Bündnis gegen Rechts ruft Hallenser zum Wählen auf

von 12. Juli 2012

 Am 15. Juli 2012 findet in Halle (Saale) die Stichwahl um das Amt des Oberbürgermeisters statt. Wahlberechtigt sind etwa 195.000 Hallenser und EU-Bürger mit Wohnsitz in Halle ab 16 Jahren.  Das Bündnis „Halle gegen Rechts“ ruft nun dazu auf, vom Wahlrecht auch Gebrauch zu machen. „Die Oberbürgermeisterwahl ist auf politischer Ebene die einzige unmittelbare Personenwahl und somit eine urdemokratische Möglichkeit direkt über den Repräsentanten unserer Stadt zu entscheiden“, heißt es in einer Erklärung.  In Wahlprüfsteinen hat das Bündnis die Kandidaten zu Themen wie der „demokratischen Stadtgesellschaft“, „Einschätzung der rechten-demokratiefeindlichen Entwicklungen“ und zum „Zivilen Ungehorsam“ gefragt. Bernd Wiegand habe ein ausgeprägtes Problembewusstsein gegenüber Rechtsextremismus gezeigt, heißt es weiter. Bernhard Bönisch dagegen habe auf den Fragenkatalog nicht geantwortet. Die Antworten von Bernd Wiegand können Sie auf Seite 2 nachlesen:[pagebreak]Welche Vorstellungen einer demokratischen Stadtgesellschaft (Stichwort: Bürgerbeteiligung, Transparenz, Anti-Diskriminierungsansätze) haben sie und wie wollen sie diese konkret als Oberbürgermeister gestalten?  Als Oberbürgermeister werde ich die Stadt Halle (Saale) zu einer Bürgerkommune mit vielfaltigen Beteiligungsformen entwickeln. Die Bürger in unserer Stadt werden damit selbst zu aktiven Mit-Gestaltern, die eigene Ideen umsetzen. Sie konnen sich frühzeitig in den Prozess der politischen Willensbildung innerhalb unserer Stadt einmischen, erhalten vollständige Informationen. Dies setzt eine bürgerorientierte Verwaltung voraus.  Grundsätzlich halte ich die Rechtsform einer “Genossenschaft” für geeignet, gemeinschaftliche Interessen bestmöglich zu verwirklichen.  Bürgerinitiativen und Vereine sowie Bürgerstiftungen und die Freiwilligen Agentur will ich stärker in die Entwicklung und Gestaltung unserer Stadt einbinden. Bürgerschaftliches Engagement stärkt unser Gemeinwesen, fördert Anerkennung, Selbstvertrauen, Geselligkeit, Freundschaften und Freude an der Verantwortung. Ehrenamtlich Tätige müssen sich frei entfalten können; dies werde ich unterstützen und Prozesse in der Verwaltung unbürokratisch beschleunigen. Ureigene Aufgaben des Staates dürfen nicht durch das Ehrenamt abgedeckt werden.  In unserer Stadt ist kein Platz fur Radikalismus, Fremdenfeindlichkeit und politischen Extremismus. Die Verteidigung der Demokratie und Förderung der Zivilcourage ist mir deshalb ein zentrales Anliegen.  Als Oberbürgermeister werde ich: •ein Dienstleistungszentrum “Ideen- und Beschwerdemanagement” mit einem zentralen Ansprechpartner (Fallmanager) einrichten, um Bürger, Vereine und Burgerinitiativen mit Ideen zu beraten und Beschwerden zu bearbeiten;•Zukunftsforen zu aktuellen Themen durchführen;•mobile OB-Sprechstunden anbieten;•eine “Sprecher-Ecke” auf dem Marktplatz oder auf einer anderen geeigneten Fläche einrichten;•ein Jugendparlament einrichten, das monatlich über stadtische Themen berät, dem Stadtrat Empfehlungen und Anregungen gibt;•eine Richtlinie für die Förderung, Qualifizierung, Fortbildung und Anerkennung ehrenamtlich Tätiger erstellen;•Angebote des Engagementlernens ausbauen, in Kooperation mit Kindergarten, Schulen und Hochschulen;•die Einwohnerfragestunden im Stadtrat optimieren, durch eine Änderung der Hauptsatzung auf der Grundlage eines Stadtratsbeschlusses. Welche demokratiefeindlichen Entwicklungen (Rechtsextremismus, Rassismus, Diskriminierung) nehmen Sie in unserer Stadt wahr? Wo gilt es aktiv zu werden?  Rechtsextreme und rassistische Parolen sowie Diskriminierungen jeder Art sind zur Anzeige zu bringen, damit die polizeilichen und staatsanwaltlichen Ermittlungen aufgenommen werden können. Dafür werde ich verstärkt in der Bevölkerung werben.  Auf Initiative des Oberbürgermeisters von Jena, Dr. Albrecht Schröter, wurde im Jahr 2009 ein Bündnis von 20 mitteldeutschen Städten unter dem Titel „Kommunen gegen Rechtsextremismus“ gegründet. Mit der „Halleschen Erklärung“ (2009) hat sich auch die Stadt Halle zu dieser Initiative bekannt und gemeinsame Ziele formuliert. In welcher Form wollen Sie die „Hallesche Erklärung“ bzw. das Engagement im Netzwerk „Kommunen gegen Rechtsextremismus“ mit Leben füllen?  