Rund um die Fußball-EM – Rechtstipps

von 4. Juni 2016

Balkonfete: Wie lange darf man feiern?

Viele Spiele bei der Fußballeuropameisterschaft 2016 beginnen um 21 Uhr. Laut den meisten Hausordnungen muss aber um 22 Uhr Ruhe herrschen. Das würde für die Fans bedeuten, die Spiele bei Zimmerlautstärke und gedämpftem Torjubel oder geschlossener Balkontür zu begehen.

Wir raten, während der EM großzügig zu sein, wenn Nachbarn feiern. Es ist schließlich eine Ausnahmesituation. Allerdings sollte die ausgelassene Party eine halbe Stunde nach Spielende vorbei sein. Sonst kann es sein, dass das Ordnungsamt vor der Tür steht, denn das Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) besagt in Paragraph 117: „Ordnungswidrig handelt, wer ohne berechtigten Anlass oder in einem unzulässigen oder nach den Umständen vermeidbaren Ausmaß Lärm erregt, der geeignet ist, die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft erheblich zu belästigen oder die Gesundheit eines anderen zu schädigen“.

Fußball-EM im Büro: Fernseher erlaubt?

Bis zum Viertelfinale finden eine Reihe von Spielen um 15 Uhr oder 18 Uhr statt. Da sitzt der ein oder andere Arbeitnehmer sicher noch im Büro. Leider dürfen Sie nicht einfach ein Fernseher oder Radio am Arbeitsplatz aufstellen. Fragen Sie lieber Ihren Chef und bitten um um eine Regelung – etwa in Form einer schriftlichen Betriebsvereinbarung. Die Arbeit einfach liegen zu lassen, um Fußball zu gucken, ist aber auf keinen Fall drin, denn das kann zu einer Abmahnung führen.

Im Trikot zur Arbeit?

Die offiziellen Fußball-Trikots sind eigentlich keine Arbeitsbekleidung – außer man gehört zur Deutschen Nationalmannschaft. Kann der Chef das Tragen von Trikots deshalb verbieten? Zu den Nebenpflichten eines Arbeitsnehmers gehört auch die Einhaltung von bestehenden Bekleidungsvorschriften. Die Frage ist, inwiefern diese aus der betrieblichen Situation heraus nachvollziehbar sind und sich plausibel begründen lassen.

Der Chef darf sich überall dort nicht einmischen, wo etwaige Vorschriften sich betrieblich nicht rechtfertigen lassen. Wer als Mitarbeiter beispielsweise nur am Telefon sitzt, ohne Kontakt nach außen zu haben, kann dies gerne auch im Trikot der Deutschen Mannschaft erledigen. Was erlaubt ist, hängt aber immer auch von der Branche ab.

Public Viewing

Die rechtliche Grundlage fürs Public Viewing, das in jedem Fall behördlich genehmigt sein muss, ist die „Verordnung über den Lärmschutz bei öffentlichen Fernsehdarbietungen im Freien über die Fußball-EM 2016“.

Normalerweise darf der von Freizeitanlagen ausgehende Geräuschpegel in Gewerbegebieten nicht über 65 Dezibel (dB) und in Wohngebieten nicht über 55 dB liegen. Ab 22 Uhr beginnt die Nachtzeit, dann müssen 50 dB in Gewerbegebieten, 45 dB in Kern- und Mischgebieten und 40 dB in Wohngebieten eingehalten werden, was ungefähr dem Geräuschpegel entspricht, den eine Schreibmaschine verursacht.

Aber: Für so seltene Ereignisse wie eine Fußball-EM ändern sich die Richtwerte. Nach der von der Bundesregierung beschlossenen Verordnung gelten die Fanmeilen während der EM als Sportanlagen. Das bedeutet, dass die Städte und Gemeinden nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung die Möglichkeit haben, bei einem internationalen Sportereignis wie der EM Ausnahmen von den sonst geltenden Grenzwerten zuzulassen. Hintergrund dieser Regelung war unter anderem, dass etwa die Hälfte der Spiele bei der EM 2016 erst um 21 Uhr beginnen.

Wer die Ausrichtung eines Public Viewings plant, sollte sich wegen der örtlich geltenden Grenzwerte beim zuständigen Ordnungsamt bzw. auf dessen Internetseiten informieren.

