50 Jahre Herz-Lungen-Maschine

von 29. März 2012

Der 3. April ist für das hallesche Universitätsklinikum ein besonderer Tag: Zum 50. Mal jährt sich die erste Operation am offenen Herzen in Halle. An jenem Apriltag 1962 wurde einem Jungen ein Defekt an der Vorhofscheidewand des Herzens behoben. Bis dahin waren solche angeborenen Herzfehler nicht durch Operationen behebbar, denn es fehlte an der notwendigen Technik. In der DDR gab es keine Herz-Lungen-Maschine, die bereits seit einigen Jahren erfolgreich in den USA im Einsatz war. Doch die Mediziner, Wissenschaftler und Techniker an der Martin-Luther-Universität um Professor Dr. Karl-Ludwig Schober (damalige Chirurgische Universitätsklinik) fassten den Entschluss, selbst solch eine Maschine zu konstruieren und zu bauen. „An diese Pioniertat wollen wir mit einem wissenschaftlichen Symposium erinnern“, sagt Professor Dr. Rolf-Edgar Silber, Direktor der Universitätsklinik und Poliklinik für Herz- und Thoraxchirurgie. Genau 50 Jahre nach der ersten Operation werden sich Zeitzeugen an diese Entwicklung erinnern.Das Symposium findet am Dienstag, 3. April 2012, zwischen 9 und 15.30 Uhr im Universitätsklinikum Halle (Saale), Ernst-Grube-Straße 40, Lehrgebäude, Hörsaal, statt. Zu Beginn berichten die Zeitzeugen Professor Werner Fritz, Professor Heinz Neef, Professor Gisbert Wagner, Professorin Ingrid Brähne, Professor Günter Baust, Professor Hans-Dieter Pauer und Dr. Schwartze über die Entwicklung der Herz-Lungen-Maschine. Außerdem erinnern sie an Professor Schober, dessen Geburtstag sich in diesem Jahr zum 100. Mal jährt. Über neueste Entwicklungen auf dem Gebiet der Herzchirurgie und Kardiologie berichten Experten, unter anderem aus den Vereinigten Staaten, anschließend (11 bis 15.30 Uhr). Mehr als 170 Gäste haben sich bereits zu dieser Veranstaltung angemeldet, neben Zeitzeugen haben auch aktive Experten der Herzchirurgie und Kardiologie ihr Kommen zugesagt.Um den großen Fortschritt – der ersten Operation am offenen Herzen in Halle – zu ermöglichen, waren langjährige Entwicklungsarbeiten vorangegangen. Professor Schober als Chirurg und Professor Fritz Struß als Physiologe hatten dabei den Hut auf und mussten sich dabei mit den Widrigkeiten der DDR-Realität wie Ressourcenknappheit und Planwirtschaft – so erhielt Leipzig eine in den USA gekaufte Herz- Lungenmaschine – auseinandersetzen. Die DDR hatte entschieden, dass nur in Leipzig ein Herzzentrum eingerichtet und damit Operationen am offenen Herzen durchgeführt werden sollten. Eine Entscheidung, die Professor Schober im Sinne seiner Patienten nicht akzeptieren wollte. „Dieser Mut, wissenschaftlichen Fortschritt unter ungünstigen Voraussetzungen anzustreben, ist beispielhaft und sollte uns anspornen“, sagt Professor Silber, in dessen Dienstzimmer die damalige Herz-Lungenmaschine von Schober und Struß steht.Der erste Eingriff am Menschen am 3. April 1962 – nach Tests an Tieren – verlief erfolgreich und komplikationslos. Auch bei den folgenden Operationen bewies die Maschine ihre Zuverlässigkeit. Mehr als 300 Mal im Jahr war die Schober-Struß-Maschine im Einsatz. Mit der Zeit wurde die Einsatzzeit – anfänglich etwa eine halbe Stunde – immer länger und damit auch noch schwierigere Operationen möglich.In Leipzig hatte etwa vier Wochen davor die erste Operation am offenen Herzen in der DDR stattgefunden – mit der importierten Herz-Lungen-Maschine. Mit der in Halle entwickelten Maschine begann die Entwicklung der modernen Herzchirurgie in der damaligen DDR.