Zusatzschilder für Dichterviertel

von 18. Juli 2011

Gleich drei Straßen werden am Mittwoch, den 20. Juli, im Rahmen der Aktion „Bildung im Vorübergehen“ der Bürgerstiftung Halle mit Zusatzschildern versehen. Auf diese Weise soll an die Dichter Eduard Mörike (1804-1875), Johann Peter Uz (1720-1796) und Carl Leberecht Immermann (1796-1840) erinnert werden. Monatlich versieht die Bürgerstiftung mindestens eine Straße mit Zusatzschildern, um so auf biografische Daten des Namensgebers hinzuweisen.

Eduard Friedrich Phillip Mörike, Sohn des Amtsarztes Karl Friedrich Mörike, besuchte die Ludwigsburger Lateinschule und nach dem Tode des Vaters (1817) das Stuttgarter Gymnasium. Von 1818 bis 1822 war Mörike Schüler des Niederen Theologischen Seminars in Urach, danach Student der Theologie am Tübinger Stift. Bereits in Urach schloss Mörike eine lebenslang anhaltende Freundschaft mit Wilhelm Hartlaub, in Tübingen machte er die Bekanntschaft mit Ludwig Bauer, Wilhelm Waiblinger, Friedrich Theodor Vischer und David Strauß, dem Linkshegelianer und Kritiker der Historizität der Evangelien. Nach dem theologischen Examen im Oktober 1826 war Mörike an verschiedenen Stellen als Vikar bzw. Pfarrvikar tätig. 1827 ließ er sich aus gesundheitlichen Gründen vom kirchlichen Dienst beurlauben. Es entstanden erste dramatische Versuche: König Enzo (nicht erhalten) und Der letzte König von Orplid. Der Versuch, als freier Schriftsteller in Stuttgart zu leben scheiterte. Einige Veröffentlichungen erschienen in Cottas „Morgenblatt“ und in der Franckschen „Damenzeitung“. Nach wiederum unbefriedigender Vikariats-‐ bzw. Pfarrverwesertätigkeit in verschiedenen Orten erhielt Mörike 1834 eine Pfarrstelle in Cleversulzbach. Zuvor hatte er sich 1829 mit Luise Rau, der Tochter des verstorbenen Pfarrers von Plattenhardt verlobt. Das Verlöbnis wurde vier Jahre später gelöst, aber die Liebe zu Luise hatte zu erneuter dichterischer Produktivität geführt. So sind viele für Luise geschriebene Gedichte in dem 1830 beendeten und 1832 erschienen Roman Maler Nolten eingegangen. Als Agnes ist sie im Roman Gegenfigur zur Zigeunerin Elisabeth. Die Cleversulzbacher Zeit nannte Mörike selbst seine glücklichste. Beschrieben hat er sie in der Idylle Der alte Turmhahn. 1836 erschien die Novelle Der Schatz und zwei Jahre später die erste Ausgabe der Gedichte bei Cotta. Im September 1843 ließ sich der immer wieder kränkelnde Mörike in den vorzeitigen Ruhestand versetzen. Mit der zwölf Jahre jüngeren Schwester Klara lebte er zunächst in Schwäbisch Hall, dann in Bad Mergentheim. Im November 1851 heiratete er die Katholikin Margarete Speeth, ohne jedoch die Hausgemeinschaft mit Klara auf zu geben. Mörike siedelte nach Stuttgart über, wo er bis 1866 als Lehrer für Literatur am Katharinenstift tätig war. Er war Mitarbeiter an verschiedenen Zeitschriften und zeitweilig Lektor bei Cotta. 1852 verlieh die Universität Tübingen Mörike den Dr. phil. h.c.. Begegnungen kamen zustande mit Storm, Hebbel, Turgenjev und Moritz von Schwind, dem er ab 1864 freundschaftlich verbunden war. Im Jahr der Geburt seiner Tochter Fanny (1855) wird Mörike zum Hofrat ernannt, im folgenden Jahr wird ihm der Professorentitel verliehen. 1857 wird die zweite Tochter, Marie, geboren. An größeren Werken erschienen: Idylle vom Bodensee oder Fischer Martin und die Glockendiebe (Stuttgart 1846), Das Stuttgarter Hutzelmännchen (1853), Mozart auf der Reise nach Prag (1856). 1873 trennte Mörike sich von Margarethe, versöhnte sich aber kurz vor seinem Tode mit ihr. Die letzten Lebensjahre verbrachte er in Lorch, Nürtingen und Stuttgart. Mörike zählt zu den bedeutendsten Dichtern des 19. Jahrhunderts. In seiner Lyrik knüpfte er an klassische und romantische Traditionen an und führte sie in eigenständiger Weise fort. Die Vielfalt der lyrischen Ausdrucksmittel und die meisterliche Beherrschung tradierter lyrischer Muster und Formen kennzeichnen sein dichterisches Schaffen. Bedeutendes leistete Mörike auch mit seinen mustergültigen Nachdichtungen antiker griechischer und römischer Dichtungen.

