Der Kaufmann von Venedig

von 19. Oktober 2015

„Der Kaufmann von Venedig“

Komödie von William Shakespeare

nach der Übersetzung von August Wilhelm Schlegel, eingerichtet für die schillerBühne halle von Heidrun von Strauch

Venedig, im 16. Jahrhundert: Der junge, ungestüme und romantische Edelmann Bassanio hat durch seinen ausschweifenden Lebensstil hohe Schulden angehäuft. Damit er dennoch um die schöne und reiche Portia, in die er sich verliebt hat, standesgemäß werben kann, bittet er seinen guten Freund Antonio um finanziellen Beistand. Doch Antonio, als reicher Kaufmann, hat sein gesamtes Vermögen in Schiffe und diverse Handelsunternehmungen investiert und seine Flotte befindet sich auf hoher See. Um Bassanio helfen zu können, muss er sich das Geld selbst leihen. Im wohlhabenden Juden Shylock findet er einen solventen Geldgeber, der ihm den Betrag unter einer einzigen Bedingung zinslos zur Verfügung stellt: Shylock verlangt ein Pfund Fleisch aus Antonios Körper, sollte das Darlehen nicht in der entsprechenden Frist beglichen werden. Antonio – zuversichtlich, die Schulden pünktlich bezahlen zu können – geht auf diesen bizarren Handel ein.

Zur selben Zeit muss Portia dem letzten Willen ihres Vaters Folge leisten und denjenigen Bewerber heiraten, der aus drei verschiedenen Schatullen jene aussucht, welche ihr Portrait erhält. Zwei Prinzen sind bereits eingetroffen, um die schöne Frau für sich zu gewinnen, und auch Bassanio will sein Glück versuchen. Wird es ihm gelingen, die richtige Schatulle zu wählen und damit Portias Hand zu gewinnen? Ihr Herz gehört ihm ja schon längst.

Währenddessen ist die Botschaft eingetroffen, dass Antonio alle seine Schiffe und damit sein gesamtes Vermögen auf See verloren hat. Er ist nicht in der Lage, das von Shylock gewährte Darlehen rechtzeitig abzugelten. Shylock macht nun vor Gericht seinen Anspruch auf ein Pfund Fleisch aus Antonios Körper geltend. Bassanio eilt herbei, um Antonio mit seinem neu gewonnenen Reichtum auszulösen, doch Shylock bleibt unerbittlich. Ein Rechtsgelehrter aus Padua soll Aufklärung bringen, wie dieser ungewöhnliche Fall zu lösen sei. Ist Shylocks Anspruch gerechtfertigt und kommt Bassanio rechtzeitig, um seinen Freund aus dieser misslichen Lage zu retten? Wie immer bei Shakespeare ist nichts so ist wie es scheint…

»Das Stück wurde zu Zeiten oft als antisemitisches Stück betrachtet, was es zu Zeiten sicherlich auch war. Es kommt immer auf den Blickwinkel an – ein heißes Eisen für Ensembles und Regisseure, eine Gratwanderung. Doch Shakespeares genaue psychologische Analyse hilft uns bei der gerechten Beurteilung beider Seiten, indem er aufzeigt, wie es zum Fehlverhalten kommt. Die schockierende Empfindungslosigkeit Shylocks gegenüber seinem Schuldner macht uns fassungslos, aber ebenso die Grausamkeit der „guten Christen“, die Shylock bereits vor dem Fall und dann erst recht ohne Skrupel in die seelische Verbannung schicken.

Quäle, demütige und entmündige einen Menschen nur lange genug und er wird unempfindlich gegen sich selbst, aber vor allem gegen andere.

Das Ende vom Lied ist Einsamkeit und Ausschluss aus der Gemeinschaft, sowohl der jüdischen als auch der christlichen. Er verschwindet aus dem Stück ins Nichts als völlig gebrochener Mensch und wir wären selbst unbarmherzig, könnten wir darüber lachen.

Das Thema ist nicht jüdisch sondern menschlich. Shylock steht hier stellvertretend für Minderheiten schlechthin, für Menschen, die verfolgt, gejagt und schlecht behandelt werden.« (Heidrun von Strauch, künstlerische Leiterin schillerBühne halle e. V.)

Was hat Shakespeare mit dem Treiben auf dem Schulhof, auf Facebook und der Uni zu tun? Unser Blogger Steffen musste Shakespeares “Kaufmann von Venedig” lesen, hat das Stück auf den absoluten Kern geschrumpft und abseits der Wissenschaft eine ungewöhnliche Interpretation gefunden.

»…Ich hatte unheimliches Mitleid mit Shylock: Er setzt einen – zugegeben sehr kranken – Vertrag auf und Antonio willigt ein. Als dieser den Vertrag nicht erfüllen kann, redet er sich mit juristischen Tricks raus, zieht Shylock fast sein ganzes Vermögen ab und raubt ihm auch noch seinen Glauben. Soviel zum Thema christliche Nächstenliebe. Klar, Shylock hätte mal lieber das Dreifache seines Kredits nehmen sollen, als auf seiner Rache zu bestehen. Aber wenn man pausenlos bespuckt wird, wird man glaube ich automatisch krank im Kopf.
Meiner Ansicht nach ist genau das noch heute aktuell. Es geht nicht um Kritik an Geldhandel oder Antisemitismus, wie es einige Wissenschaftler interpretieren. Ich glaube, Shakespeare wollte mit dem ausgegrenzten und auf Rache sinnenden Shylock nur eines sagen: Mobbing ist Scheiße.« (Steffens UNIversum vom 18. Dezember 2012)

Dramaturgie, Regie: Heidrun von Strauch

In den Rollen: Dr. Hans-Jürgen Schumann, Nina Brass, Heinz Ebersbach, Fridolin Ankerholdt, Nico Holfeld, Arwed Weinhold, Uwe Steinbrecher, Laura Kremeike, Michaela Henze, Luba Claus, Eike Rackwitz

Eintrittspreis: 15,00 Euro
Ermäßigt: 10,00 Euro (Schüler, Studenten, Schwerbehinderte)

Kartenreservierung bzw. -verkauf:
Theater Mandroschke (Telefon: 0345 2084173),
schillerBühne halle e. V. (Telefon: 0345 3880474),

TIM Ticket Galeria Kaufhof (Telefon: 0345 5655050)

Theater- und Konzertkasse (Telefon: 0345 5110777)
und an der Abendkasse