Forschungsstipendium für halleschen Philosophieprofessor

von 2. Februar 2010

Prof. Dr. Jürgen Stolzenberg von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) hat jetzt ein Forschungsstipendium (Fellowship) der Carl Friedrich von Siemens Stiftung erhalten. Ab 1. Oktober 2010 ist der Philosophieprofessor für ein Jahr von allen Lehrverpflichtungen freigestellt, um als Fellow in München, wo die Stiftung ihren Sitz hat, den Zusammenhang zwischen Musik und Subjektivität in der Moderne zu erforschen. Die Kosten für die Vertretungsprofessur an der MLU trägt die Siemens-Stiftung.

"Das Interesse an der Verbindung von philosophischen Theorien und musikalischen Themen begleitet mich seit meiner Studienzeit", sagt der Mitbegründer und Organisator der Reihe "aula konzerte halle", "aber erst in der letzten Zeit habe ich gewagt, dem etwas genauer nachzugehen." In Seminaren und Vorlesungen thematisierte er insbesondere den Zusammenhang zwischen Musik und Subjektivität, der in der musikästhetischen Forschung bislang nicht hinreichend geklärt ist: "Beide Begriffe erfuhren Mitte des 18. Jahrhunderts einen revolutionären Umbruch, den noch keine Theorie befriedigend erklären kann."

Das Verständnis von Musik als Nachahmung von Affekten wandelte sich im 18. Jahrhundert zu einer Idee der Musik als Ausdruck innerer Bewegtheit. "Dieser revolutionären “expressivistischen Wende” in der Musik entspricht ein ebenso revolutionäres philosophisches Konzept von Subjektivität, das mit der Musikästhetik und der Struktur der Kompositionen dieser Zeit stärker in Verbindung gebracht werden muss", erläutert der hallesche Philosophieprofessor sein Forschungsvorhaben. Ausgehend von Carl Philipp Emanuel Bach wird er nun an der Schnittstelle von Musikwissenschaft, Philosophie und Kulturwissenschaft die Formen expressiver Subjektivität in der Musik bis in das 20. Jahrhundert untersuchen.

Sein aktuelles Forschungsprojekt präsentierte Stolzenberg unter dem Titel "Seine Ichheit auch in der Musik heraustreiben" im Dezember 2009 auf einer Veranstaltung der Carl Friedrich von Siemens Stiftung erstmals der Öffentlichkeit. Seit 1993 vergibt die Stiftung Fellowships an renommierte Wissenschaftler, deren Forschungsprojekte sie unterstützen will. Die Einrichtung wurde 1958 auf Initiative des Unternehmers Ernst von Siemens zur Förderung der Wissenschaften gegründet.

Professor Stolzenberg ist Initiator und Mitherausgeber des auf drei Bände angelegten Kant-Lexikons, an dessen Erstellung auch hallesche Studierende beteiligt sind. Neben Kant forschte und publizierte er unter anderem zur Philosophie des deutschen Idealismus, zur Theorie der Subjektivität, zur Ästhetik sowie zum Neukantianismus und zum frühen Heidegger. Er wurde kürzlich zum Korrespondierenden Mitglied der Historisch-Philologischen Klasse der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen gewählt und ist Mitglied des Vorstandes der Kant-Gesellschaft e.V. sowie Gründungsmitglied des Internationalen Zentrums für Klassikforschung der Klassik Stiftung Weimar.