Johann Peter zu wird am 3. Oktober 1720 wird als Sohn des früh verstorbenen Goldschmieds Friedrich August Uz und der aus einer Schwabacher Goldschmiedefamilie stammenden Elisabeth Reisenleiter geboren Nach dem Besuch des Ansbacher Gymnasiums studierte er von 1739 bis 1743 Jurisprudenz in Halle. Uz kehrte noch im August 1743 nach Ansbach zurück. Hier verbrachte er sein weiteres Leben. Als Justizratssekretär fast anderthalb Jahrzehnte unbesoldet, wurde erst dem 43jährigen dank der Ernennung zum Assessor des Kaiserlichen Landgerichts eine »sehr ansehnliche« Stelle zuteil, die ihn aber »immer mehr von den Musen« entfernte, wie in einem Brief an Gleim schrieb. Uz lebte daher, wie seine Schwester Esther Sophia am 15. 4. 1797 an Gleim schrieb, »zu seinem stillen Vergnügen in Erholungsstunden« den Büchern, auf deren Anschaffung er eine feste Summe verwandte. Bei seinem Tod hinterließ er, der schon zu Lebzeiten das anakreontische Prädikat »Weiser« trug, eine Büchersammlung von 4906 Titeln, darunter mehr als 900 juristische Arbeiten, sowie zahlreiche Textausgaben und Übersetzungen griechischer und lateinischer Autoren, ebenso wie Übersetzungen aus dem Englischen, Italienischen, Französischen und Spanischen, ferner, in zum Teil erheblicher Größenordnung, Bücher zur Geschichte, Philosophie, Theologie, Literaturgeschichte, Philologie und Epistolographie. Auffällig ist dabei auch der hohe Anteil von 210 Bänden und Sammelschriften zur Theorie und Geschichte der »schönen Wissenschaften«, also insbesondere zur Rhetorik und Poetik einschließlich Verslehre sowie zur Ästhetik des Altertums und der gesamten frühen Neuzeit. Dieses ästhetisch-‐theoretische und poetologische Interesse zeichnet Uz unter den Autoren der Anakreontik besonders aus. Es verweist zugleich auf eine grundlegende Anregung jener zunächst in Halle konzentrierten literarischen Schule: auf Alexander Gottlieb Baumgarten und Georg Friedrich Meier. Deren philosophische Kollegs haben Gleim, Götz, Rudnick und Uz gehört und vor allem deren Schriften zur Kunstkritik zum Teil eifrig zur Kenntnis genommen. Hieran knüpften die Hallenser Anakreontiker auf allen Ebenen ihrer Poesie an, wie nicht zuletzt die Lyrik der ersten Schaffensphase Uz bezeugt. In einer durch die zeitgenössische Kritik seiner frühen Gedichte herausgeforderten Replik hatte Uz deren thematischen Kern angedeutet:»Es gibt Leute genug, die nicht leiden können, dass man von Mädgen, Busen und Küssen singt. Diese mögen es mit der lyrischen Dichtkunst ausmachen. Sie legen dem Dichter zur Last, was eine Schuld der ganzen Dichtart und aller guten Dichter dieser Art ist« (an Gleim, 12. 3. 1756). Sein erstes Werk „Lyrische Gedichte“ ließ er 1749 in Berlin anonym drucken. Eine wesentlich erweiterte Ausgabe erschien sechs Jahre später. Mit seiner Dichtung wurde Uz ungewollt in die literarischen Auseinandersetzungen seiner Zeit hineingezogen. Seit Mitte der fünfziger Jahre widmet er sich mehr und mehr der weltlichen und geistlichen Dichtung. 1772 erschienen in Leipzig "Sämmtliche Poetische Werke", in den folgenden Jahren eine von ihm maßgeblich getragene Prosaübersetzung der Werke des Horaz in drei Teilen. Ende der 70er Jahre war er „auf Landesfürstlichen Befehl“ Mitarbeiter an dem „Neuen Anspachischen Gesangsbuch“. Seine eigentliche dichterische Tätigkeit hatte er schon wesentlch früher eingestellt in dem Bewusstsein, dass er sich als Schriftsteller „überlebt“ habe, wie er einem Brief vom 27. Februar 1782 an Gleim schrieb. Am 12. Mai 1796 starb Johann Peter Uz in Anspach. Seine Grabstelle befindet sich auf dem dortigen Friedhof Zu Heilig Kreuz.

