Nachruf auf Eduard Stapel

von 6. September 2017

Eduard Stapel geriet als Ideengeber der Bürgerrechtsbewegung ins Visier der Staatssicherheit, die ihn unter dem pikanten Decknamen „After shave“ bearbeitete. Sie kriminalisierte seine Lebensweise und seine politischen Aktivitäten. Perfide, wie seine schwere Erkrankung, notwendige Operationen und Komplikationen durch die Staatssicherheit unter Mithilfe von Ärzten und Pflegepersonal der Medizinischen Akademie Magdeburg unter ständiger Kontrolle gehalten und zu Zersetzungsmaßnahmen missbraucht wurden. Im Dezember 1999 erschien bei der Landesbeauftragten für Stasi-Unterlagen sein Band: „Warme Brüder gegen Kalte Krieger. Schwulenbewegung in der DDR im Visier der Staatssicherheit“. Damit liegt eine aktenbasierte Aufarbeitung des Journalisten und Theologen Eduard Stapel vor. Er formulierte darin auch die Widersprüche und seine Ratlosigkeit hinsichtlich einer gleichzeitig guten medizinischen Behandlung und seiner Bearbeitung als kriminalisiertem Staatsfeind.

Der Name Eduard Stapels ist mit dem Aufbau einer lebendigen politischen Schwulenbewegung in der ehemaligen DDR verbunden. Er machte sich stark für wissenschaftliche Arbeit, für Aufklärung, um Positionen wurde gerungen und er provozierte, wie bei der Aufarbeitung des Nationalsozialismus. In der Erinnerungspolitik der DDR waren Homosexuelle keine anerkannte Opfergruppe. An ihr Leid wurde nicht erinnert, ihre Verfolgung nicht aufgearbeitet. Eduard Stapel griff diese Position an. Die Schwulenbewegung in der DDR war auch ein offener Affront gegen die Militarisierung der Gesellschaft. Er brachte Menschen zusammen, baute Netzwerke und arbeitete beharrlich und sachlich. So steht Eduard Stapel für eine Kultur des offenen politischen Konflikts, des Sich-Kümmerns, der Anteilnahme und der Beharrlichkeit. Mit ihm verlieren wir einen weitdenkenden Bürgerrechtler. Er hinterlässt eine schmerzhafte Lücke.