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2007

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05. Mai Ao. 1747

Peinliches Halsgericht über Annen Margarethen Böserin.

Das Standbild des Rolands gilt seit Alters her als das anerkannte Symbol für die städtische Freiheit, also das Marktrecht und die Gerichtsbarkeit. Rolandsfiguren finden sich hauptsächlich in vielen nord- und ostdeutschen Städten, seltener in anderen Teilen Europas.[nbsp]

05. Mai Ao. 1747

Der hallische Roland ist im Unterschied zu seinen deutschen “Artgenossen” nicht uniformiert und wurde, aus Holz gefertigt, schätzungsweise um 1245 erstmals bei einem Hügel neben dem Rathaus auf dem Marktplatz aufgestellt.[nbsp]

Am Roland wurde Gericht gehalten. Deshalb nannte sich das hallische Schultheißen-Gericht auch das “Gericht auf dem Berge vor dem Rolande” – also das Berggericht.[nbsp]

Der Roland wechselte mehrfach seinen Standort und steht nun, im Jahre 1747, vor dem Schöppenhaus an der Südwestecke des Marktplatzes.[nbsp]

Hier wird am 05. Mai Ao. 1747 Gericht gehalten über Anna Margarethe Böser, die sich des zweifachen Kindsmordes schuldig gemacht hatte.[nbsp]

Der Schultheiß und Königlich Preußische Geheimrat Johann Christoph von Dreyhaupt begibt sich morgens um 08:00 Uhr gemeinsam mit den Schöppen, dem Gerichtsdiener und dem Gerichtsschreiber vor den Roland. Dort ist ein hölzernes Gerüst als Bühne errichtet, mit nochmals erhöhten Sitzen für die Mitglieder des Schultheißen-Gerichts.[nbsp]

Schultheiß Dreyhaupt eröffnet die Gerichtssitzung und fordert die Umstehenden auf, ihre Angelegenheiten vorzubringen.[nbsp]
Der Blutschreier Schneider tritt vor und bittet ums Wort. Ein Blutschreier war ein Gerichtsdiener, der vor dem Blutgericht gegen den Täter das Zetergeschrei erhob und Sühne für die Tat forderte. Mittlerweile war das Zetergeschrei abgeschafft worden und der Blutschreier fungierte als Ansager für die Anklage.[nbsp]

Dieser Blutschreier nun erklärt, dass Anna Margarethe Böser des begangenen Kindermordes angeklagt wird und deshalb ihr Leben verwirkt habe. Sie solle vor das Gericht zitiert werden.[nbsp]

Die Beschuldigte wird in Begleitung von Predigern auf das Gerüst geführt und der Ankläger des Rates, Anwalt Johann Christoph Gerstenbeil tritt hervor und führt die Anklage aus:

Anna Margarethe Böser hatte im vergangenen Jahr 1746 einige Tage vor Ostern unehelichen Verkehr mit dem Soldaten Meye und wurde schwanger. Nach Michaelis, also Ende September, bemerkte sie ihren Umstand und verheimlichte ihre Schwangerschaft. In der Neujahrsnacht 1747 suchte sie gegen Morgen bei einer Bekannten Zuflucht, die sie ihr auch im Keller ihres Hauses gewährte. Dort brachte die Angeklagte zwei Kinder zur Welt und erwürgte sie gleich nach deren Geburt.[nbsp]
Nach der peinlichen Halsgerichts-Ordnung und Magdeburgischen Landesgesetzen habe sie nun Leib und Leben verwirkt. Deshalb fordert der Ankläger von der Beschuldigten nochmals ein öffentliches Geständnis und vom Gericht den Schuldspruch und die Verurteilung zum Tod durch das Schwert.[nbsp]

Daraufhin befragt Schultheiß Dreyhaupt die Angeklagte und hört ein volles Geständnis. Er fordert die Schöppen auf, sich über das Urteil zu beraten.[nbsp]

Die Schöppen folgen der Empfehlung des Anklägers und verurteilen Anna Margarethe Böser wegen zweifachen Kindsmordes zum Tod durch das Schwert.[nbsp]

