Zeitreise á la Hasenverlag

von 8. Mai 2010

Bereits im Spätmittelalter übernahmen die Städte Aufgaben der Alten- und Sozialfürsorge, man gewährte den schwächsten und ärmsten Bewohnern Unterkunft und Speisung. So entstand 1341 unter der Schirmherrschaft der Stadt Halle das Hospital St. Cyriaci et Antonii. Die mildtätige Einrichtung hat Jahrhunderte und politische Systeme verschiedener Art überstanden, dabei hat es Tausenden von Menschen Obdach gegeben, Speise, Kleidung und medizinische Hilfe.

Halles Stadtschreiberin Simone Trieder hat gründlich die Geschichte des Hospitals recherchiert und diese im neuen Heft 19 der „Mitteldeutschen kulturhistorischen Hefte“ des Hasenverlages vorgelegt. Sie berichtet über Vorsteher, Bewohner und historische Umstände der fast 700jährigen Einrichtung. Trieder beschreibt unter anderem in einem Kapitel das Leben von Helga Böhm, die zunächst 40 Jahre im Hospital arbeitete und nun 24 Jahre als Bewohnerin dort lebt. Zahlreiche Fotos und Zeichnungen vervollständigen den Band.

Das Hospital St. Cyriaci et Antonii befand sich ursprünglich in unmittelbarer Nähe des Domes. Als man dort jedoch 1529 mit dem Bau der Residenz begann, wurde das Hospital in das Johannishospital bei der Moritzkirche verlegt. Doch nach einem knappen Jahrhundert (1576) erfolgte eine weitere Verlegung in das Zisterzienserinnenkloster von Glaucha. Nach dem Abriss der Klosterbauten entstand 1825/26 der heutige Gebäudekomplex mit biedermeierlichem Charakter. Im vorigen Jahrhundert (1928/29) wurde das Hospital schließlich von dem bekannten halleschen Architekten Wilhelm Jost umgestaltet.

Die Bewohner des Hospitals wurden im Laufe der Jahrhunderte immer mal wieder umbenannt. So hießen sie nach der ältesten Heimordnung von 1667 Brüder und Schwestern, ab 1894 nannte man sie Hospitaliten, ab 1936 Insassen, später Heimbewohner und seit zehn Jahren fast korrekt Hausbewohner. Wegen der mitunter guten Verpflegung wurden sie von der Bevölkerung auch etwas abfällig die „Fressteufel“ von Glauche genannt. In Krisenzeiten war allerdings Schmalhans der Küchenmeister des Hospitals.

Streit gab es auch immer wieder um die Beschäftigung der Bewohner. Auf der einen Seite wurde über Müßiggang geklagt, andererseits wollte man aus der milden Stiftung kein „Zwangs-Arbeitshaus“ machen. So wurden die Frauen zu Haus- und Küchenarbeiten herangezogen, während die Männer Schuhe reparierten oder Gartenarbeiten erledigten. Heute ermöglicht das Hospital älteren Menschen ein selbstbestimmtes Leben und Hilfe im eigenen Wohnumfeld.

Das Hospital St. Cyriaci et Antonii ist die älteste bestehende soziale Einrichtung unter dem Patronat der Stadt Halle, sie blickt im nächsten Jahr auf 670 Jahre zurück. Simone Trieder hat viele Episoden und Begebenheiten aus der wechselvollen Geschichte zusammengetragen und sie mit zahlreichen historischen Fotos ausgestattet. So ist ein interessanter und lesenswerter Beitrag zur Stadtgeschichte entstanden.