Mit der Lizenz zum Sprayen

von 16. Juni 2015

Die Klasse aus Hettstedt war neben zwei weiteren Schulen aus Salzwedel und Naumburg die Gewinnerin des Graffiti-Workshops „Natura 2000 ist überall“. Sie erhielt den Sonderpreis der Jury und darf nun in Halle ganz legal die amtseigenen Garagentore besprayen. Dies natürlich unter fachkundiger Anleitung des Graffiti-Künstlers Marok und – wie sollte es in einem Amt anders sein – unter strenger Einhaltung aller Arbeits- und Umweltschutzbestimmungen in Schutzmontur und mit Bio-Sprayfarbe. Für die Förderschüler nimmt sich der Workshop-Leiter extra diesen Tag Zeit, um intensiv mit ihnen arbeiten zu können.

Einen ersten Eindruck konnten die Kids der Hettstedter Förderschule aber bereits am vergangenen Freitag gewinnen, als die Gewinner aus Salzwedel und Naumburg die ersten Garagentore verzierten.

Vor drei Monaten startete das Landesverwaltungsamt einen Aufruf, der auf landesweit großes Echo stieß:

Was tun, wenn man als obere Naturschutzbehörde und zuständige Wasserbehörde beim Landesverwaltungsamt nicht zwischen Bäumen und rauschenden Bächen, sondern in einem schmucklosen, etwas tristen Verwaltungsgebäude sitzt – man holt sich die Natur ins Haus. Die Fensterbretter wurden schon begrünt, eine Naturwiese im Innenhof angesät. Jetzt sind die angerosteten Garagentore des Dienstgebäudes in der Dessauer Straße 70 in Halle (Saale) dran.

Dabei sollen die Tore nicht hinter einer Efeuhecke versteckt werden – was sich schon aus rein praktischen Gründen verbietet, sondern sich mit Hilfe von Graffitis unter dem Motto:

„Natura 2000 ist überall“ in tolle Landschaften verwandeln.

Alle Schülerinnen und Schüler ab Klassenstufe 5 waren eingeladen, sich mit einem Entwurf zur Gestaltung eines Garagentors (Höhe ca. 4 m, Breite ca. 3 m) zu beteiligen. Über 100 SchülerInnen – und Schülergruppen sind unserem Aufruf gefolgt.

Hintergrund – Was ist Natura 2000

Die EU-Mitgliedsstaaten haben sich zusammengetan und ein Netz an Schutzgebieten geschaffen, das sich durch ganz Europa zieht und die Schönheit und Vielfalt unserer Natur sichert. Das Projekt trägt den Namen Natura 2000 und kann als bisher weltweit einmalig bezeichnet werden. Dabei haben sich alle EU-Länder darauf verständigt, eine bestimmte Anzahl von Gebieten, die besondere Biotope darstellen oder besonders schützenswerten Arten eine Heimat bieten, als Natura 2000 – Gebiete zu melden und auszuweisen. ln diesen Gebieten besteht das so genannte „Verschlechterungsverbot“. Das heißt, der gegenwärtige Zustand des Gebietes ist zu erhalten und darf sich nicht verschlechtern. Das Betreiben von Landwirtschaft, Fischerei oder Forstwirtschalt bleibt selbstverständlich weiterhin möglich. Grundlage für die Entscheidung, welche Gebiete als Natura 2000 – Gebiete ausgewiesen werden, sind die Vogelschutzrichtlinie und die FFH – Richtlinie, die schützenswerte Lebensraumtypen und die darin enthaltenen Tiere und Pflanzen bezeichnen.

Im Land Sachsen-Anhalt existieren aktuell 32 Vogelschutzgebiete und 265 FFH-Gebiete, die durch das Land an die EU gemeldet und durch diese bestätigt wurden. Diese Gebiete beheimaten aus europäischer Sicht schützenswerte Lebensraumtypen (LRT) sowie Tier- und Pflanzenarten. Die 50 in Sachsen-Anhalt vorkommenden Lebensraumtypen setzen sich neben naturnahen Höhlen aus 27 Offenland-LRT, 10 Gewässer-LRT und 12 Wald-LRT zusammen. 23 FFH-Gebiete in und an Gebäuden mit Wochenstuben oder Winterquartieren für gefährdete Fledermausarten sind ebenfalls Bestandteil des Natura 2000-Netzes.

Größtes Natura 2000-Gebiet Sachsen-Anhalts ist die Colbitz-Letzlinger Heide mit ihren ausgedehnten trockenen Zwergstrauchheiden sowie bodensauren Eichenwäldern; hier kommen u.a. Heidelerche, Ziegenmelker und Mittelspecht vor. Das FFH-Gebiet „Grabensystem Drömling“ weist eine linienhalte Ausdehnung von ca. 670 km auf.

Zu den europaweit bedeutsamen Arten zahlen unter anderem Frauenschuh, Hirschkäfer, Rotbauchunke, Bitterling, Europäischer Biber, Kleine Hufeisennase, Wolf sowie die Vogelarten Eisvogel, Großtrappe, Kranich, Rotmilan, Schwarzstorch, Seeadler, Uhu und Weißstorch.

Die Gebietskulisse Natura 2000 umfasst ca. 11 % der Fläche Sachsen-Anhalts. Deutschlandweit sind rund 14 % der Landesfläche und 31 % der Meeresfläche Natura 2000-Gebiete.