Erhalt artenreichen Grünlandes erfordert unterschiedliche Strategien

von 19. Juni 2019

Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die standörtlichen Gegebenheiten weitgehend die natürlichen Verhältnisse widerspiegeln. Dies ist insbesondere bei feuchtigkeitsgeprägten Standorten meist ein großes Problem, da Entwässerungsmaßnahmen oftmals die ursprünglichen Bodenstrukturen nachhaltig verändert oder gar zerstört haben. Besonders problematisch ist dies auf Moorstandorten, da es durch Absenkungen des Grundwasserstandes zu einem Abbau der im Torf gespeicherten organischen Biomasse kommt. Dies wirkt sich nicht nur negativ auf die Artenvielfalt aus, sondern hat auch eine erhebliche Relevanz für das Klima, da entwässerte Moore erhebliche Mengen an CO2 frei setzen, während intakte Moore als CO2-Senke dienen.

Auch der Umbruch und die anschließende Neuansaat von Grünland ausschließlich mit Hochleistungssorten oder eine ständige Nachsaat mit solchen Gräsern stellen große Probleme für den Erhalt der Biodiversität dar. Denn diese schnellwüchsigen Gräser sind sehr konkurrenzstark und verdrängen alle anderen schwachwüchsigen Arten. So verwundert es nicht, dass viele Grünlandflächen heutzutage sehr artenarm geworden sind und kaum noch blühende Kräuter aufweisen.

„Viele Grünlandflächen weisen heute nur noch ein knappes Dutzend Pflanzenarten auf. Dies hat natürlich auch erhebliche Auswirkungen auf die Tierwelt solcher Flächen, die auf eine Vielzahl von Pflanzen als Futterpflanzen für Insekten und deren Larven oder auf Blütenreichtum als Nektarquelle angewiesen ist“ so die Feststellung von Dieter Leupold, Projektleiter Grünes Band. „Dass es auch anders geht zeigen viele der BUND-Projektgebiete am Grünen Band: hier finden wir teilweise bis zu 50 verschiedene Pflanzenarten in einer Fläche vor, was dann auch entsprechend positive Auswirkungen auf die Tierwelt hat“.

Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass ein vollständiger Verzicht oder eine stark eingeschränkte Düngung, die nur den Entzug von Nährstoffen durch die Nutzung ausgleicht, wichtige Voraus-setzungen für den Erhalt und die Entwicklung von artenreichem Grünland darstellen. Denn die meisten Arten sind an nährstoffarme Standorte angepasst, da dies die vorherrschenden Standortbedingungen in der Landschaft in den Zeiten vor der Einführung von Mineraldünger waren. Gleiches gilt für den Verzicht auf Einsatz von Pestiziden.

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Auch der Nutzungszeitpunkt hat einen entscheidenden Einfluss auf den Erhalt der Artenvielfalt. Viele Vogelarten der offenen Kulturlandschaft sind Bodenbrüter. Dazu zählen Singvögel wie Feldlerche, Wiesenpieper sowie Braun- und Schwarzkelchen, aber auch Kiebitz, Bekassine und Wachtel. Eine zu frühe und häufige Mahd oder Beweidung mit zu hoher Besatzdichte gefährdet den Bruterfolg und hat dramatische Folgen für die Biodiversität. Gleiches gilt für eine Nutzung von Flächen vor der Samenreife der blühenden Kräuter. Aber eine späte Nutzung löst auch nicht alle Probleme im Naturschutz: viele Tierarten sind zur Nahrungssuche auf niedrigwüchsige Flächen angewiesen. So mag der Weißstorch nur ungern im hohen Gras herumstaksen. Auch Feldlerche, Wiesenpieper und Kiebitz freuen sich wenn sie zur Nahrungssuche und für ihre Jungvögel frisch genutzte Flächen in der Umgebung vorfinden. Auch für den Erhalt bunter, blütenreicher Wiesen ist, der Fachmensch spricht hier von mageren Flachlandmähwiesen, ist eine recht frühe Mahd ab Mitte/Ende Mai sehr vorteilhaft, wenn anschließend eine Nutzungspause von mind. 10 Wochen eingelegt wird. Denn so können die Kräuter optimal zur Blüte gelangen. Orchideenwiesen auf Moorstandorten erfordern dagegen vorzugsweise eine späte Mahd ab Mitte Juli damit sie aussamen können. Besonders spät dran ist der Wachtelkönig, der als Bodenbrüter eine Schonzeit bis in den August braucht um seine Jungen groß zu ziehen. Auch die Art der Nutzung ob Mahd, Beweidung oder eine Kombination aus Beidem hat entscheidenden Einfluss auf die Artenzusammensetzung.

„Wir haben es hier also oftmals mit Zielkonflikten im Naturschutz zu tun. Wir versuchen dem in unseren Projektgebieten zu begegnen indem wir uns jede Fläche sehr genau anschauen und die Zielarten auf Grund der vorhandenen Ausstattung und des Entwicklungspotenzials ermitteln. Dies muss dann natürlich auch noch mit den Landwirten abgestimmt werden und in ihr Nutzungskonzept passen. Denn eine zu späte Nutzung von Flächen führt dazu, dass der Futterwert des Aufwuchses auch deutlich abnimmt. Dies erfolgt auch gerade in unserem aktuellen Projekt zum Wiesenvogel-Schutz. Dabei liegt natürlich der Hauptfokus auf bodenbrütenden Vogelarten, aber wir verlieren auch die Pflanzen nicht aus dem Auge. Und wenn nichts dagegen spricht dann dürfen natürlich Flächen auch früh genutzt werden“ so das Fazit von Dieter Leupold. „Alle Flächen liegen zu lassen und spät zu nutzen ist auch kein Allheilmittel im Naturschutz. Ideal wäre ein kleinteiliges Nutzungsmosaik in der Landschaft aus unterschiedlichen Nutzungsarten und –zeitpunkten. Aber wir wissen natürlich auch, dass dies unter den heutigen Rahmenbedingungen in der Landwirtschaft oftmals sehr schwer umzusetzen ist. Hilfreich für die Landwirte sind dabei nicht zuletzt auch attraktive Agrarumweltprogramme, die Anreize für eine naturschutzgerechte Landnutzung geben.“

Margeritenwiese_GrünesBand_DLeupold

Margeritenwiese -Grünes Band DLeupold

In den Projektgebieten des BUND am Grünen Band in der nördlichen Altmark lässt sich schon seit vielen Jahren demonstrieren, dass ein solcher Ansatz zu Erfolgen im Naturschutz führen kann: sei es beim Schutz des Braunkehlchens oder der Entwicklung von Orchideenwiesen. Aktuell zeigen in diesem Jahr viele Wiesen am Grünen Band einen schönen Blühaspekt mit Wiesen-Margerite, ein schöner Farbtupfer in einer ansonsten oftmals monoton gewordenen Landschaft.