Zusatzschilder für Rive

von 19. September 2011

Er war ein Oberbürgermeister, dem Halle (Saale) viel verdankt. Von 1906 bis 1933 reagiert Richard Robert Rive die Saalestadt. Unter seiner Führung verwandelte sich die Stadt in eine moderne Großstadt. Ihm zu ehren gibt es direkt an der Saale das Riveufer. Um auch den jungen Hallensern klar zu machen, an wen mit diesem Namen erinnert wird, sollen am Donnerstag um 11 Uhr im Rahmen der Aktion „Bildung im Vorübergehen“ Zusatzschilder angebracht werden. Die Schilder wurden gespendet von Dr. Christina Seidel.

Richard Robert Rive wurde am 26. Dezember 1864 in Neapel geboren. Nach seinem Rechtsund Volkswirtschaftsstudium in Breslau arbeitete er als Jurist in der Breslauer Verwaltung und war Stadtrat. 1894 heiratete er Grete Kirschner, Tochter des späteren Berliner Bürgermeisters. Mit ihr hatte er drei Kinder, von denen nur eine Tochter überlebte. 1906 wurde Dr. Richard R. Rive als einer von drei Bewerbern von der Stadtverordneten-Versammlung zum Ersten Bürgermeister der Stadt Halle gewählt und zwei Jahre später offiziell vom König in seinem Amt bestätigt. Als Rive die Führung der Stadt übernahm waren einige Bereiche in Halles Verwaltung recht vernachlässigt. Zunächst führte er Verwaltungsreformen durch, um moderne Strukturen zu schaffen, auf denen weitere Handlungen aufbauen konnten. Mit einer geschickten Grund- und Bodenpolitik schuf Rive die Grundlage für verschiedene Projekte im Bereich des Gesundheitswesens, der Wohnungsbaupolitik, auf wirtschaftlichem und auf kulturellem Gebiet. So wurden heute Allgemeingut gewordene Erholungsinseln der Hallenser – wie der Amtsgarten und die Oberburg Giebichenstein, der Stadtwald Dölauer Heide, Rabeninsel, Forstwerder, Reilsberg und die Klausberge – in Rives Amtszeit angekauft. Die Kunstgewerbeschule zog in die ebenfalls neu erworbene Unterburg Giebichenstein, die Moritzburg und ihr Museum wurden zu einem modernen Kunstmuseum erweitert. Zur Hebung der Lebensqualität entstanden neue Wohngebiete mit modernen Wohnungen in Halles Innenstadt und den äußeren Bezirken (Gartenstadt an der Damaschkestraße, Vogelweide). Straßenreinigung, Müllabfuhr und öffentliche Gesundheitspflege mit Stadtarzt, Schularzt und Nahrungsmittel- Untersuchungsamt wurden in die städtische Verwaltung aufgenommen (1917 erhielt Rive die Ehrendoktorwürde der medizinischen Fakultät), das städtische Kanalsystem angelegt. Bei Schkeuditz entstand der Flughafen Halle/Leipzig und schloss die Stadt an den Luftverkehr an. Das Steuer- und Anleihewesen wurde neu geregelt und die städtischen Finanzen durch Fondsbildung gesichert. In seiner Antrittsrede vor der Stadtverordneten-Versammlung am 2. April 1906 sagte Rive: „Jetzt heißt es, großstädtisch handeln, großstädtisch verwalten und großstädtische Finanz-, Verkehrs- und Sozialpolitik mit ihren tausendfältigen Gedanken, Sorgen und Bedenken pflegen.“ Am Ende seiner Amtszeit hatte sich Halle unter Rives Leitung zu einer modernen Großstadt gewandelt. Für seine Verdienste wurde dem scheidenden Oberbürgermeister 1933 das Ehrenbürgerrecht der Stadt Halle zugesprochen. Die Nationalsozialisten verweigerten die Herausgabe des Ehrenbürgerbriefes, erst nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Rive die Urkunde überreicht. Am 23. November 1947 starb Dr. Richard Robert Rive in seinem Haus Am Kirchtor 5 in Halle. Er wurde in der Familiengrabstätte in Berlin beigesetzt.

Das heutige Riveufer verdankt seine Entstehung dem unter Oberbürgermeister Richard Robert Rive vorangebrachten Kanalbau zur Behebung der hygienischen Mängel in Halle. Zu Beginn des Jahrhunderts wurden Abfall und Fäkalien in Gruben auf den Grundstücken gesammelt, bei Bedarf geleert und auf freiem Feld entsorgt. Oft musste die Polizei an die Leerung der Gruben erinnern. Der Bau eines städtischen Abwasserkanals wurde schon längere Zeit in den Behörden erwogen, erst in der Amtszeit Rives kam er zur Ausführung. Der Kanal führte an der Saale entlang, unter der neu angelegten Neuwerkstraße am Botanischen Garten vorbei und sollte dann unterhalb von Lehmanns Felsen nach Norden durch einen Tunnel unter den Klausbergen nach Trotha geleitet werden. An der Stelle des heutigen Riveufers verlief die Giebichensteiner Uferstraße, ein von Kastanien gesäumter schmaler Uferweg, der sich im Besitz des Geheimen Kommerzienrates Heinrich Lehmann befand. Der Weg wurde zwar von allen genutzt, aber er war kein städtisches Eigentum. Um ihn für den Kanal entsprechend umzugestalten, nutzte die Stadt ihr hierfür vorgesehenes Enteignungsrecht. 300 000 Mark bot Lehmann der Stadt an, um den Uferweg mit den von seinem Vater gepflanzten Kastanien zu erhalten. Das Geld bestimmte Lehmann für ein Stadthaus, der Kanal hätte über die Burgstraße geführt werden sollen. Für Rive war dieser Vorschlag nicht akzeptabel, da ein schönes Stadthaus das Fünffache des gebotenen Betrages gekostet hätte und eine Umleitung des Kanals über Lehmanns Felsen noch teuerer geworden wäre. Schließlich hat Lehmann die Uferstraße freigegeben, und für die neu entstandene Promenade die Linden gespendet, welche die Straße noch heute säumen. Rive selbst bezeichnete die Straße als „wohl das Schönste, was sich innerhalb einer Stadt als Straße denken läßt“ (Rive: Lebenserinnerungen, S. 165). 1945 erhielt die Uferstraße zu Ehren des Oberbürgermeisters den Namen Riveufer (1958 Fritz-Weineck-Ufer, seit 1992 wieder Riveufer).

Quellen:
Rive, Richard Robert: Lebenserinnerungen eines deutschen Oberbürgermeisters. Stuttgart: Kohlhammer Verlag,
1960 (Entstehung Riveufer: S. 164-166).
Jacob, Ralf (Hrsg.): Richard Robert Rive. Beiträge zum Wirken des halleschen Oberbürgermeisters 1906-1933,
Halle: fliegenkopf verlag, 2000.
Seidel, Christina: Halle an der Saale. Markt – Riveufer – Riebeckplatz. Ein Stadtrundgang mit Richard Robert
Rive. Halle: DVZ-Verlags-GmbH, 2004.
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