Studentinnen berichten von Erfahrungen des zahnmedizinischen Kooperationsprojektes der MLU Halle in Tansania

von 24. Mai 2017

Dieser Wunsch und die Möglichkeit intraorale Untersuchungen durchzuführen sowie Hygieneinstruktionen zu vermitteln, versprach uns das Projekt der Universitätsklinik und Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik, unter der Leitung des Oberarztes Dr. Christian Wegner. Das Kooperationsprojekt besteht nun seit mehr als sieben Jahren. Seine Basis bildete die freundschaftliche Beziehung zwischen dem Bistum Njombe und den universitären Strukturen. In den Semesterferien bekommen hierdurch motivierte Studenten und Mitarbeiter der Zahnklinik die Gelegenheit, bei dem Projekt mitzuwirken.

Im April letzten Jahres äußerten wir den Wunsch, an dem Projekt unserer Zahnklinik teilnehmen zu wollen. Aufgrund von Berichten von zwei Studentinnen aus dem Jahr zuvor fiel der Entschluss, das Projekt in diesem Jahr in Ilembula, einem nur wenige Kilometer von Njombe entfernten Dorf, durchzuführen. Für unseren Aufenthalt in Tansania im September 2016 begannen die Vorbereitungen bereits drei Monate zuvor. Sie beinhalteten die Planung des Projektes, die Organisation von Selbstschutz in Form von Impfungen sowie das Sammeln von Spenden für die Zahnklinik in Ilembula. Nach intensiver Auseinandersetzung darüber, welche Materialien vor Ort am notwendigsten sind, schlossen wir uns mit den leitenden Schwestern der Studentenkurse kurz, die uns maßgeblich beim Sammeln der Spenden halfen. Ein Großteil davon setzte sich aus dem Kontingent der Zahnklinik zusammen. Für weitere Spenden wurden dentale Firmen wie Pluradent AG [&] Co KG, Putzi als auch die Drogeriemarktkette dm angefragt. Diese wie auch unser privates Umfeld unterstützten uns großzügig. An dieser Stelle ein großes Dankeschön an alle Helfer und Förderer.

Ende August begaben wir uns dann endlich auf die lang ersehnte Reise. Mit im Gepäck war unter anderem viel Vorfreude, ein wenig Aufregung und 69 Kilo Spenden. Nach der im Flugzeug verbrachten Nacht kamen wir erschöpft, aber glücklich in der Hauptstadt Dar Es Salaam an. Auf der Fahrt zur Unterkunft konnten erste Eindrücke vom Leben in Tansania, welches sich überwiegend auf der Straße abspielt, gesammelt werden. Am Straßenrand folgte ein Verkaufsstand dem nächsten.

Buntes Obst und Gemüse, Kleidung und Schuhe, Haushaltsgegenstände und Möbel wurden zum Verkauf angeboten. Am Abend kosteten wir in der Nähe unserer Unterkunft, die weit ab vom Tourismus lag, lokale Gerichte frisch vom Grill. Schon am nächsten Tag begann unsere Rundreise in den Norden und Osten Tansanias. Am Flughafen bestiegen wir eine kleine Propellermaschine, die über Sansibar gen Norden flog und uns einen traumhaften Blick über vorgelagerte Inseln, den Mount Meru als auch den Kilimanjaro bescherte.

