Gesundheitsrisiko durch vermeintlich ökologisches „Bambusgeschirr“

von 29. Juli 2021

Wer solche Produkte bereits gekauft hat, sollte sie nicht mehr verwenden. Der Handel muss betroffene Artikel zurücknehmen und den Kaufpreis erstatten

Es ist ein Skandal, dass der Handel Verbrauchern immer noch verbotenes und potenziell krebserregendes Plastikgeschirr mit Bambus-, Reis- oder Weizenfasern anbietet“, sagt Christa Bergmann von der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt. Dabei besteht spätestens seit Juni 2020 kein Zweifel mehr, dass diese Produkte nicht verkauft werden dürfen.

Kunststoff-Geschirr mit Bambus [&] Co ist nicht verkehrsfähig

Das vermeintlich nachhaltige Geschirr besteht häufig aus Kunststoffen, denen Pflanzenfasern als Füllstoffe zugesetzt werden. Zum überwiegenden Teil kommt hier Melamin-Formaldehyd- Harz (MFH) zum Einsatz, ein Material, das bei Kontakt mit heißen oder sauren Lebensmitteln gesundheitsschädliche Stoffe, wie das potenziell krebserregende Formaldehyd, freisetzt.

Produkte weiterhin auf dem Markt

Eine Marktstichprobe der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt im Juli 2021 kam zum Ergebnis, dass diese potenziell krebserregenden Produkte auch nach Jahren weiterverkauft werden. Dabei fiel auf, dass das Onlineangebot im Vergleich zum stationären Einzelhandel ungleich größer ist. Besonders bei Firmen, die ihr Geschäft über (deutsche) Onlinemarktplätze abwickeln oder bei Anbietern labelbarer Werbeartikel sind die Produkte zu finden.

Eine vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit geplante Recherche zu Bambusgeschirr im Onlinehandel wurde im Jahr 2020 leider gestrichen, so dass die Lebensmittelüberwachung in Sachsen-Anhalt bisher nicht systematisch tätig geworden ist. Lediglich nach einem anderweitig bekannt gewordenen Hinweis auf einen Onlinevertrieb von Bambusgeschirrprodukten wurde der Anbieter von derzuständigen Behörde dazu veranlasst, das Onlineangebot zu deaktivieren.

Rückruf und Rücknahme gefordert

Behörden und Bundesregierung müssen einen umfassenden Rückruf veranlassen und die Öffentlichkeit offensiv und bundesweit darüber informieren, dass Kunststoffgeschirr mit Naturfasern nicht mehr verkauft und genutzt werden soll. Insbesondere der Onlinehandel muss intensiv überwacht werden. Die Händler fordern wir auf, diese nicht zugelassenen Produkte zurückzunehmen und den Kunden den Kaufpreis zu erstatten. Rechtlich gesehen handelt es sich um mangelhafte Ware“, so Bergmann.

Wir empfehlen den Verbrauchern für den Kontakt mit heißen Speisen und Getränken lieber langlebige Mehrweg-Alternativen aus Edelstahl, Glas oder Porzellan, auch Polypropylen, zu verwenden.

Hintergrund

Untersuchungsämter berichten seit 2014 regelmäßig über bedenkliche Grenzwertüberschreitungen in Bambus-Kunststoff-Geschirr. Das Bundesinstitut für Risikobewertung hat 2019 entsprechende Produkte als nicht geeignet für den Kontakt mit heißen Speisen und Getränken eingestuft. Vereinzelt wurden zwar Produkte vom Markt genommen. Allerdings reichten die Ressourcen der amtlichen Lebensmittelüberwachung nicht aus, um die Vielzahl an Produkten zu untersuchen und vom Markt zu nehmen.

Unabhängig vom Vorliegen dieser toxikologischen Risiken, also konkret gemessener Grenzwertüberschreitungen, hat eine Expertengruppe der Europäischen Kommission im Juni 2020 Bambus und andere natürliche Materialien in Kunststoffgeschirr für nicht verkehrsfähig erklärt. Denn für die Herstellung von Lebensmittelkontaktmaterialien aus Kunststoffen dürfen nur die dafür zugelassenen Stoffe verwendet werden. Da eine Zulassung für Bambus-, Reis- oder Weizenfasern zu keinem Zeitpunkt bestand, ist der Verkauf der entsprechenden Produkte europaweit nicht erlaubt.

Mehr zum Thema unter:

Verkauf von Kunststoffgeschirr mit Bambusbeimischung nicht zulässig | Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt (verbraucherzentrale-sachsen-anhalt.de)

Das landesweite Servicetelefon der Verbraucherzentrale ist unter (0345) 29 27 800 für Auskünfte und Terminvereinbarungen zu erreichen. Weitere Informationen erhalten Sie unter www.verbraucherzentrale-sachsen-anhalt.de.