Die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg darf sich über eine Millionenförderung freuen. Möglich machen es die russischen Steppen. Ein Verbundprojekt zur nachhaltigen Landnutzung in diesem Bereich ebnete den Weg. Die beteiligten Partner erhalten dafür rund 3,2 Millionen Euro durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Professor Manfred Frühauf, Geoökologe der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU), koordiniert das auf eine Laufzeit von fünf Jahren angelegte "Kulunda"-Projekt, bei dem eine der wichtigste Kornkammern Russlands im Mittelpunkt steht.
"Für uns ist das ein großer Schritt auf dem Weg zu einem möglichst beispielgebenden Forschungserfolg", sagt Manfred Frühauf. "Wir wollen ökologische und ökonomische Strategien zur nachhaltigen Landnutzung in den russischen Steppen entwickeln und damit einen Beitrag zur Anpassung an den Klimawandel leisten."
Beim Untersuchungsgebiet handelt es sich um die südwestsibirische Kulundasteppe. Im Nordwesten dieses Gebietes befindet sich ein Siedlungsgebiet deutschstämmiger Bevölkerung, das 1991 mit der Wiedergründung des "Deutsch-Nationalen Rayons" die administrative Eigenständigkeit erhielt. "Die Bedeutung der Kulundasteppe als Kornkammer für Russland ist nach der staatlichen Selbstständigkeit der Ukraine und Kasachstans und der daraus resultierenden Verringerung der landwirtschaftlichen Anbaufläche immens gestiegen", erläutert Professor Frühauf.
Die Projektpartner wollen für die Steppe Nutzungsstrategien implementieren, die an die veränderten klimatischen Bedingungen angepasst sind. Dadurch sollen mit standortangepassten Formen der Landnutzung auch die landwirtschaftlichen Erträge gesteigert werden. Zudem wollen die Forscher erreichen, dass die Böden mehr Kohlestoff aufnehmen und speichern. "Somit würden wir auch einen Beitrag leisten zur Reduzierung der Emissionen von Treibhausgasen", sagt Frühauf. Die Ergebnisse könnten dann für weitere Regionen der kontinentalen eurasischen Steppen relevant sein.
Beteiligt sind an dem Vorhaben neben der MLU (Institut für Geowissenschaften und Geographie, Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaften, Institut für Biologie), unter anderem die Universitäten Bayreuth, Jena, Göttingen, Hannover und Potsdam sowie das Leibnitz-Institut für Länderkunde in Leipzig, das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), das Leibnitz-Institut für Agrarentwicklung in Mittel- und Osteuropa in Halle (IAMO) und das Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Hinzu kommen Partner aus der deutschen Industrie sowie der russischen Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung.
"Die Integration der ausländischen Partner basiert auf langjährigen, stabilen und erfolgreichen Kooperationsbeziehungen in Forschung und Lehre mit Russland, vor allem in der Untersuchungsregion selbst", sagt Koordinator Manfred Frühauf. "Da wir auch Kompetenzen der deutschen und russischen Agrarpolitik sowie der russischen Klimaforschung, aber auch den unmittelbaren Kontakt mit russischen Landwirten in der Region nutzen werden, können wir ein hohes Maß an Umsetzbarkeit der Projektergebnisse erreichen. Gleichzeitig leisten wir einen substanziellen Beitrag zur Realisierung der Ziele des deutsch-russischen Wissenschaftsjahres 2011/2012."
Das Projekt trägt den englischen Titel "Kulunda – how to prevent the next Global Dust Bowl'?". Er nimmt Bezug auf die katastrophalen Auswirkungen großflächiger Rodungen in Teilen der sogenannten Großen Ebenen in den USA und Kanada. Die Regionen waren in den 1930er Jahren von verheerenden Staubstürmen betroffen – und wurden "Dust Bowl" (zu Deutsch: Staubschüssel) genannt. (Quelle: Wikipedia). Während der sowjetischen Neulandaktion (1954-1963) wurden in der Kulundasteppe große Flächen (420.000 km²) für den Ackerbau umgenutzt. Sie zeigen eine erhöhte Anfälligkeit insbesondere für Prozesse der Bodenzerstörung durch Winderosion. Schuld daran sind die nur wenig an den Standort angepasste agrarische Nutzung sowie die existierenden klimatischen Gegebenheiten und deren Veränderungen (Klimawandel).