Mit Corona ändert sich alles – die Zeugnisse auch?!

von 21. April 2021

Im Zuge der pandemiebedingten Schulschließungen, konnte der Unterricht an Sachsen-Anhalts Grundschulen nicht wie gewohnt stattfinden. Das derzeit laufende Schuljahr ist mit früheren nicht zu vergleichen. Die Heranwachsenden waren über Wochen nicht in den Schulen anwesend, sondern mussten sich im Homeschooling arrangieren. Vielfältige, engagierte Lösungen zum Lernen in Distanz wurden gefunden. Auch wurden die individuellen Lernergebnisse der Schüler*innen bewertet. Dies geschieht jedoch in einer Zeit, in der sich alles verändert hat und weiter verändert, unsinnigerweise nach bisher gewohnten Verfahren.

Das Ministerium forderte in Bezug auf die Halbjahreszeugnisse bspw. im Ministerbrief vom 20.01.21, dass alle erbrachten Leistungen des zurückliegenden Halbjahres zur Leistungsbewertung – in Form von Noten – heranzuziehen seien. Weiterhin wurde dazu aufgerufen eine Zensur auf dem Zeugnis zu vermerken, auch wenn diese die einzige ist, die möglicherweise in diesem Fach im ganzen Halbjahr erteilt worden ist. In Anbetracht der Tatsache, dass Lernen heißt, neu erworbenes Wissen zu üben und zu festigen, auch Fehler zu machen, um letztlich erworbene Kompetenzen unter Beweis zu stellen, kann es keinesfalls im Sinne der Lernenden sein, wenig aussagekräftige Zeugnisse dieser Art zu erhalten.

Im Brief an die Schulleiter*innen heißt es am 21.02.21 seitens des Landesschulamtes: „Nutzen Sie alle möglichen Spielräume einer schülerorientierten Leistungsrückmeldung, hinterfragen Sie, wann und wie bewertet wird und versuchen Sie daran zu denken, dass die vielen Faktoren, die das Lernen der Kinder zu Hause beeinflusst haben, schwer zu vergleichen sind.“ Hier wird sehr deutlich, dass es eben nicht die gewohnten Verfahren zur Ermittlung einer Zeugnisnote sein können, die zum Ende dieses Schuljahres die individuellen Leistungen der Schüler*innen abbilden. Im Gegenteil: Das Landesschulamt fordert deutlich dazu auf, Leistungen mutig im Kontext der Pandemie zu verorten und entsprechend zu bewerten.

Auch der Grundschulverband des Landes Sachsen-Anhalt möchte nachdrücklich dazu auffordern, alle pädagogisch sinnvollen Handlungsspielräume voll auszuschöpfen. Überdies appellieren wir an die Verantwortlichen in der Administration, die Erlasslage insoweit der Pandemie anzupassen, als dass es möglich wird, aus pädagogischen Gründen auf eine Zensierung zu verzichten. Dies kommt der Forderung des Schulamtes „Leistungsdruck rauszunehmen“ nach und eröffnet Zeitfenster, welche nicht durch Wissensabfragen wie Leistungskontrollen, Tests oder Klassenarbeiten blockiert und eher als „echte“ Lernzeit genutzt werden. Die wenige Zeit, die bis zum Ende des Schuljahres bleibt, sollte dringend genutzt werden, um die Schüler*innen in ihrem Lernen wertschätzend zu begleiten, einzuschätzen was weitere Lernschritte sein können und diese gemeinsam zu reflektieren. Dabei müssen das einzelne Kind sowie seine Fortschritte und Weiterentwicklung im Fokus stehen. „Nach der herausfordernden Zeit des Distanzlernens hat die weitere Lernentwicklung Priorität“, lautet eine zentrale, wichtige Forderung des Landesschulamtes.

„Nur zu ermutigen, dass Pädagogen*innen wertschätzend, wohlwollend sowie alternativ bewerten, reicht nicht. Die Erlasslage muss situationsangemessen sein und entsprechend verändert werden.“, fordert Thekla Mayerhofer, Vorsitzende des Grundschulverbandes Sachsen-Anhalt. In Zeiten der Unsicherheit, in denen Bildungsungerechtigkeit weiter zunimmt, muss die Erlasslage klar sein. Keine Lehrkraft soll sich für „mutige Bewertungen“ rechtfertigen müssen. „Es muss selbstverständlich sein, dass die gewohnte Benotung in diesem außergewöhnlichen Schuljahr nicht angemessen ist“, stellt Mayerhofer klar.