Aktuelle Urteile auf einen Blick

von 19. Oktober 2016

+++ BGH ändert Rechtsprechung zugunsten von Käufern +++
Der Bundesgerichtshof hat die Rechte von Kunden beim Verbrauchsgüterkauf gestärkt. Tritt nun innerhalb von sechs Monaten ein Schaden an der gekauften Sache auf, liegt die Beweispflicht weitestgehend beim Verkäufer. Der BGH musste laut ARAG Experten seine Rechtsprechung aufgrund einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ändern (BGH, Az.: VIII ZR 103/15).

+++ Hartz IV: Maximale Wohnfläche muss eingehalten werden+++
Hartz-IV-Empfänger müssen ihr Einfamilienhaus verkaufen, wenn es nach den Regeln des Sozialgesetzbuchs zu viel Wohnfläche hat. Das hat laut ARAG Experten das Bundessozialgericht in Kassel jetzt klargestellt (BSG, Az.: B 4 AS 4/16 R).

+++ Ampel: Bei Gelb anhalten +++
Ein Verkehrsteilnehmer verstößt gegen das Gebot, beim Wechsel einer Ampel von Grün auf Gelb anzuhalten, wenn er mit seinem Fahrzeug in den Kreuzungsbereich einfährt, obwohl er mit einer normalen Betriebsbremsung zwar jenseits der Haltelinie, aber noch vor der Ampelanlage hätte anhalten können. Dies gilt laut ARAG insbesondere, wenn er ein großes und schweres Fahrzeug steuert (OLG Hamm, Az.: 6 U 13/16).

+++ Mehrkosten bei Eintritt eines Dritten in Reisevertrag +++
Pauschalreisende müssen bei Eintritt eines Dritten in den Reisevertrag die Mehrkosten für eine erforderliche Neubuchung von Flugtickets tragen. Denn Reiseveranstalter könnten zur Erfüllung des Anspruchs auf Flugbeförderung aus dem Reisevertrag laut ARAG auch Flüge buchen, die keinen Wechsel in der Person des Fluggastes zulassen (BGH, Az.: X ZR 107/15 und X ZR 141/15).

Langfassungen:

BGH ändert Rechtsprechung zugunsten von Käufern
Der Bundesgerichtshof hat die Rechte von Kunden beim Verbrauchsgüterkauf gestärkt. Tritt nun innerhalb von sechs Monaten ein mangelhafter Zustand an der Kaufsache auf, wird zugunsten des Käufers vermutet, dass es sich um einen Sachmangel handelt, der bereits bei Übergabe der Sache vorlag. Dem Verkäufer obliegt es, das Gegenteil zu beweisen. In dem verhandelten Fall ging es um einen Getriebeschaden an einem gebrauchten Pkw. Nach fünf Monaten funktionierte die Automatikschaltung nicht mehr richtig, weshalb der Käufer sein Geld zurückhaben wollte. Der angerufene Sachverständige konnte nicht klären, ob es sich um einen Bedienfehler des Käufers oder um einen Mangel handelte, der bereits beim Verkauf vorgelegen hatte. Gestritten wurde deshalb darüber, ob der Käufer beweisen muss, dass er die Schaltung nicht selbst durch einen Bedienfehler kaputt gemacht hatte. Die Richter haben nun zugunsten des Käufers entschieden. Der Verkäufer hätte im konkreten Fall nachweisen müssen, dass der Käufer die Schaltung falsch bedient hat. Der BGH musste laut ARAG Experten seine Rechtsprechung aufgrund einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2015 ändern (BGH, Az.: VIII ZR 103/15).

Hartz IV: Maximale Wohnfläche muss eingehalten werden
Hartz-IV-Empfänger müssen ihr Einfamilienhaus samt Grundstück verkaufen, wenn es nach den Regeln des Sozialgesetzbuchs zu viel Wohnfläche hat. Mit dieser Entscheidung wies das Bundessozialgericht in Kassel (BSG) die Klage einer Familie aus dem Landkreis Aurich ab. Ihr Eigenheim hat 144 Quadratmeter. Die Eltern wohnten dort ursprünglich mit ihren vier Kindern. Als drei der Kinder ausgezogen waren, erklärte das Jobcenter das Haus für unangemessen groß. Es könne auch nicht mehr als geschütztes Schonvermögen angesehen werden. Für drei Personen wären laut ARAG Experten nur noch 110 Quadratmeter geschützt gewesen. Das Haus war daher als verwertbares Vermögen anzusehen. Da das Haus nicht innerhalb kurzer Zeit verkauft werden konnte, zahlte das Jobcenter die Hartz-IV-Leistungen nur noch als Darlehen. Dagegen klagten die Eltern vergeblich: Nach Auffassung der Richter kann nur ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe als Schonvermögen anerkannt werden. Ob das Haus zu einem früheren Zeitpunkt angemessen war, ist unerheblich. Daher müssen die Eltern ihr Eigenheim nun als Vermögen einsetzen, so das Urteil. Bis zu einem Verkauf kann die Familie aber Hartz IV als Darlehen bekommen. Im vorliegenden Fall scheidet ein Verkauf des Hauses auch nicht wegen besonderer Unwirtschaftlichkeit aus, befanden die Richter (BSG, Az.: B 4 AS 4/16 R).