Der Schultheiß gibt das Urteil bekannt und übergibt die Verurteilte dem Nachrichter, also in diesem Fall dem Scharfrichter.[nbsp]

Der führt die Verurteilte mit seinen Mannen zum Rabenstein vor das Obere Galgtor und exekutiert das Urteil mit zwei Schlägen.[nbsp]

Inzwischen fragt Schultheiß Dreyhaupt die umstehende Menge, ob noch jemand einen Fall vor Gericht zu bringen hat. Nachdem er keine Antwort erhält, hebt er den Gerichtstag auf und verlässt mit den Schöppen das Halsgericht.[nbsp]

— Ist Euch aufgefallen, dass die Angeklagte keinen Verteidiger hatte?

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05.05.2014
hallelife.de - Redaktion
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04. Mai Ao. 1719

Königlich Preussische Feuer-Ordnung in denen Städten

Wenn auch der Rat der Stadt Halle schon seit Alters her eine Feuerordnung verfasst hatte und für den Brandfall ziemlich gut ausgerüstet war, so war dies nicht überall in Preußen gebräuchlich. So sah sich König Friedrich Wilhelm I. veranlasst, für die Städte des Königreichs Preußen eine allgemein gültige Feuerordnung zu erlassen. In dieser Verordnung sind Brandschutzmaßnahmen und Verhaltensregeln zur Verhütung von Bränden enthalten, ebenso wie das Verhalten bei und nach dem Löschen von Bränden reglementiert wird.[nbsp]

04. Mai Ao. 1719

Zu den Brandschutzmaßnahmen gehörten die Ausrüstung der Rathäuser mit ledernen Feuereimern, Leitern, Handspritzen Hacken und ausreichend Wasser. Außerdem hatte es in jedem Stadtviertel ein Haus zu geben, in dem solche Mittel bereitgehalten werden sollten. Jeder Einwohner hatte darauf zu achten, dass in seinem Haus die vorgeschriebenen Brandbekämpfungsmittel vorhanden und in gutem Zustand sind.[nbsp]

Darüber hinaus wurde verfügt, dass dazu ernannte Personen einmal im Vierteljahr, jeweils 8 Tage vor Ostern, vor Johannis (24. Juni), vor Michaelis (29. September) und vor Weihnachten Inspektionen aller Feuerstätten der Stadt vornehmen sollen und darauf achten, dass protokollierte Mängel beseitigt werden.[nbsp]

Öfen und Feuerstätten durften nurmehr an steinerne Mauern gesetzt werden. Haushalte und Werkstätten, deren Gebäude keine Schornsteine haben, dürfen auch keine Feuerstätte betreiben.[nbsp]

Jeder Hauswirt hat viermal jährlich den Schornstein reinigen zu lassen. Die Schornsteinfeger müssen ein Register führen, um die Reinigung aller Schornsteine der Stadt nachweisen zu können. Wenn sich die Hauswirte nicht um einen Termin bemühen, soll der Schornsteinfeger gütlich daran erinnern. Wird dann immer noch keine Reinigung beauftragt, ist der Schornsteinfeger berechtigt, den Schornstein eigenmächtig zu reinigen und die Kosten dem Hauswirt in Rechnung zu stellen.[nbsp]

Allen Berufsgruppen, die sich bei ihren Gewerken des Feuers bedienen, müssen des Nachts zwischen 21:00 Uhr und 02:00 Uhr auf Feuerung verzichten. Bei Zuwiderhandlung wird ihnen mit dem Entzug ihres Meisterrechts bzw. Berufsverbot gedroht.[nbsp]

Handwerker, die mit Holz arbeiten, haben besondere Sorgfalt auf die Entsorgung der Holzspäne zu verwenden und ihre Feuerstätten besonders beaufsichtigen.[nbsp]

Leicht brennbare Stoffe wie Heu, Stroh und Flachs dürfen nicht auf Dachböden gelagert werden. Ebenso darf Asche nur unten im Haus unter besonderen Vorsichtsmaßnahmen verwahrt werden.[nbsp]

