US-Wahl 2016: „Erosion demokratischer Grundwerte“

von 7. November 2016

Mit Trump wird die Demokratie auf eine harte Probe gestellt. Hetze gegen Homosexuelle, Frauen und Ausländer sind bei ihm an der Tagesordnung, doch dann macht er lange noch nicht halt, sogar die Grundwerte der Demokratie lehnt er ab, denn einen Sieg von seiner Konkurrentin wird er nicht anerkennen. Wie Donald Trump in den USA, reißt in Deutschland die AfD, Gesellschaft und Demokratie auseinander. Wenn Trump in das Weiße Hause einziehen sollte, ist dies ein mittelbarer Sieg für die Alternative für Deutschland? Im Interview mit Dr. Matthias Quent, Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft sprachen wir über den Populismus bei Wahlen in den USA, sowie über die Stärkung der Demokratie in Deutschland:

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Keven Nau: Wenn Trump weiterhin soziale Ängste schürt und gewinnt, ist das ein indirekter Sieg für die AFD und was bedeutet das für unsere Demokratie?

Dr. Matthias Quent: Dass ein Demagoge wie Trump in den USA – dem Zentrum der westlichen Demokratie – überhaupt so weit kommen konnte, zeigt wie tief die Gräben zwischen den egalitären und fortschrittlichen Ansprüchen der Demokratie und der Realität der Alltagsmenschen verlaufen.

Der Erfolg des Populismus bei Wahlen führt auf der einen Seite zur Entsachlichung politischer Fragen und auf der anderen Seite zur Erosion demokratischer Grundwerte.bsp]

Keven Nau: Was muss Ihrer Meinung nach passieren, damit die Bürger in Deutschland sich mehr an der Politik beteiligen?

Dr. Matthias Quent: Wir sehen derzeit in Deutschland: es gehen wieder mehr Menschen wählen – die unzufriedenen Nichtwähler strömen vor allem zur AfD. In vielen Zusammenschlüssen aller politischer Richtungen ist eine Aktivierung für gesellschaftspolitische Fragen festzustellen. Das gilt auch für Menschen, die Ideologien der Ungleichwertigkeit anhängen und die Hass verbreiten und Andersdenkende einschüchtern. Diejenigen, die sich für Humanität und Demokratie engagieren, müssen geschützt und unterstützt werden, um nicht zu resignieren.

Keven Nau: Was kann Deutschland aus der Situation in den USA lernen?

Dr. Matthias Quent: Fortschritte in der politischen Kultur – etwa wachsende Chancen- und Machtgleichheit sozialer Gruppen – provozieren Rollback-Reaktionen bei jenen, die von der Ungleichheit in der Gesellschaft bisher profitiert haben. Ganz praktisch ist auch zu beobachten, dass die Bedeutung sozialer Netzwerke im Wahlkampf massiv zugenommen hat und diese voraussichtlich auch für die Bundestagswahlen in Deutschland wichtige Kampfplattformen sein werden, bei denen die etablierten Parteien und ihre Unterstützer Nachholbedarf gegenüber der AfD haben.

Keven Nau: Ist jemand wie Donald Trump auch in Deutschland vorstellbar?

Dr. Matthias Quent:Jain. Auf der einen Seite avanciert auch in Deutschland die Persönlichkeit von Kandidaten zum wahlentscheidenden Faktor und es gibt mit der AfD erstmals eine auf Bundesebene relevante Partei, die weit rechts der Union steht. Aber unser Parteiensystem bietet mehr Möglichkeiten, um Protest zu organisieren und zu integrieren als das Zweiparteiensystem in den Vereinigten Staaten. Die koalitionsunfähige AfD bindet derzeit das rechte Protestpotenzial an die parlamentarische Opposition.