Krisenfaktor Öl

von 3. April 2009

(hjk) Atomstreit mit dem Iran, Unruhen in Nigeria, Hurrikans in den USA: Immer neue Krisen treiben den Ölpreis in die Höhe. Öl, unser wichtigster Energieträger, heizt nicht nur das Klima auf, sondern entpuppt sich zunehmend als Krisenfaktor für die Welt. Mit der stetig wachsenden Verletzlichkeit unserer Energiesysteme reift die Erkenntnis, welche grundlegenden strukturellen Faktoren die Energiesicherheit bestimmen. Das Öl als Krisenfaktor – genau damit beschäftigte sich am Mittwoch ein Vortrag der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik und der Jakob-Kaiser Stiftung im Stadthaus in Halle (Saale).

Der Vortrag sollte die Frage klären, wie wir unsere Abhängigkeit von Energieimporten verringern, den Klimaschutz verbessern und globale sozioökonomische Schieflagen entschärfen können. Wir müssen uns rechtzeitig vom Öl verabschieden, weil die Ressourcen auf der Welt zu Ende gehen und bevor wir uns alle in die Krise stürzen. Wohin steuert die „Weltmacht Energie? Die Richtung kann nur sein „Abrüsten mit neuen Energien“ und die Entwicklung ziviler Strategien, wie wir den Krieg gegen die Natur beenden können. Die Ölkrise muss überwunden werden, da die Energie eine gesellschaftspolitische Frage ist.

Wie können wir mit neuen Energien abrüsten? Auf der Welt leben immer noch 1,6 Milliarden Menschen insbesondere in den größten Schwellenländern ohne Strom im Haushalt. Wir stehen vor einer historischen Verzweigungssituation, bei der wir einen neuen Kurs bei der Weltmacht Energie einschlagen müssen, raus aus dem fossilen und nuklearen Zeitalter: Nachhaltige Energie erfordert Effizienzsteigerung, erneuerbare Energien, Solarstromtransport aus Nordafrika und grünen Wohlstand. Diese Maßnahmen helfen uns Zeit zu gewinnen, damit die Atomenergie eine Episode der Technologieentwicklung bleibt und wir auch Biomasse nachhaltig nutzen werden.

Die erneuerbare Energie ist die schnellste, größte und billigste Option für die Klimaverbesserung auf unserem Planeten Erde. Dazu müssen wir aber unser Konsum- und Investitionsverhalten grundlegend ändern. Energiesicherheit erfordert einen Masterplan „Ökonomische Modernisierung durch Energieeffizienz und erneuerbare Energien“.

Die USA haben während der Bush-Regierung 10 Jahre Zeit in der Klimapolitik verloren , die nun der neue Präsident hoffentlich aufholen wird. In Europa müssen die EU-Beschlüsse umgesetzt werden, die darauf zielen, die Erderwärmung nicht weiter als 2 Grad Celsius in den nächsten 100 Jahren ansteigen zu lassen. Spätestens im Jahre 2015 muss der sogenannte Peak- point d.h. der Knick in der CO2-Kurve eingeleitet werden, weil wir sonst in die Naturkatastrophe hineinsteuern werden. Deutliche Anzeichen dafür, dass der Klimaschutz auf der Kippe steht, sind die Gletscherabschmelzungen an den Polen und in den Gebirgen, die dazu führen können, dass ein globaler Meeresspiegelanstieg um 7 Meter d.h. auch an der Nordsee stattfindet. Wir sollten dabei bedenken, dass die Klimaschutzpolitik weitaus billiger ist, als die Beseitigung der Folgen, wenn wir nichts tun würden.

Bei der Ölfrage steht in den Jahren 2010-2015 der Peak bevor. Die Zeiten billigen Öls sind vorüber. Die Grenze wird bei 200-250 Dollar/Barrel liegen und die Ölpreise werden unerbittlich wieder steigen. Daher müssen wie weg vom Öl. Auch andere Stoffe, wie ausgewählte Metalle werden sich verknappen bzw. gehen in den genannten Jahren zu Ende: Blei nach 20 Jahren, Zink nach 29, Kupfer nach 31, Wolfram nach 39 und Nickel nach 44 Jahren.

Wie sieht die Situation in Deutschland aus? Deutschland liegt bei der Lebensqualität weltweit auf Platz 26. Unser Pro-Kopf-Energieverbrauch ist zu hoch. Die weltweite CO2-Entwicklung erfordert auch bei uns eine wesentliche Steigerung der Energieeffizienz. Die weitere Braunkohlenverstromung mit 70% CO2-Abscheidung durch Verflüssigung wird die Stromkosten verdoppeln. Die Atom-Kraftwerkskapazitäten werden sich nicht wesentlich verändern. Es wird keine globale Renaissance der Atom-Kraftwerke geben, weil die Banken keine Kredite angesichts der ungelösten Probleme bei der Atom-Mülleinlagerung geben werden.

Was ist also nötig?
– CO2-Reduzierung um die Hälfte,
– Steigerung der Energieeffizienz,
– Einsatz erneuerbarer Energien
– Ausweitung der Kraft-Wärme-Kopplung und auch der Wärme-Kälteproduktion.
Welche Resultate werden wir im Jahre 2050 erzielen?
– Halbierung des Primärenergieverbrauchs von 810 auf 422 EJ
– Anteil der erneuerbaren Energien: bei Elektrizität 70%, bei Wärme 65%.
– (Solar-Stromproduktion: gemeinsame Nutzung mit den nordafrikanischen Ländern
– /Solar-Wärme, Geothermie)
– Ausstieg aus der Atomenergie
– Expansion der KWK (Gas, Bio-Gas)
– Emissionshandel bei CO2 ( 60 Dollar/t CO2)

Welche Auswirkungen wird die Entwicklung “Weg vom Öl” auf dem Verkehrsektor haben? Unser Kraftstoffverbrauch ist mit 7 l/ 100 km noch viel zu hoch. Wir müssen über die Abwrackprämie zum Energiesparauto mit einem CO2-Ausstoß unter 120 g/km kommen. Im Wohnungsbau gilt es die Passivhäuser weiter zu entwickeln und den Energieverbrauch von 120 auf 20-30 W/m2 zu senken. Die Solar-Häuser müssen nach dem Muster von Disch (2007) zu Plusenergiehäusern weiterentwickelt werden, d.h. sie erzeugen mehr Energie als sie verbrauchen und werden damit zu Netzeinspeisern (Siehe: hier). Auch können wir individuell zur Verbesserung der CO2-Bilanz beitragen , in dem wir einen sogenannte „Touristischen Klimafußabdruck“ hinterlassen und den Urlaub anstatt in Mexiko auf der Insel Rügen verbringen.