grundstücks. Im Streitfall habe die Verkehrssicherungspflicht für den öffentlichen Gehweg vor dem Anwesen indes bei der Streithelferin und nicht bei der insoweit vom Winterdienst befreiten Beklagten gelegen. Eine Ausweitung der betreffenden Verkehrssicherungspflicht über die Mietsache beziehungsweise über das Grundstück hinaus kam im Streitfall nicht in Betracht, so die Experten (BGH, Az.: VIII ZR 255/16).

Mobilheim auf Dauerparkplatz kein Zweitwohnsitz

Die auf Dauerstandplätzen aufgestellten Mobilheime können nicht ohne weiteres als Zweitwohnungen angesehen werden. Das OVG hat im konkreten Fall hervorgehoben, dass Mobilheime keine Immobilien seien und damit nicht dem typischen Begriff einer Zweitwohnung entsprächen. Wenn eine Gemeinde dennoch eine Zweitwohnungssteuer erheben wolle, müsse sie dies in ihrer entsprechenden Satzung ausdrücklich regeln und bestimmte Mindestmerkmale der Ausstattung festlegen. Ferner müsse der in der Satzung zu bestimmende Steuermaßstab realitätsgerecht sein, so die Experten (OVG Schleswig-Holstein, Az.: 2 LB 97/17 und 2 LB 98/17).

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