Kirchen zum Osterfest

von 10. April 2009

Ostern ist nach Ansicht des Magdeburger Bischof Gerhard Feige, ein Hilfsprogramm für das Leben im Hier und Heute. In seinem Wort zum Osterfest 2009 verweist Feige darauf, dass der christliche Glaube an die Auferstehung keine billige Vertröstung sein, sondern ganz realistisch schon jetzt ein intensiveres Leben ermögliche trotz negativer Erfahrungen. Die Botschaft von der Auferstehung ermutige dazu, „den Aufstand zu wagen und die zwischenmenschlichen Verhältnisse gerechter und liebevoller zu gestalten“.

Letztendlich, so der Bischof weiter, erwarte irgendwann jeden und jede der Tod. Man könne diese Tatsache verdrängen und sich – solange es geht – genüsslich vergnügen. Man könne heroisch dieses Schicksal annehmen und versuchen, dennoch aus seinem Leben etwas zu machen. Als gläubiger Christ, meint Feige, "kann man sich aber auch gläubig auf die Zumutung der Osterbotschaft einlassen: Jesus Christus hat ein für allemal die Macht des Todes gebrochen".
Unstillbar scheint die Sehnsucht nach Leben zu sein, die uns Menschen in die Wiege gelegt ist. Nicht nur vegetieren wollen wir, sondern erfüllt und sinnvoll leben. Bewusst oder unbewusst verlangen wir sogar nach Unendlichkeit. Manche träumen von einer ewigen Jugend oder zumindest davon, in ihren Kindern weiterzuleben. Das Herz soll jung und der Geist frisch bleiben. Dafür setzen viele auf richtige Ernährung und Fitnessübungen, auf Vorsorgeuntersuchungen und medizinische Behandlungen. Und fürs Äußerste stehen auch noch Intensivstationen bereit. Selbst in aussichtslosen Situationen klammern Menschen sich an das Leben und wünschten, es möge weitergehen – wie auch immer.
Enttäuscht müssen wir jedoch feststellen: Unsere Erwartungen zerbrechen an den Erfahrungen. Immer wieder stoßen wir an Grenzen und leiden an der Unvollkommenheit der Welt. Schuld und Versagen behindern das eigene Leben und das der anderen. Menschen werden fallengelassen, ausgegrenzt, sind erledigt und verkümmern. Manche leben zwar äußerlich noch, sind aber innerlich schon längst abgestorben.

Letztendlich erwartet irgendwann jeden und jede der Tod. Man kann diese Tatsache verdrängen und sich – solange es geht – genüsslich vergnügen. Man kann heroisch dieses Schicksal annehmen und versuchen, dennoch aus seinem Leben etwas zu machen. Man kann sich aber auch gläubig auf die Zumutung der Osterbotschaft einlassen: Jesus Christus hat ein für allemal die Macht des Todes gebrochen.
Früher – so las ich neulich – lebten die Menschen „40 Jahre plus ewig“, heute leben sie „nur noch 90 Jahre“. Nein, es gibt auch in unserer Zeit viele, die daran glauben, über den Tod hinaus eine Zukunft zu haben. Damit kann man vielleicht nicht nur beruhigter sterben, sondern auch intensiver leben. Ein solcher Glaube an die Auferstehung ist keine billige Vertröstung auf ein Jenseits; er ermutigt vielmehr, auch schon jetzt „den Aufstand zu wagen“ und mit dazu beizutragen, dass die zwischenmenschlichen Verhältnisse gerechter und liebevoller werden.

Axel Noack, Bischof in der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM), äußert sich zum bevorstehenden Osterfest:
"Der Tod ist die Grenze schlechthin. Danach geht nichts mehr und also, so folgern wir gewöhnlich, ist dem "bisschen Leben" möglichst viel abzugewinnen und man muss "etwas daraus machen". Denn schließlich lebt man nur einmal. Besonders in Krisenzeiten scheint das zu gelten: "Lasst und essen und trinken, denn morgen sind wir tot", das wusste schon der Apostel Paulus vor 2000 Jahren.
Wer anderes behauptet, will auf ein Jenseits vertrösten und gewissermaßen mit Verweis auf die Ewigkeit das zeitliche Leben als kurz und schäbig, eben vergänglich, darstellen. Natürlich muss man den Tatsachen ins Auge blicken und es wäre töricht, wollten wir den Tod aus unserem Leben verdrängen oder aufhören, ihn ernst zu nehmen. Aber seine Macht ist begrenzt und durchbrochen. Das hören wir zu Ostern. Die Osterhoffnung orientiert sich am Leben, auch am Leben, das über den Tod hinaus reicht. Gerade denen, die von diesem Leben ganz viel, aber eben nicht alles, erwarten, gibt das Osterfest eine gute Orientierung.

Von Auferstehung reden heißt, dem Tod nicht das letzte Wort geben. Vor allem darf man ihm nicht die Macht einräumen, schon heute unser Leben zu bestimmen. Er wird bestimmend und übermächtig immer dann, wenn wir aufhören zu hoffen, wenn unsere Befürchtungen unsere Hoffnungen überwiegen. Das gilt für unser eigenes kleines Leben, für unsere Familien und Partnerschaften und sogar für unsere Gesundheit. Das gilt genau so im Blick auf unsere Gesellschaft, auf Bankenkrach und Firmenpleiten. Ja, es gilt für unsere dieses Jahr so großen Befürchtungen im Blick auf das Leben sowie auf die wirtschaftliche Entwicklung der ganzen Welt.
Freilich, obwohl wir wissen, dass Hoffnungslosigkeit lähmt, möchten wir manchmal mutlos werden. Wir spüren unsere Ohnmacht und Hilflosigkeit. Schön wäre es, wir könnten einfach alle rufen: "Wir bezahlen nicht für eure Krise!", wie es heute etliche Demonstranten tun. Aber: Wie immer werden es die kleinen Leute sein, die am Ende bezahlen. War es je anders? Man könnte wirklich mutlos werden.
Der Osterglaube fügt dieser notwendigen nüchternen und klaren Analyse eine andere Dimension hinzu: die Perspektive der gegründeten Hoffnung. Es macht einen Unterschied, ob ich aus der Perspektive des "Ja" Gottes auf die Sorgen und Nöte dieser Welt blicke, oder ob ich dem Tode zugestehe, das letzte Wort zu haben.

Ostern will uns hindern, uns mit den Zuständen abzufinden oder uns so darin einzurichten, dass wir selbst so einigermaßen durchkommen. Ostern will uns ermuntern, wieder aufzustehen und zu handeln, wo es sich handeln lässt. Freilich sind unsere Möglichkeiten begrenzt, aber es ist sehr zu hoffen, dass gerade diejenigen, die sich nicht von ihren Befürchtungen lähmen lassen, am ehesten konstruktiv und selbstkritisch nach Wegen aus der Krise suchen werden und vor allem auch den Mut entwickeln, solche Wege zu gehen. Christen, die von Ostern her leben, werden unbedingt dazugehören."