Arzt muss medizinische Standards berücksichtigen

von 20. Juli 2016

Sie war mit einer durch einen anderen Dentisten eingegliederten Krone im Seitenzahnbereich unzufrieden und äußerte den Wunsch nach einer Sanierung ihrer Frontzähne. Der Zahnarzt stellte in ihrer Funktion gestörte Kiefergelenke (CMD) fest. Diese wollte er zunächst mit einer Aufbissschiene therapieren, sodann die Seitenzähne stabilisieren, um erst dann mit der Sanierung der Frontzähne zu beginnen. Auf Wunsch der Klägerin – so die Darstellung des Zahnarztes – begann er dann jedoch vorzeitig mit der Frontzahnsanierung. Infolge der Behandlung stellten sich bei der Patientin eine zu niedrige Bisshöhe und eine Kompression der Kiefergelenke ein. Wegen der nach ihrer Auffassung fehlerhaften zahnärztlichen Behandlung klagte die Patientin und verlangte vom beklagten Zahnarzt Schadensersatz, Schmerzensgeld und die Rückzahlung der geleisteten Honorare. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat die vom Landgericht (LG) dem Grunde nach festgestellte Schadensersatzpflicht des Beklagten bestätigt. Die Klägerin habe unter einer CMD geglitten. Diese habe der Beklagte zunächst auch fachgerecht therapieren wollen. Hiervon habe er sich aber abbringen lassen und die notwendige Schienentherapie nicht im erforderlichen Umfang durchgeführt, wodurch es zu den Folgeschäden kam. In diesem Zusammenhang könne sich der Beklagte nicht darauf berufen, dass die Klägerin ein Vorziehen der Frontzahnsanierung ausdrücklich verlangt habe. Selbst wenn man ein solches Verlangen unterstelle, verstoße die gewünschte Behandlung gegen den medizinischen Standard und habe vom Beklagten abgelehnt werden müssen. Auch eine eingehende ärztliche Belehrung über die möglichen Behandlungsfolgen legitimiert kein behandlungsfehlerhaftes Vorgehen, erklären ARAG Experten (OLG Hamm, Az.: 26 U 116/14).