Ampel: Bei Gelb anhalten
Ein Verkehrsteilnehmer verstößt gegen das Gebot, beim Wechsel einer Ampel von Grün auf Gelb anzuhalten, wenn er mit seinem Fahrzeug in den Kreuzungsbereich einfährt, obwohl er mit einer normalen Betriebsbremsung zwar jenseits der Haltelinie, aber noch vor der Ampelanlage hätte anhalten können. Im konkreten Fall fuhr ein Verkehrsteilnehmer mit einem Motorroller in den Kreuzungsbereich ein, als die für ihn geltende Ampel von Rot/Gelb auf Grün umsprang. Aus der Gegenrichtung näherte sich der Fahrer eines Sattelzuges, der auf der dortigen Abbiegespur nach links einbiegen wollte. Er fuhr in den Kreuzungsbereich ein, nachdem die für ihn geltende Ampel von Grün auf Gelb umgesprungen war. Der Kläger leitete eine Vollbremsung ein, geriet mit seinem Motorroller in eine Schräglage und kollidierte mit dem Unterfahrschutz des Sattelaufliegers. Er zog sich mehrere, zum Teil schwere Verletzungen zu. Vom Unfallgegner und seiner Versicherung verlangte er Schadensersatz und Schmerzensgeld. Das angerufene Gericht stellte eine Quote 70/30 zu Gunsten des Klägers fest. Der beklagte Fahrer des Sattelzuges habe den Unfall überwiegend verschuldet, weil ihm ein Gelblichtverstoß vorzuwerfen sei. Das Gelblicht einer Ampel ordnet an, das nächste Farbsignal der Ampelanlage abzuwarten. Sei das nächste Farbsignal wie im vorliegenden Fall „Rot“, hat der Fahrer anzuhalten, soweit ihm dies mit normaler Betriebsbremsung vor der Ampelanlage möglich ist. Im vorliegenden Fall hätte der Beklagte also anhalten müssen und die für ihn geltende Ampelanlage nicht mehr passieren dürfen. Im Rahmen des Prozesses wurde festgestellt, dass der Beklagte den Sattelzug vor Beginn der Rotlichtphase mit einer normalen Betriebsbremsung vor der Ampelanlage hätte anhalten können, ergänzen ARAG Experten (OLG Hamm, Az.: 6 U 13/16).

Mehrkosten bei Eintritt eines Dritten in Reisevertrag
Pauschalreisende müssen bei Eintritt eines Dritten in den Reisevertrag die Mehrkosten für eine erforderliche Neubuchung von Flugtickets tragen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte in zwei Fällen zu entscheiden, in denen Pauschalreisende die Reise krankheitsbedingt umbuchen wollten. In beiden Fällen sollte die Luftbeförderung zum Reiseziel mit einer Linienfluggesellschaft erfolgen. Die beklagten Reiseveranstalter wiesen auf das Erfordernis neuer Flugtickets und die damit verbundenen Mehrkosten hin. Daraufhin traten die Urlauber von ihrem jeweiligen Reisevertrag zurück. In beiden Fällen stellte der Reiseveranstalter den Kunden eine Rücktrittsentschädigung in Höhe von 85 bzw. 90 Prozent des Reisepreises in Rechnung und zahlte nur den restlichen Reisepreis zurück – letztlich ohne Erfolg. Der BGH stellte klar, dass der Reiseveranstalter dem Kunden die Übertragung des Anspruchs auf die Reiseleistungen auf einen Dritten ermöglichen muss. Hierdurch entstehende Mehrkosten müsse er jedoch nicht selbst tragen, sondern könne den Kunden und den Dritten damit belasten. Er sei auch nicht gezwungen, die vertraglichen Reiseleistungen so zu gestalten, dass sie für den Kunden möglichst kostengünstig auf einen Dritten übertragbar sind, erklären ARAG Experten (BGH, Az.: X ZR 107/15 und X ZR 141/15).