Dioxin ist geil

von 8. Januar 2011

Dioxin ist geil

Ich höre schon den Aufschrei der eierverweigernden Mehrheit. Wir werden vergiftet! Schweinerei! Hühnerei!

Dabei sind wir es doch selbst, die es gern billig haben. Und wenn wir es billig haben wollen, muss billig produziert werden. Da sind dann der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Fragen wir denn, wie die Schweine leben, deren Schnitzel wir auf dem Teller haben? Stellen wir uns die Kreaturen vor, die wir als knusprige Hähnchen verschlingen. Hat schon mal jemand bei seiner Lebensversicherung nachgefragt, ob die nicht zufällig in Streubomben investiert, die Kindern die Glieder zerfetzen, damit wir am Ende ein paar Euro mehr auf dem Konto haben? Wieviel verdienen Fleischer und Verkäuferinnen? – Und das Rindersteak muss blutig und billig sein, die Bratwurst kommt tonnenweise auf den Grill.

Der Skandal ist nicht das Dioxin. Um mal eine Autorität zu bemühen – Udo Pollmer, wissenschaftlicher Leiter des Europäischen Instituts für Lebensmittel und Ernährungswissenschaften, behauptet sogar, dass die Belastung bei der Freilandhaltung im Schnitt höher ist als bei Stalltieren. Die wird nur nicht gemessen.

Damit ich nicht falsch verstanden werde, natürlich ist es eine Schweinerei, wenn Industrieöl in Tierfutter gemischt wird. Aber die Schweinerei hat System, sie ist zwangsläufig, wenn alles Sinnen und Streben darauf gerichtet ist, aus einem Euro zwei zu machen oder aus zehn Millionen zwanzig oder ansonsten vom Markt gefegt zu werden, dann sind alle Mittel erlaubt. Wie in jedem ordentlichen Krieg gibt es dabei auch Kollateralschäden, in diesem Fall die Gesundheit der Verbraucher. Daran verdient dann das Gesundheitswesen.

Gammelfleisch, Glukol im Wein, Rinderwahnsinn, Schweinepest, Analogkäse und eben Dioxin – das sind alles nur die dunklen Seiten unseres Wohlstands, die wir nicht gern sehen, die uns irgendwie moralisch unangenehm sind. Solange sie verborgen bleiben, kümmert sich kein Schwein darum.

Aber keine Sorge, bis Ostern ist das alles wieder vergessen. Dann können wir uns mit dem Dichter Johannes Konrad freuen, der da sagte: „Ostern ist deshalb so schön, weil Eier nicht nadeln.“

Friedrich Ohnzorn