“Über Jahre und Räume”

von 22. August 2009

Steffi Böttger vermittelt durch die Herausgabe des Briefwechsels von Hans und Wolfgang Natonek einen Geschichtsunterricht besonderer Art. Sie bringt durch den innigen Gedankenaustausch zwischen Vater und Sohn die Bedeutung vergangener Ereignisse für die Gegenwart und Zukunft nahe.

Der Vater, Hans Natonek, Journalist und Romanautor, muss Nazi-Deutschland aufgrund seiner jüdischen Herkunft verlassen und lebt krank, zurückgezogen und vom Literaturbetrieb weitgehend vergessen, in den USA. Der Sohn, Wolfgang Natonek, engagiert sich als Mitglied der liberalen Partei in den ersten Nachkriegsjahren als Vorsitzender des Studentenrates der Universität in Leipzig, einer Führungsfunktion, die vorrangig von den neuen Machthabern beansprucht wurde.

So war es denn auch nicht verwunderlich, dass Wolfgang Natonek 1948 wegen fadenscheiniger Anklagen vom sowjetischen Geheimdienst verhaftet und zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt wurde. Davon verbüßte er acht Jahre in der Haftanstalt Bautzen.

Der Briefwechsel zwischen Vater und Sohn ist ein ergreifendes Dokument für Kraft, Überlebenswillen und Unbeugsamkeit gegenüber oft ausweglosen Situationen. Er schließt die Zeit von 1946, in der Wolfgang Natonek sein zweites Studium begonnen hatte, bis zum Tod des Vaters im Jahr 1962 ein.

Die Außenstelle Halle (Saale) der BStU, die Friedrich Naumann Stiftung für die Freiheit und die Stadtbibliothek Halle laden am Donnerstag, 27. August 2009, 19.30 Uhr zu einer Lesung mit der Herausgeberin des Buches in der Stadtbibliothek Halle (Saale) ein, in der zwei Lebensläufe in einer deutschen Familiengeschichte des 20. Jahrhunderts erlebbar werden.