Public Viewing mit Kindern

Darf man dann eigentlich mit Kindern oder Jugendlichen zum Public Viewing in die Eckkneipe? Wenn die Eltern dabei sind, ist das kein Problem; unter Aufsicht dürfen auch die Kleinen sich die Nacht um die Ohren schlagen.

Auf die Tore anstoßen sollte man mit ihnen aber nur mit altersgerechten Getränken! Denn das Jugendschutzgesetz gilt auch, wenn die Eltern ihre Kinder beaufsichtigen. Die Abgabe von Spirituosen und branntweinhaltigen Mischgetränken an Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren ist somit verboten. Deren Verzehr darf unter 18-Jährigen auch von den Erziehungsberechtigten nicht erlaubt werden. Mit einem Bier, einem Wein oder Sekt, dürfen Jugendliche ab 16 Jahren auf den Sieg ihres Favoriten allerdings anstoßen. Sind die Eltern verhindert, können Kinder und Jugendliche auch von einer anderen Person über 18 Jahre beaufsichtigt werden, wenn die Eltern einverstanden sind.

Aber: Wer zu viele Tore begossen hat, fällt als Aufsichtsperson aus. Das kommt einer Aufsichtspflichtverletzung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) gleich und kann unter Umständen neben strafrechtlichen Sanktionen auch privatrechtliche Ansprüche, vor allem Schadensersatzansprüche nach sich ziehen.

Veranstalter haftet

Ein Fan hatte sich bei einem Spiel bei einer Fußball-WM an den Rand einer dreistöckigen Public-Viewing-Tribüne gestellt. Diese hatte kein Geländer – und so fiel der Fan im Jubel nach dem Abpfiff 80 Zentimeter tief und brach sich den Arm. Er verklagte darauf hin mit Erfolg den Veranstalter. Die Veranstalter hatten ihre Pflichten verletzt, die Sitztribüne ausreichend abzusichern – auch die Genehmigung des Ordnungsamtes entlastete sie nicht. Der Fan bekam jedoch eine hälftige Mitschuld, da die Gefahr offensichtlich gewesen sei (OLG Hamm, Az.: I-9 U 44/10).

Kicken auf Gemeinschaftsflächen

Nach dem Spiel ein bisschen kicken? Zum Beispiel auf der Gemeinschaftsfläche einer Hausgemeinschaft oder im Hinterhof. Solange es sich bei den Hobby-Fußballern um Kinder handelt, sind die Gerichte oft großzügig – jedenfalls dann, wenn es in der Nähe keinen geeigneten Bolzplatz gibt. Die Nachbarschaft müsse die Lärmbelästigung hinnehmen. Lärm sei auf Grund des natürlichen Spiel- und Bewegungsdrangs der Kinder unvermeidbar, befanden zum Beispiel auch die Richter des Oberlandesgerichts in Düsseldorf.

Bei erwachsenen Kickern drücken die Gerichte aber eher selten ein Auge zu. Laden Sie Ihre Nachbarn lieber gleich zu einem Freundschaftsturnier ein, denn wer selber mitspielt wird sich nicht beschweren (LG Berlin, Az.: 61 S 288/1985 und LG München, Az.: 1 T 14129/88 und OLG Düsseldorf, Az.: 9 U 51/95).

Sicher feiern im Autokorso

Die Regeln der Straßenverkehrsordnung (StVO) gelten auch während der EM.

  • Rote Ampeln oder Stoppschilder gelten auch für Korso-Teilnehmer.

  • Der Fahrer muss sich an die geltenden Promille-Grenzen halten. Vorsicht: Schon ab 0,3 Promille muss man mit Bestrafung und Führerscheinentzug rechnen, wenn es alkoholbedingt zu Ausfallerscheinungen oder gar einem Unfall kommt. Und ab 0,5 Promille sind auch ohne Unfall ein Bußgeld und ein Fahrverbot fällig.

  • Die Fahrzeuginsassen müssen angeschnallt sein. Abgesehen von den gesundheitlichen Risiken: Wird ein Mitfahrer bei einem Auffahrunfall verletzt, weil er nicht angeschnallt war, kann dies für ihn als Mitschuld gewertet werden. Für die Folgen haftet er dann unter Umständen selbst.