Am 24. April 1796 wurde Karl Leberecht Immermann als ältestes von fünf Kindern des Kriegs- und Domänenrats Gottlieb Leberecht Immermann und seiner Frau Wilhelmine Wilda, Tochter des Magdeburger Domvogtes, in Magdeburg geboren. Ostern 1807 trat er in die Quinta des
Gymnasiums zum Kloster „Unserer Lieben Frauen“ in Magdeburg ein, das er im April 1813 verließ, um sich in Halle für das Studium der Rechtswissenschaft zu immatrikulieren. Das Studium wurde durch die Schließung der Universität Halle-‐Wittenberg durch Napoleon und durch Immermanns Teilnahme an den Befreiungskriegen unterbrochen und erst 1816 fortgesetzt. Mit zwei Streitschriften gegen die Hallenser Burschenschaft trat er erstmalig publizistisch an die Öffentlichkeit. Das erste Juristische Staatsexamen legte Immermann im Januar 1818 ab, im Oktober darauf erhielt er eine Stelle als Referendar in Magdeburg. Nach dem zweiten Staatsexamen (Mai 1919) wurde Immermann Vortragender Auditeur beim Generalkommando in Münster (bis 1823). In diese Zeit fielen auch seine ersten literarischen Arbeiten (erste Gedichtsammlung 1822). In das gleiche Jahr fiel auch der Beginn der langjährigen Freundschaft mit Elisa von Ahlefeldt(-Lützow), die nach ihrer Scheidung (1825) in das Immermannsche Haus in Magdeburg zog. Das dritte juristische Staatsexamen legte Immermann in Münster ab (1823). Im folgenden Jahr erhielt er eine Stelle als Kriminalrichter in Magdeburg. In der Münsteraner Zeit übersetzte er Walter Scotts „Ivanhoe“ und begann mit der Arbeit an den „Epigonen“. Nachdem Immermann im Juni 1826 das vierte Staatsexamen in Berlin abgelegt hatte, wurde er im Dezember desselben Jahres zum Landgerichtsrat in Düsseldorf ernannt. In Düsseldorf unterhielt Immermann enge Beziehungen zu Wilhelm Schadow und den Schülern der Düsseldorfer Kunstakademie – Beziehungen, die in seiner Biographie wie im literarischen Werk ihre Spuren hinterließen. Er pflegte zum Teil freundschaftliche Kontakte mit namhaften Zeitgenossen wie Heine, Grabbe, Tieck, Varnhagen, Fouqué, Eckermann, Goethe, Friedrich von Müller, Gutzkow, Laube, Halm, Freiligrath, Brockhaus, Campe und Cotta. Besondere Nähe verband ihn mit Amalie von Sybel, Michael Beer und Felix Mendelssohn-‐Bartholdy. Auf späteren Reisen nach Süddeutschland, Sachsen, Hannover, Tirol, Franken und Thüringen machte Immermann die Bekanntschaft mit Grabbe, Tieck, Schinkel , Schleiermacher, Chamisso, Eichendorff, Gutzkow, Eckermann und Schopenhauer. Die Lyrik Immermanns sowie seine 16 Dramen, die unter dem Einfluss der antiken Dramatik, Shakespeares, Goethes, Schillers und der Romantik stehen, besitzen nur epigonalen Rang. Selbst mit den von ihm als besonders wichtig angesehenen Dramen hatte er nur wenig Erfolg. In seinen Lustspielen dagegen (z.B. Das Auge der Liebe, 1824, Die Verkleidungen, 1828 und Die Schule der Frommen, 1829) gelingt es Immermann teilweise, überzeugende komische Effekte und Figuren zu gestalten. Erfolgreicher betätigte sich Immermann als Theaterleiter: Er gründete das Düsseldorfer Stadttheater und entwickelte diese Bühne in den Jahren 1834-‐1837 zu einer Musteranstalt, die in ganz Deutschland Bewunderung und Anerkennung fand. Mit dem Prinzip der Werktreue legte er besonderen Wert auf mustergültige Darstellungen klassischer Dramen und bewirkte durch intensive Probenarbeit einen für die Zeit beispielhaften Darstellungsstil. Während Immermann bestrebt war, sich einen Namen als Dramatiker zu machen, wobei ihm der Erfolg versagt blieb, schätzte er seine Prosaarbeiten weniger hoch ein. Gerade aber auf den Gebieten der humoristisch-satirischen Erzählung, des zeitkritischen Romans und der autobiografischen Prosa kommt ihm besondere Geltung zu. Das gilt gleichermaßen für seine beiden großen Zeitromane Die Epigonen (3 Teile, 1836) und Münchhausen. Eine Geschichte in Arabesken (4 Teile, 1838/39). 1838 lernte Immermann im Hause seines Bruders in Magdeburg die 19jährige Marianne Niemeyer kennen, die er am 2. Oktober 1839 heiratete, nachdem er sich zuvor (13. August) von Elisa von Lützow getrennt hatte. Noch im selben Monat bezog das Paar eine Wohnung in Düsseldorf, wo am 12. August des Folgejahres ihre Tochter Caroline geboren wurde. Am 25. August 1840 schon starb Immermann nach kurzer, schwerer Krankheit.

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