Ein Tag im Leben einer Altenpflegerin

von 10. Mai 2012

Als Redakteurin für hallelife.de stehe ich normalerweise 7.30 Uhr auf, mach mich langsam fertig und laufe gegen 8.30 Uhr quer durch die Innenstadt von Halle (Saale), um pünktlich um 9.00 Uhr auf Arbeit zu sein. Daher war es ein ziemlicher Schock, als mein Wecker mich eines Morgens um 5.00 Uhr ziemlich unsanft aus dem Schlaf riss, um die Altenpflegerin Sandy Müller einen Tag lang in ihrem Job zu begleiten. Prompt dachte ich: „Oh Mann, jeden Morgen würde ich das nicht durchstehen!“ Doch es gibt mehr als genug Berufe, für die man auf eine ausgiebige Portion Schlaf verzichten muss, um seiner Designation nachzugehen und die morgendliche Stärkung auch weiterhin zahlen zu können. So war ich doch auch ein wenig froh, einmal mit einem solchen Menschen mitfühlen zu können, auch wenn ich dafür einmal auf den Luxus „um 9.00 Uhr anfangen“ verzichten musste.  Obwohl ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal wusste, dass es diese Erfahrung wirklich wert sein würde…Zunächst erwartete mich vor der Haustür schon der erste Schock: Um diese Uhrzeit ist Halle wirklich noch sehr kalt, dunkel und leer. Der Weg mit der Straßenbahn zur Volkssolidarität Regionalverband Halle-Saalekreis, Sitz Halle-Neustadt, erwies sich dementsprechend als Bewährungsprobe für meine Jacke. So stellte ich mir, als ich den gemütlichen Aufenthaltsraum betrat, die Frage: Wie ist es möglich, dass wirklich Jeder der hier anwesenden Personen so wahnsinnig gute Laune hat? Dadurch verflog sogar meine schlechte kurzerhand und ich fügte mich mit Freude dem Arbeitsalltag der Altenpflegerin.Sandy Müller war schon wie immer seit 6.00 Uhr unterwegs, um den von der Volkssolidarität betreuten Senioren der Servicewohnanlage für Senioren, Siedlung Neuglück einen „Guten Morgen“ zu wünschen. Um 7.00 Uhr begleitete ich Sie dann zu Frau Waltraut Klatte, einer reizenden Dame, die es einer Altenpflegerin sicherlich sehr leicht macht, für sie zu sorgen. Und so ist es auch. Begonnen wird mit einem Schwatz über den Geburtstag von Frau Klatte, der noch nicht so lange her ist. „Mensch, Mensch, Mensch, du hast aber viele Blumen gekriegt! Und wie die duften!“ – „Jaja, aber du hast ja an meinem Geburtstag gar nicht mit mir angestoßen!“ Die morgendliche Hygiene im Bad wird mit versteckter Gymnastik kombiniert. Nebenbei werden ein paar Gedächtnisübungen durchgeführt. Frau Klatte wohnt in einer heimisch eingerichteten Wohnung, in der lediglich das Bett an ein Krankenhaus erinnert. Viele Fotos zeigen die Familie, die sie regelmäßig besuchen kommt. Aber auch das Miteinander im Haus schätzt Waltraut Klatte sehr. Gern spielt sie Karten mit ihrer Nachbarin, die ihr beim Einkaufen hilft, ihre Wäsche macht und auch ihre Blumen pflegt. Ein normaler Tag beinhaltet für die Seniorin neben Frühstück, Mittag in der Begegnungsstätte, einen Spaziergang im Haus, bei dem man sich über das Erlebte austauscht, ebenso wie die Beschäftigung mit Büchern und Fotoalben. Die Altenpflegerin versorgt die Dame mit Medikamenten, wechselt Pflaster auf den Wunden, die durch Wasseransammlungen entstehen, misst den Blutzucker und verabreicht Insulinspritzen.Dann geht es weiter zu Frau Michaelis. Auch hier wird sich zuerst nach dem Befinden erkundigt. Die Seniorin berichtet von einem Gichtanfall, bevor sie den neusten Klatsch und Tratsch mit der Altenpflegerin austauscht. „Wir können uns auf die Mitarbeiter der Volkssolidarität verlassen. Falls irgendwas ist, wird immer nach uns geguckt“, berichtet Frau Michaelis. Die Altenpflegerin Sandy Müller richtet die Kette der alten Dame. „Nein das ist schon richtig so, die Brillanten gehören nach vorne“, wird sie korrigiert. Frau Michaelis wohnt seit der Eröffnung in der Servicewohnanlage für Senioren. Mittlerweile ist es halb neun. Wir machen uns auf den Weg zu Frau Metze. Wieder gibt es ein kleines Schwätzchen, bevor die Augentropfen verabreicht werden. Die beste Gesellschaft für Frau Metze ist ihre Schwester, die ebenfalls in der Einrichtung wohnt. „Sandy denkt einfach an alles“, erklärt die Seniorin bevor wir uns wieder auf den Weg machen. Als nächstes steht ein Besuch bei Frau Schubert an. Nach einer Umarmung kümmert sich Sandy Müller wieder um die medizinische Versorgung, stellt Fragen und nimmt sich Zeit Frau Schubert bei privaten Problemen zu beraten. Eine Frage die sich die Seniorin stellt, ist, ob sie sich beim nächsten Friseurbesuch eine Dauerwelle machen lassen soll. Auch für ihren nächsten Arztbesuch hat Sandy Müller ein paar Tipps parat. Frau Schubert gefällt besonders die Ruhe in ihrer Wohnung, dadurch hat sie Zeit zum Lesen. Es ist 11 Uhr. Die Senioren bekommen ihr Mittagessen. Für Sandy Müller ist jetzt noch nicht Pause. Ihr Dienst geht noch bis 12 Uhr. Dann fährt sie nach Hause, bevor sie halb fünf wieder mit ihrer Schicht beginnt, die erst 20.30 Uhr endet. Einmal monatlich findet während der Mittagspause eine Dienstberatung statt, bei der über Probleme und Neuerungen gesprochen wird. In der Spätschicht werden andere Medikamente verabreicht, es wird abermals eine Körperpflege durchgeführt und die Senioren werden bettfertig gemacht. Neben der Sozialstation gibt es auch zwei Wohngemeinschaften für demenziell erkrankte Menschen. Dort gibt es einen Friseur, Einkaufsmöglichkeiten und sogar einen Bäcker mit Werksverkauf. Die Wohnungen für Ehepaare sind größer und ebenso alle barrierefrei. Bis auf das Mittag wird alles selbst zubereitet, die Wäsche wird erledigt und auch der Haushalt. Einmal im Monat kommen ein Neurologe und ein Hausarzt zu Besuch. Die examinierte Altenpflegerin Sandy Müller macht ihren Job gerne, auch wenn er stressig ist, nicht zuletzt durch die vielen Fahrtwege, die teilweise bis zu 15 Minuten in Anspruch nehmen. Wichtig ist für sie, dass man am Ende der Schicht abschließen kann. Mit ihren 24 Jahren ist sie eine wichtige Bezugsperson für die Senioren um die sie sich kümmert. Ich persönlich bin am Ende und froh, dass es in unserer Gesellschaft solche Engel wie Sandy Müller gibt, die sich mit Leib und Seele um die reifere Generation kümmern. [staticGallery:35#]