Kein Testament vorhanden – Wer erbt?

von 15. März 2016

Erbe werden können Sie auf zwei Wegen: Jemand hat Sie durch ein Testament oder einen Erbvertrag zum Erben bestimmt. Oder, wenn nichts festgelegt worden ist, durch die gesetzliche Erbfolge. Das bedeutet, Sie sind der Nachfolger des Verstorbenen, der sein Vermögen übernimmt.

Gemäß der Erbfolge erben Verwandte nach einem System von sogenannten „Ordnungen“, die sich am Verwandtschaftsgrad zum Erblasser orientieren. Je näher Sie mit dem Erblasser verwandt sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie erben. Die einzelnen Ordnungen bilden eine Rangfolge beginnend mit der direkt folgenden Generation. Wenn aus dieser ersten Ordnung keine Erben vorhanden sind, folgen die Erben der zweiten Ordnung, danach diejenigen der weiter entfernt stehenden Ordnungen.

So funktioniert das Erbfolge-System

Erben

Verwandtschaftsgrad zum Erblasser

1. Ordnung

Kinder

Enkel

Urenkel usw.

2. Ordnung

Eltern

Bruder, Schwester

Neffe, Nichte usw.

3. Ordnung

Großeltern

Onkel, Tante

Cousine, Cousin

4. Ordnung

Urgroßeltern

Großonkel, Großtante

Großcousine bzw. Cousin zweiten Grades usw.

5. Ordnung

Ururgroßeltern

Urgroßonkel, Urgroßtante

deren Abkömmlinge

Wer etwas über die Erbfolge in seiner Familie wissen möchte, sollte nicht nur die Ordnungen kennen, sondern auch drei allgemeine Regeln beachten.

Regel 1:
Der Ehe- und Lebenspartner erbt neben den Verwandten bevorzugt.

Regel 2:
Ein Erbe der höheren Ordnung schließt alle Erben der weiteren Ordnungen aus.

Regel 3:
Ist innerhalb einer Ordnung ein Erbberechtigter verstorben, erben seine Abkömmlinge. Wichtig: Gilt nur für die ersten drei Erbordnungen.

Wer erbt wie viel?

Fall 1

Eine verwitwete Erblasserin hinterlässt eine Tochter und zwei Söhne.

Das ist einfach: Alle drei erben jeweils ein Drittel des Nachlasses.

Fall 2

Ein verwitweter Erblasser hat drei Kinder. Von diesen ist die Tochter bereits verstorben.

Die Tochter hatte selbst einen Sohn und eine Tochter, also Enkelsohn und Enkeltochter des Erblassers.

Hier erben die beiden Söhne jeweils ein Drittel. Das restliche Drittel der bereits verstorbenen Tochter wird auf deren Kinder aufgeteilt. Beide erhalten jeweils ein Sechstel des Nachlasses.

Fall 3

Ein kinderloser, lediger Erblasser hinterlässt seine Mutter, einen Bruder und eine Schwester. Der Vater ist tot.

So wird das Erbe aufgeteilt: Die Mutter erbt die Hälfte. Lebte der Vater noch, würde er die andere Hälfte erben. Diese Hälfte geht an die Geschwister des Erblassers. Bruder und Schwester erben je ein Viertel.

Fall 4

Als ein kinderloser lediger Erblasser stirbt, sind die Eltern und ein Bruder bereits verstorben. Als Erben kommen infrage die Schwester mit ihren Kindern und die beiden Kinder des Bruders (ein Neffe und eine Nichte).

So sieht die Aufteilung des Erbes aus: Die Schwester bekommt die Hälfte, ihre Kinder erben nichts. Neffe und Nichte erben jeweils ein Viertel.

Fall 5

Ein lediger und kinderloser Erblasser hinterlässt seine Mutter und einen Onkel mit zwei Kindern (Cousinen des Erblassers). Andere Verwandte gibt es nicht.

In diesem Fall erbt nur die Mutter als Erbin zweiter Ordnung. Der Onkel und seine Kinder gehören der dritten Erbordnung an. Da die Mutter des Erblassers einer vorrangigen Erbordnung angehört, schließt sie alle anderen noch lebenden Verwandten aus.

Fall 6

Ein geschiedenes Ehepaar hat ein gemeinsames Kind.

Stirbt der eine Elternteil, erbt das Kind das Vermögen des Verstorbenen. Verstirbt nun auch das Kind, wird der andere Elternteil dessen Alleinerbe – und beerbt damit faktisch seinen Ex-Partner. Hätte das Paar mehrere Kinder, würde der Ex-Partner neben diesen erben. Ein Testament hätte diese Folgen vermeiden können.

Wann erbt der Staat?

Sind die gesetzlichen Erben eines Erblassers nicht bekannt, wird vom Nachlassgericht oder den eingesetzten Nachlasspflegern nach Erben gesucht. Helfen eine öffentliche Bekanntmachung in der Presse und Aushänge nicht weiter, können auch professionelle Erbenermittler die Behörden unterstützen. Sie suchen in der Regel auf eigene Kosten nach den Erben und werden bei Erfolg mit 20 bis 40 Prozent des Erbteils bezahlt. Werden keine gesetzlichen Erben ermittelt, erbt der Staat.

Diese und weiter Informationen zu Thema Erbe findet man hier:

https://www.arag.de/auf-ins-leben/erben/