Ich bin Mitglied im Bündnis „Halle gegen Rechts“ und werde – wie auch in den vergangenen Jahren als Beigeordneter – aktiv und unbürokratisch unterstützen. Als Oberbürgermeister wird die Unterstützung Chefsache.  Welche Bedeutung hat für Sie die Kinder- und Jugendarbeit in der Stadt Halle als wichtiger und kontinuierlicher Baustein der Präventionsarbeit? Welchen Stellenwert messen Sie in diesem Feld sowie in der politischen Bildung den Freien Trägern bei?  In der Stadt Halle sollte künftig das Prinzip .“Jeder kann etwas! – Arbeit und Bildung sind die besten Mittel zur Selbsthilfe“gelten. Dahinter steckt die Erkenntnis, dass Arbeit und Bildung zu sozialer Teilhabe fuhren, passiver Leistungsbezug fordert Isolation und Ausgrenzung. Es gilt, die kreativen Kräfte jedes Einzelnen voll auszuschöpfen. Jeder Mensch soll die Möglichkeit bekommen, seine kreativen Fähigkeiten umfassend zu entwickeln und zu nutzen. Ziel muss es sein, dass der Einzelne seinen Lebensunterhalt sichern kann und die Produktivität der gesamten Gesellschaft steigt.  Die Jugend- und Sozialhilfe soll sich von einem reagierenden System hin zu einem präventiven Dienstleistungsunternehmen entwickeln. Die Sozialplanung muss die gesetzlichen Vorgaben stringent umsetzen und die sozialen Herausforderungen in unserer Stadt umfassend beschreiben.  Die Förderung der Freien Träger in der Kinder- und Jugendarbeit ist für mich eine „Pflichtleistung“. Dabei ist es wichtig, dass die öffentliche Jugendhilfe und die Freien Träger zum Wohl junger Menschen und ihrer Familien partnerschaftlich und vertrauensvoll zusammenarbeiten. Eine kontinuierliche Finanzierung der Träger durch die Stadt muss gewährleistet sein. Nicht das Thema eines Projektes sollte entscheidend für die Finanzierung und Forderung des Trägers sein, sondern seine qualitative Arbeit in Ganze auf der Grundlage verbindlicher Sozialplanung.  Anzustreben ist eine stärkere Zusammenarbeit der Träger in der Kinder- und Jugendarbeit mit Universitäten, Schulen, Kindertagesstätten und Vereinen, in einem vernetzten System, mit einem klaren Auftrag. Kinder und Jugendliche in Halle sollen sich beteiligen und einmischen. Maßnahmen, die Weltoffenheit, Vielfalt und Toleranz fordern . beginnend in Kindertagesstätten und Schulen . sind durch die Stadt zu unterstützen.  Als Oberbürgerdmeister werde ich: . •die Präventionsarbeit mehrerer Bereiche miteinander verknüpfen: von den vorgeburtlichen und präventiven Gesundheitsdiensten über die Familien- und Elternbildungsarbeit bis hin zum allgemeinen Sozialdienst, den Kindertageseinrichtungen, den Nachbarschaftszentren sowie den ärztlichen Praxen und therapeutischen Hilfsangeboten, nicht zuletzt den Selbsthilfegruppen, den kirchlichen Gemeinden und Vereinen; .•ein „Dienstleistungszentrum Familie und Soziales“ schaffen, das konsequent und niederschwellig den familiensystematischen Ansatz in den Mittelpunkt sozialer Arbeit stellt. Ein zentraler Ansprechpartner (Fallmanager) koordiniert dabei Hilfen aus einer Hand. Dadurch entstehen erhebliche Einsparungen durch Hilfeverbunde;•mit 5-Jahres-Vertragen für Planungssicherheit bei den freien Trägern sorgen;•eine umfängliche und kontinuierliche Analyse zu den sozialen Beratungsstellen und Projekten vornehmen, mit dem Ziel, den Bedarf abzustimmen und die städtische Forderung zu optimieren; . Veranstaltungen fördern, die die Begegnung mit Menschen mit Behinderungen in den Mittelpunkt stellen;•Stadtteil-Genossenschaften fördern; .•internationale Begegnungen sowie Austauschprogramme fördern, vorrangig mit Partnerstädten. Wie stehen Sie zu Formen des „Zivilen Ungehorsams“ von Bürger_innen gegen Neonaziaufmärsche (z. B. gewaltfreie und von einem breiten bürgerschaftlichen Bündnis getragene Blockaden)?  Ich werde als Oberbürgermeister Formen des „Zivilen Ungehorsams“ unterstützen und mich mit dem Bündnis „Halle gegen Rechts – Bündnis für Zivilcourage“ abstimmen. Ziel muss sein, gemeinsame und wirkungsvolle Proteste gegen Rechts zu organisieren.