Europäischer Gedanke durchzieht Debatte um neue Asylrichtlinie!

von 5. Oktober 2017

“Die Methode ist auf jeden Fall sehr sinnvoll. Es ist eine viel bessere Art, den Gesetzgebungsprozess zu erklären. So ist das viel verständlicher und praktischer, erklärte der Schüler des Giebichenstein-Gymnasiums in Halle, der für einen Tag die Rolle eines Vertreters von Pro Asyl einnahm. Am 29. September 2017 durfte er mit seinen 39 Mitschüler/innen in die Rollen der politischen Akteure der Europäischen Union schlüpfen. Als Mitglieder der Europäischen Kommission, des Europäischen Parlaments, des Ministerrats oder als Interessen- und Pressevertreter/innen gestalteten die Teilnehmenden in Eigenregie die europäische Politik. Alle waren mit Begeisterung bei der Sache und spürten, wie schwierig es sein kann, die vielen unterschiedlichen Meinungen und Vorstellungen der politischen Lager in einem Kompromiss zu vereinen.

Im Planspiel diskutierten die Schüler/innen hitzig die verschiedenen Aspekte der europäischen Asyl- und Flüchtlingspolitik. Bei den finalen Debatten über die Änderungsanträge, die der Ministerrat und das Europäische Parlament in die Richtlinie der Kommission einfließen lassen wollten, wurden einige Kompromisse geschlossen. In den einzelnen Artikeln konnte man sich vor allem darauf einigen, dass die oft nicht menschenwürdigen Umstände in den einzelnen Ländern für die Flüchtlinge verbessert werden müssen. Es wurde in beiden Kammern dem Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission in dem Punkt zugestimmt, dass ein Relocation-Programm zumindest kurzfristige Entlastung bieten kann und durchgeführt werden soll. Zudem sollen nationale Verfahren bei der Aufnahme angeglichen werden, um menschenrechtliche Standards halten zu können.

Hauptstreitpunkt blieb vor allem, wie mit der Verteilung der Flüchtlinge auf die unterschiedlichen Mitgliedsländer umgegangen werden soll: Soll das Dublin-Verfahren beibehalten oder eine Flüchtlingsquote eingeführt werden? Dies blieb bis zum Ende ein heiß diskutiertes Thema. Probleme sahen die Abgeordneten zudem bei der Umsetzung der Fristen. Während die Kommission gestaffelte Fristen für die einzelnen Artikel der Richtlinie vorschlug, vertrat vor allem der Ministerrat eine schnellere Umsetzungspolitik schon bis Ende 2018.

Einig waren sich beide Kammern wiederum hinsichtlich der Konsequenzen bei Nichteinhaltung der Richtlinie. Während bei der ersten Missachtung nur eine Verwarnung ausgesprochen werden soll, wird bei einem zweiten Verstoß automatisch eine Geldbuße fällig, die von der Härte des Verstoßes abhängt.

Ziel des Planspiels war es, ein besseres Verständnis für politische Entscheidungsfindung auf europäischer Ebene unter Einbeziehung von verschiedenen Standpunkten und Ansichten zu vermittel. “Ich fand es richtig cool, mal einen Einblick zu bekommen, wie das in der richtigen Politik abläuft”, so die Interessensvertreterin der Flüchtlinge im Planspiel.

Möglich gemacht wurde das Planspiel vom Landesbüro Sachsen-Anhalt der Friedrich-Ebert-Stiftung. “Bei der Simulation erfahren die jungen Leute hautnah, wie schwierig es ist, im demokratischen System für die eigene Meinung in Debatten einzutreten und Kompromisse auszuhandeln”, berichtet Dr. Ringo Wagner von der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Besonderes Lob gebührte an diesem Tag den Vorsitzenden und Vizevorsitzenden der Europäischen Institutionen. Sie hatten die Aufgabe, die Debatten anzuleiten und die verschiedenen Interessen in Einklang zu bringen. “Das war gar nicht so einfach, da die Länder oft so unterschiedlicher Meinung waren”, so der Vertreter von Frankreich und gleichzeitig Vorsitzender des EU-Parlaments.

Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite www.fes.de/magdeburg
Planspielleitung: Valentum Kommunikation GmbH www.valentum-planspiele.de