Von Arusha aus startete am kommenden Tag unsere viertägige Safaritour. Begleitet wurde unsere sechsköpfige Gruppe von einem Koch und einem Guide, der zugleich auch der Fahrer war. Wir besuchten den Tarangire- und den Serengeti-Nationalpark und das Naturschutzgebiet Ngorongoro, welche die typischen Landschaftsbilder der unterschiedlichen Regionen Tansanias abbilden. Im Tarangire-Nationalpark findet sich Gras- sowie hügeliges Busch- und Waldland, durch das der Tarangire-Fluss verläuft. Im Anschluss durchquerten wir die Serengeti, wo wir in die unendlichen Weiten der Savanne blickten. Mit dem Ngorongorokrater — Ngorongoro bedeutet auf Kiswaheli „Geschenk Gottes“ — endete unsere Safari. Während unserer Pirschfahrten traten uns nicht nur die Big Five — Löwe, Leopard, Büffel, Nashorn und Elefant — vor die Linse, sondern auch Giraffen, Nilpferde, Flamingos, Hyänen und Herden von Zebras und Gnus. Immer wieder passierten wir Masaai, die mit ihren Kuh- und Ziegenherden umherzogen. Im Anschluss ging es mit dem Bus in die Küstenstadt Tanga. Die Landschaft zeigte in Richtung Osten ein immer grüner werdendes Bild. Tanga gefiel uns auf Anhieb sehr gut, was durchaus auch daran lag, dass dort nur geringer Tourismus herrscht. Den Abschluss unseres Urlaubs erlebten wir auf der paradiesischen Insel Sansibar. Weiße Sandstrände, türkises Wasser und ein Wechselspiel von Ebbe und Flut bildeten eine unbeschreibliche Atmosphäre. Unter der Sonne Tansanias genossen wir in netter Gesellschaft die Tage mit Baden, bei leckerem Essen und der ein oder anderen Beachvolleyball-Partie. Die Hauptstadt der Insel, Stone Town, mit den vielen engen Gassen, den Fisch-, Fleisch- und Gewürzmärkten beeindruckte uns sehr mit ihrem Charme.

Mitte September setzten wir mit einer Fähre nach Dar es Salaam über, um unsere Spendenkoffer einzusammeln und am Flughaben zwei deutsche Zahnärztinnen aus Schönebeck, die sich ebenfalls für das zahnmedizinische Projekt begeistern konnten, zu treffen. Gemeinsam mit Frau Dr. Christine Gabriel und Frau Christine Petermann begaben wir uns in Begleitung von Ato, der Assistentin des Bischofs aus dem Bistum Njombe, und dem Fahrer David auf die zweitägige Autofahrt nach Ilembula. Die Straßen wurden, je weiter wir uns von der Hauptstadt entfernten, immer schlechter.

Nach der anstrengenden Fahrt kamen wir sicher in Ilembula an und wurden herzlich in Empfang genommen. Unsere Unterkunft, ein Bungalow mit Wohn- und Esszimmer, einer Küche, drei Schlafzimmern und einem Bad, befand sich direkt auf dem Klinikgelände. Die Ausstattung war sehr gut und lud zum Wohlfühlen ein.

Unser Aufenthalt im Süden Tansanias sollte die letzten zwei Wochen unserer Reise ausfüllen und die Ausführung des universitären Projekts beinhalten. Die ersten Tage in Ilembula waren erlebnisreich. Wir wurden der Klinikleitung, diversen Abteilungen wie der Palliativstation und der Augenheilkunde vorgestellt und bekamen eine Führung durch das gesamte Gelände und seine wichtigen Einrichtungen. Dem Waisenhaus der Klinik überbrachten wir die im Vorfeld gesammelten Spenden und besuchten die Kinder, wann immer wir die Gelegenheit dazu hatten. Überall wurden wir warmherzig begrüßt und es wurde sich viel Zeit genommen, um uns einen spannenden Einblick in den Klinikalltag zu gewährleisten. Die zahnmedizinische Station in Ilembula, geleitet von den Zahnärzten Yohana und Rhoda, bestand aus einem Behandlungs-, einem Aufbereitungsraum, einem Büro sowie einer Abstellkammer. Der Behandlungsraum verfügte über zwei Behandlungsstühle, von denen jedoch nur einer intakt war. Zudem tat dieser seinen Dienst nur stark eingeschränkt, da lediglich die elektrische Stuhleinstellung und das Licht funktionierten. Die Durchführung der konservierenden Zahnheilkunde, wie wir es aus Deutschland kennen, war somit unter den dort herrschenden Vorraussetzungen nicht realisierbar. Weitere Faktoren wie der damit verbundene Mehrkostenaufwand führen viele Patienten zu dem Entschluss, eine Extraktion der konservierenden Behandlung vorzuziehen. Schnell merkten wir, dass Yohana, den wir bei seiner Arbeit begleiten und über die Schulter schauen durften, gekonnt Zähne zu extrahieren vermag, da diese Therapie in Ilembula die mit Abstand verbreitetste ist. Bevor mit unserer Arbeit in den Schulen begonnen werden konnte, fuhren wir nach Njombe, um einerseits offiziell registriert zu werden und andererseits den Bischof, der zugleich ein Kooperationspartner des Projektes ist, kennenzulernen. Stets werden Gäste bei einem Treffen in einem für Tansania typischen visitor book registriert. Ehe wir alle organisatorischen Fragen klären konnten und unsere Pflichten erledigt hatten, waren bereits vier Tage vergangen. Gleich zu Anfang lernten wir daher, mit den Menschen und lokalen Gepflogenheiten geduldig zu sein, ganz nach dem Motto: „pole, pole – langsam, langsam“. Anfangs ergaben sich einige organisatorische Schwierigkeiten hinsichtlich der Absprachen mit Schulen, die wir für unsere Untersuchungen besuchen konnten. Tatkräftige Unterstützung wurde uns hierbei von Bryceson Mbilinyi zuteil, dem Verwalter des Ilembula-Lutheran-Hospital. Er brachte uns jede Hilfe und Unterstützung entgegen, die er aufbringen konnte und wurde während des ganzen Aufenthaltes zu unserem Ansprechpartner, wenn es um Fragen aller Art ging.?Durch seine Bemühungen suchten wir den kleinen Ort Kidugala und das hiesige Krankenhaus auf, welches das Nötigste zur medizinischen Versorgung der Menschen im Ort aufbringen konnte. Einen Zahnarzt gab es nicht. Für die Kinder und Erwachsenen, die während unseres Aufenthaltes durch die deutschen Zahnärztinnen eine Therapie erhalten konnten, war dies von großem Nutzen, was wir an dem zahlreichen Erscheinen der Patienten registrierten. Wir Studentinnen verbrachten zwei Tage in einer Ganztagsschule und untersuchten Kinder im Alter von 12 bis 18 Jahren zu ihrer oralen Mundgesundheit. Grundlage unserer Datenerhebung waren Fragebögen zu Ess- und Putzgewohnheiten sowie die Befundung der intraoralen Situation. Es folgte die theoretische Instruktion einer optimalen Putztechnik für Schüler und Lehrer, die im Anschluss an die Untersuchung praktisch umgesetzt wurde. Hierfür verwendeten wir die von den Sponsoren zur Verfügung gestellten Zahnbürsten und Zahnpasten. Während unserer Prophylaxearbeit stießen wir auf reges Interesse und wurden in unserer Arbeit im Falle von Verständigungsproblemen überaus hilfsbereit von den Lehrern unterstützt.

