Marx, Lenin, Thälmann leben in Straßennamen weiter

von 11. Dezember 2011

(dpa) Karl-Marx-Straße, Straße der Freundschaft, Wilhelm-Pieck-Platz: Mit Straßenschildern hat die DDR ihren Ikonen einst ein Denkmal gesetzt. Doch auch 22 Jahre nach dem Fall der Mauer tragen viele Straßen und Plätze in Sachsen-Anhalt noch die Namen der sozialistischen Vorbilder. Um Anwohnern Behördengänge zu ersparen oder nach Eingemeindungen Doppelbenennungen zu verhindern, entschieden sich die Stadträte oft für den Namen aus DDR-Zeiten, wie eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa ergab. In einigen Städten überlegten sich die Verantwortlichen jedoch auch Alternativen.

Die «Straße der FDJ» etwa oder die «Wilhelm-Pieck-Allee» mussten in Magdeburg weichen, als 1989 die Mauer fiel. «Die Namen wurden durch Bezeichnungen mit lokalem Bezug ersetzt», erklärte Michael Reif, Sprecher der Stadt Magdeburg. Heute liest man in der Landeshauptstadt daher «Universitätsplatz» statt «Boleslaw-Bierut-Platz» oder «Birkenallee» anstelle von «Ernst-Thälmann-Straße». Von der «Friedrich-Engels-Straße» wollten sich die Magdeburger hingegen nicht trennen.

Über die neuen Begriffe machte sich damals der Stadtrat Gedanken. «Möglichst klangvoll und repräsentativ» sollten die Straßen klingen, sagte Reif. Eine «Arbeitsgruppe Straßennamen» reichte Vorschläge ein und setzte diese dann um. So entschied sich der Stadtrat nach der Wende unter anderem dafür, die «Karl-Marx-Straße» wieder mit dem ursprünglichen Namen «Breiter Weg» zu besetzen.

Viele Ortschaften des Landes behielten hingegen die alten Bezeichnungen bei. So gibt es noch heute in einem eingemeindeten Teil von Köthen die «Straße der Freundschaft» und die «Karl-Marx-Straße». Anwohner hätten bislang keine Bestrebungen unternommen, um die Begriffe zu ändern, erklärte Caroline Hebestreit, Sprecherin der Stadt Köthen.

Auch in Eisleben und Zeitz leben die Vorbilder der DDR weiter – jedenfalls auf dem Straßenschild. Hier gibt es ebenfalls noch immer die «Karl-Marx-Straße». In der Eislebener Gemeinde Bischofrode kann man sogar durch die «Ernst-Thälmann-Straße» oder die «Wilhelm-Pieck-Straße» wandeln. Bei den Eingemeindungen habe sich der Stadtrat bewusst für die alten Namen der Parteivorbilder entschieden, erklärte Maik Knothe, Sprecher der Lutherstadt Eisleben. Dadurch konnten doppelt vergebene Namen vermieden werden.

Auch eine Gemeinde bei Magdeburg wollte sich von den großen Persönlichkeiten des Sozialismus nicht trennen. In Gerwisch kreuzt deshalb noch heute die «Karl-Marx-Straße» die «Thälmannstraße», und die «Leninstraße» trifft auf die «Friedrich-Engels-Straße». «Die Gemeinde wollte sich von den Namen einfach nicht trennen», begründete Bauamtsleiter Eberhard Hoffmann schlicht die Entscheidung.

In Halle (Saale) sind ebenfalls noch mehrere Straßen den Systemwechsel überstanden, sind noch immer nach DDR-Persönlichkeiten benannt. Beispiele sind die Martha-Brautzsch-Straße, Philipp-Müller-Straße und Ernst-Kamieth-Straße. Auch der Platz der Völerfreundschaft im Süden der Stadt hat die politische Wende überstanden. Leninallee, Thälmannplatz oder Marx-Engels-Platz sind dagegen in der Saalestadt Geschichte.