Offenes Feuer (Kienspäne oder Kerzen) und das Rauchen von Tabak sind auf Dachböden, in Ställen und anderen gefährlichen Orten verboten.[nbsp]
Auch einquartierte Soldaten unterliegen diesen Verboten und haben bei Zuwiderhandlung empfindliche Strafen zu erwarten.[nbsp]

In den Städten sind Stroh-, Rohr- und Schindeldächer durch Ziegeldächer zu ersetzen.[nbsp]

Innerhalb der Stadtgrenzen dürfen Hanf und Flachs nicht verarbeitet werden. Das hat vor den Stadttoren zu erfolgen.[nbsp]
Ebenso dürfen Scheunen nur außerhalb der Stadt errichtet werden.[nbsp]

Das Schießen mit einem Gewehr ist innerhalb der Stadt bei Strafe verboten.[nbsp]

Die Vorräte an Heu, Stroh und Holz innerhalb der Stadt sind auf das Maß begrenzt, was innerhalb eines Monats verbraucht wird.[nbsp]

Auch diejenigen, die mit Schießpulver hantieren oder handeln, haben es an einem sicheren Ort zu lagern, dürfen für nicht mehr als zwei Wochen Vorrat haben und bei Strafe nach Anbruch der Dunkelheit nicht mehr damit hantieren.[nbsp]

Alle Stadtbrunnen und Wasserleitungen sind regelmäßig auf ihren guten Zustand zu überprüfen und ständig funktionstüchtig zu halten.[nbsp]

In den Stadtvierteln müssen Plätze benannt werden, zu denen im Falle eines Brandes schutzbedürftige Personen und Möbel sowie Hausrat gebracht werden können.[nbsp]

Der Nachtwächter hat bei seiner Runde im Sommer von 22:00 Uhr bis 02:00 Uhr und im Winter von 21:00 Uhr bis 03:00 Uhr besondere Obacht auf Feuer und Diebe zu haben.

Im Falle eines Brandes ist der Nachtwächter verpflichtet, sofort Alarm zu geben und alle Einwohner haben sich an den Löscharbeiten zu beteiligen. Die Arbeiten werden vom regierenden Bürgermeister oder einem Beauftragten koordiniert. Stadtbedienstete haben die Aufgabe, unverzüglich im Rathaus für die Sicherung bzw. Rettung von Akten und Dokumenten zu sorgen.[nbsp]

Der Einwohner, bei dem ein Brand entstanden ist, muss unverzüglich in der wachhabenden Garnison vorsprechen und den Brand anzeigen, damit der Kommandeur eine Mannschaft zur Aufsicht über die geretteten Habseligkeiten abstellen kann. Damit sollten Plünderungen vermieden werden.[nbsp]

Kirchenvorsteher haben im Falle eines Brandes dafür Sorge zu tragen, dass das Feuer nicht auf die Kirche übergreifen kann.

Meister und Gesellen der Maurer, Zimmerleute und Müller müssen bei einem Brand ausrücken und gefährdete Gebäudeteile abreißen. Beteiligen sie sich nicht, kann ihnen das Meisterrecht entzogen werden.[nbsp]

Nach dem Löschen eines Brandes hat ein Stadtverordneter dafür zu sorgen, dass der Brandort von ausreichend Personal bewacht wird, damit nicht erneut ein Feuer entsteht. Alle anderen Beteiligten müssen in Bereitschaft verbleiben, bis alle Geräte wieder ordnungsgemäß im Rathaus verstaut sind. Alle beschädigten Werkzeuge sind im Nachgang zu reparieren.[nbsp]

Wenn jemand bei einem Brand gesundheitliche Schäden erleidet, dann sind die Zünfte und Innungen gehalten, diesem einen Zuschuss zu den Arztkosten zu gewähren. Diejenigen, die keiner Zunft oder Innung angehören, werden aus der Armenkasse bezuschusst.[nbsp]

Der Magistrat der Stadt zahlt nach Vermögen allen Brandhelfern, die sich besonders aufgeopfert haben, eine Aufwandsentschädigung.[nbsp]

Diese Feuerordnung ist zu drucken und jedem Stadtbewohner zur Kenntnis zu geben. [nbsp] [nbsp]

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04.05.2014
hallelife.de - Redaktion