Im Zusammenhang mit unserer Arbeit ist die Kooperation mit Frau Dr. Gabriel und ZÄ Petermann besonders hervorzuheben. Uns Studentinnen wurde aus Gründen des Selbstschutzes, bedingt durch fehlende Routine und der erhöhten Infektionsgefahr, von der Behandlung von Patienten abgeraten. Dies erklärt, weshalb unsere Aufgabe in der Prophylaxearbeit lag. Daher freuten wir uns über die Gelegenheit, Schulkinder mit Behandlungsbedarf den Zahnärztinnen vorstellen zu können. Leider war es ihnen aufgrund fehlender oder defekter technischer Ausstattung nur bedingt möglich, kariöse Zähne adäquat zu behandeln. Konnte die Kariesfreiheit mit dem Handexkavator nicht erreicht werden, blieb ihnen nur das Belassen kariöser Restsubstanz oder bei akuten Schmerzen der Griff zur Zange. Für kommende Projekte bleibt festzuhalten, dass eine funktionierende Einheit, oder das Bereitstellen einer mobilen Einheit eine wichtige Voraussetzung für die Arbeit vor Ort darstellen. Neben Kidugala besuchten wir eine weitere Schule und Ausbildungsstätte für Krankenschwestern in Ilembula.

An den Wochenenden nutzten wir in unserer Freizeit die Gelegenheit, um mit unseren freundlichen Gastgebern die Umgebung zu erkunden. Durch die Möglichkeit, einen vierstündigen Gottesdienst am Sonntag zu besuchen, konnten wir weitere Einblicke in die Lebensweise und Kultur der Menschen gewinnen. Mit vielen positiven Eindrücken, neuen Erfahrungen und unvergesslichen Erlebnissen stiegen wir Ende September 2016 in den Flieger Richtung Heimat.

Abschließend möchten wir uns recht herzlich für die warmherzige Betreuung und Stütze vor Ort, die Hilfestellung durch die Sponsoren sowie bei unserer Zahnklinik für die Möglichkeit, an diesem Projekt teilzunehmen, bedanken.

Nora Berthel, Lisa Friebe und Anna Peters