  • Im Pkw dürfen nicht mehr Personen sitzen, als Plätze mit Gurten vorhanden sind – das Autodach oder die Motorhaube sind also tabu.

  • Sicht und Gehör des Fahrers dürfen durch die Mitfahrer nicht beeinträchtigt werden (§23 StVO). Sollten die Mitfahrer vor Begeisterung so in Rage geraten, dass ein sicheres Fahren unmöglich ist, bleibt nichts anderes, als den Korso zu verlassen und die Fahrt zu beenden.

  • Wer Riesenbanner an einer langen Stange aus dem Fenster ragen lässt, muss Ärger mit der Polizei einkalkulieren. Laut § 22 der StVO dürfen Fahrzeuge samt Fahne nicht breiter als 2,55 Meter sein.

  • Grundloses Hupen ist zwar eine Ordnungswidrigkeit, doch die Polizei hat hier Ermessensspielraum und würde bei einem Autokorso zum Sieg der deutschen Mannschaft bestimmt ein Auge zudrücken.

Deutschlandfahnen im Straßenverkehr

Wer während der EM am Auto Flagge zeigt, haftet für den Fall, dass die Fahne abbricht oder durch falsche Befestigung beim Folgefahrzeug Schäden verursacht, denn der EM-Auto-Schmuck hat keine TÜV-Zulassung. Entfernen Sie die Fahnen vor der Autobahnfahrt, weil das Material für derartige Belastungen nicht ausgelegt ist. Das bunte Tuch auf der Motorhaube soll entweder gut befestigt oder am besten für längere Fahrten ganz entfernt werden.

Probleme gibt es dann, wenn etwaige Unfälle ihre Ursache in einer mangelhaften Befestigung haben. Das Anbringen des Plastikhalters der Fahne im Fensterspalt erhöht zudem das Risiko eines Einbruchs, denn Autoknacker haben leichteres Spiel. Gut zu wissen ist, dass die Autoversicherungen bei einem Einbruch durch das beflaggte Autofenster den Schaden unter Umständen nicht regulieren.

Ist die Sicht durch die Lieblingsfahne im Heckfenster eingeschränkt, kann man sich zwar vorübergehend mit dem Blick in die Außenspiegel behelfen. Nach dem Autokorso sollte man das Tuch aber auch von dort wieder rasch entfernen. Bei Frontscheibendekorationen wie Aufklebern oder Wimpeln stehen Halter und Fahrer in der Pflicht, für eine ungehinderte Sicht zu sorgen, ähnlich wie beim Anbringen einer Vignette.

Deutschlandfahnen am Balkon

Darf der Vermieter den Fassadenschmuck verbieten? Nein, zumindest nicht ohne triftigen Grund. Wenn beispielsweise die Flagge so riesig ist, dass sie auch den Nachbarn die freie Sicht versperrt, deren Wohnräume verdunkelt oder anderweitig stört oder Passanten sogar gefährdet.

In der Mietwohnung sollte beim Aufhängen der Flagge außerdem kein schweres Gerät verwendet werden, wie zum Beispiel Wandanker oder Dübel. Denn die Bausubstanz des Hauses darf nicht beschädigt werden. Darüber hinaus können die eigenen vier Wände grundsätzlich von jedem Mieter eingerichtet, geschmückt und dekoriert werden, wie es diesem behagt. Auch einen Balkon darf der Mieter nach seinem eigenen Geschmack gestalten. Also auch mit jeder anderen zugelassenen Nationalflagge!

Feiern trotz Krankschreibung?

Erkältung, Allergie oder Magenverstimmung – und das gerade dann, wenn die Deutsche Nationalmannschaft um europameisterliche Ehren kämpft! Darf man trotz Krankschreibung zum Public Viewing? Was, wenn man dem Chef oder Kollegen über den Weg läuft?

Das hängt ganz von der Art der Erkrankung ab. Generell gilt: Wer krank ist, hat die Pflicht, sich an die Anweisungen des Arztes zu halten und alles zu unterlassen, was die Genesung verzögern oder gefährden könnte.

Hat der Arzt strikte Bettruhe verordnet, sollte man sich beim Public Viewing auch nicht blicken lassen. Ist dagegen lediglich der Arm gebrochen und im Gips, kann man ruhig zum Public Viewing gehen, denn die Genesung wird dadurch nicht verzögert.

Weitere Informationen unter: www.arag.de