Landesverwaltungsamt lädt in Hauptsitz ein

von 9. September 2011

Auch in diesem Jahr lädt das Landesverwaltungsamt in Halle (Saale) ein, zum Tag des offenen Denkmals einen Blick hinter die „Verwaltungsfassaden“ seines 2008 restaurierten Hauptsitzes zu werfen. Am 11. September 2011 öffnet das Amt nun bereits zum vierten Mal nach der Renovierung das Hauptgebäude des Landesverwaltungsamtes in der Ernst-Kamieth-Straße 2 in Halle (Saale) seine Türen, um so den Bürgerinnen und Bürgern einen Blick in das unter Denkmalschutz stehende Verwaltungsgebäude zu ermöglichen.

Alle Interessierten sind herzlich eingeladen, an Führungen, die um 10 Uhr und 12 Uhr stattfinden, teilzunehmen, um sich eine Vielzahl von spannenden historischen, architektonischen und bauhistorischen Fakten über das einstige Gebäude der Königlichen Eisenbahndirektion anzuhören und das Haus selbst in Augenschein zu nehmen. Natürlich besteht auch die Möglichkeit, auf eigene Faust zwischen 10 Uhr und 16 Uhr das Haus zu erkunden. Im großen Saal und in den Fluren des Hauses gibt es interessante Ausstellungen zu besichtigen. So zeigt der Malzirkel FK am Theater Köthen in der ersten Etage (B-Flur) einen kleinen Querschnitt seiner Arbeit. Außerdem stellen verschiedene Referate des Amtes Schwerpunkte ihrer Arbeit in Wort und Bild vor.

Kaffee und Kuchen stehen bereit. Zudem sorgen Schülerköche aus Köthen und Eisleben für das leibliche Wohl. Die Schülerinnen und Schüler der Förderschule „Dr.-S.-Hahnemann“ Köthen zeigen ab 10 Uhr ihr Können und verwöhnen die Gäste mit leckeren Kostproben. Sie treten regelmäßig zum Erdgaspokal, einem Wettbewerb der Schülerköche, an und haben in ihrer Schule schon eine Schülerfirma gegründet, mit der sie bei Festlichkeiten für das leibliche Wohl sorgen. Ab 12 Uhr beweisen die Schülerinnen und Schüler der Levana-Förderschule aus Eisleben, dass sie im Hauswirtschaftsunterricht gut aufgepasst haben.
Infos zur Geschichte des Hauses auf Seite 2:
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Am 1. April 1895 wurde die Königliche Eisenbahndirektion Halle an der Saale gegründet. Das Streckennetz umfasste zu diesem Zeitpunkt 1.900 Kilometer. Verkehrspolitisch war Halle zu dieser Zeit eine wichtige „Drehscheibe“ Preußens, kreuzten sich doch hier wichtige Verbindungen zwischen Schlesien und den westlichen Provinzen mit den Nord-Süd-Routen von Magdeburg und Berlin nach Süddeutschland.

Die Pläne für den zwischen 1901/02 errichteten, damals größten Verwaltungsbau der Stadt Halle stammen aus dem Jahr 1899 und sind von Regierungs- und Baurat Eduard August Wilhelm Fürstenau. Der Baumeister Eduard August Wilhelm Fürstenau (1862 Marburg – 1938 Berlin) war 1890 in den preußischen Staatsdienst eingetreten. Er war Regierungs- und Baurat und leitete ab 1905 das technische Büro der Hochbauabteilung im preußischen Ministerium der öffentlichen Arbeiten in Berlin. 1916 berief man ihn an die preußische Akademie des Bauwesens. Er ging 1927 in Ruhestand und verstarb 1938. Bekannt sind von ihm folgende Bauten: Synagoge in Dortmund 1900 (1938 zerstört); Strafgericht Berlin-Charlottenburg 1896-97; Synagoge Bielefeld 1902 (1938 zerstört); Oberverwaltungsgericht Berlin – Charlottenburg (mit weiteren Beteiligten innerhalb der Bauverwaltung) und die Königliche Akademie Posen 1905-1910.

Die das Quartier umgebenden Straßen wurden nach den Eisenbahnpionieren Maybach, Thielen und Budde benannt. Der monumentale dreieinhalbgeschossige 1901/02 errichtete Putzbau erinnert mit seinen reichen Werksteingliederungen, den giebelbekrönten Eckrisaliten und dem beherrschenden Mittelrisalit an Renaissancebauten.

Über dem mittigen Haupteingang wurden an der Fassade, die Fenster des großen Sitzungssaales flankierend, auf Konsolen und unter Baldachinen Köpfe angebracht, die wohl in unmittelbarem Bezug zu den unter ihnen benannten Bezeichnungen stehen: Handel, Maschinenbau, Bergbau und Ackerbau.

Zum Handel auf der linken Seite gehört als – Gott der Händler – Merkur, der hier mit geflügeltem Helm und Stab dargestellt wird. Ganz rechts ist Ceres die Göttin des Ackerbaus zu sehen mit einem Ährenkranz und darunter symbolisch Sichel und Sense. Die beiden mittleren Figuren sind nicht eindeutig zu benennen. Es könnte für den Maschinenbau Aristoteles (384-322) abgebildet sein, der Hebel und Schraube als Maschinen definierte. Für den Bergbau steht vermutlich Georgius Agricola (1494-1555), der Mitte des 16. Jahrhunderts mehrere für den Bergbau entscheidende Werke, so das 1556 erschienene "De re metallica libri XII." veröffentlichte und heute als Vater der Mineralogie gilt. Als Symbole finden bei ihm Schlägel und Eisen Verwendung. In der heute leeren Kartusche im hohen Dreiecksgiebel darüber befand sich ursprünglich das Wappen des Königreiches Preußen.

Das opulente, weitgehend noch bauzeitlich erhaltene Haupttreppenhaus empfängt den Gast heute mit einem Bild von Günter Rechn aus dem Jahr 1979. Der 1944 in Lodz geborene Künstler studierte Gobelinwirkerei und Malerei in Halle an der Hochschule für industrielle Formgestaltung Burg Giebichenstein. Doch bevor man die Treppe emporsteigt, fallen die polierten Säulen aus Granit auf, die im Erdgeschoss eine andere Farbigkeit aufweisen als im oberen Stockwerk. Sicherlich variierte darauf abgestimmt in den beiden Geschossen 1902 auch die Farbigkeit. Die historische Farbgestaltung vermittelt im ersten Obergeschoss vor dem großen Sitzungssaal ein Gewölbe mit rekonstruierter Ausmalung. Kleine freigelegte Bereiche in den daneben anschließenden Kreuzgewölben zeigen die bauzeitliche, das heißt die Reste der originalen Ausmalung. Neben dem bauzeitlich erhaltenen Treppenhaus sind im großen Sitzungssaal noch die Fenster und die stuckierte Decke erhalten.

In den Jahren von 1929 bis 1938 wurde das Gebäude erweitert, um dem erweiterten Platzbedarf zu entsprechen. In der Außengestaltung passen sich diese Anbauten dem historischen Kernbau an, hier jedoch mit moderner Innenarchitektur. Besonders das „Runde Treppenhaus“ ist in der Anlage noch der Frühmoderne der 20er Jahre verhaftet. Die Kelleranlagen dieses Bereiches sind von vornherein auf Luftschutzzwecke ausgerichtet. Im Krieg selbst blieb der Bau bis auf zwei durch Brandbomben verursachte Dachstuhlbrände von weiteren Zerstörungen verschont.