Erleichterungen für Gründer bei der Krankenkasse

Erleichterungen für Gründer bei der Krankenkasse
von 24. Februar 2019

Regelungen von Technokraten gemacht

Die bisherigen Regelungen waren äußerst technokratisch und gingen völlig an der Realität vieler Gründer vorbei. Beispiel AOK: Bisher wurde bei Selbständigen für die freiwillige Krankenversicherung ein Mindesteinkommen von 2.284 € für die Berechnung des monatlichen Beitrags unterstellt. Die normale Bemessung basiert auf einem für viele Gründer utopischen Einkommen von 4.425 € monatlich. So eine Summe ist trotz motiviertem Einsatz für viele Gründer am Anfang überhaupt nicht drin.

Erschwerend kommt hinzu, dass von den Selbständigen auch noch ein Teil der sonst üblichen Arbeitgeberbeiträge übernommen werden sollen. Der Beitrag kommt so für die Krankenversicherung und Pflege zusammengerechnet auf mindestens 422 € monatlich. Das ist selbst mit gutem Willen für die meisten kaum zu stemmen. Die Folge: Über 6 Milliarden Außenstände bei den Krankenkassen allein aus wegen des abstrusen und völlig unflexiblen Berechnungsmodells. Noch schlimmer sind die persönlichen Folgen für Selbständige, die mit Mahnbescheiden, schlechten Schufa-Scorings und mit Inkassofirmen wegen des Dilemmas zu kämpfen haben.

Wer eine Förderung bekommt oder Hartz 4 beantragt hat es besser

Nur wer einen Zuschuss von der Agentur für Arbeit erhält hat es etwas besser. Für die Monate der Förderung dem werden bislang geringere Mindesteinnahmen von 1.522 € bei der Berechnung unterstellt.

Das Gleiche wird unterstellt wenn der Selbständige zur Aufstockung Hartz 4 beantragt. Dann wird aber auch das Einkommen von Partnern oder Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft herangezogen. Ein Unding eigentlich. Warum das im Vergleich zu anderen, die keine Förderung beantragen so sein soll, kann keiner so richtig erklären.

Bei Vorliegen der ersten Steuerklärung kommt es dann, abhängig vom Gewinn zu einer Nachzahlung oder Rückerstattung. Das Ganze hängt aber auch noch vom Privatvermögen des Selbständigen oder Partners ab. Solche im Grunde genommen willkürlich festgelegten Einkommens-Levels für die Berechnung zeigen nur, dass das Berechnungssystem von Leuten gemacht wurde, die Kraft ihrer sicheren Einkommen keine Ahnung vom Leben der Selbständigen haben. Selbst viele alteingesessene Handwerksmeister und potentielle Börsenkandidaten kriegen angesichts ihrer Verantwortung für das Personal und die jeden Monat zu überweisenden Beiträge an die Sozialversicherungen das große Stirnrunzeln. Trotz objektiv guter Auftragslage zurzeit sind solche Einkommen nicht einmal in diesen Bereichen sicher. Viele professionelle Sportwetter sind auch weit entfernt davon. Wer einen Geheimtipp für einen zukünftigen unter den Gründern hat, kann sich schon mal den passenden Rechner suchen.

Was sich nun ändern soll

Die geplanten Änderungen sollen für Selbständige mit geringem Einkommen erhebliche Erleichterungen bringen. Von etwa 210 € Mindestbeitrag ist die Rede. Das bedeutet ein anrechenbares Mindesteinkommen von 1.150 € monatlich. Das wäre ein wichtiger Schritt um das bisherige System an die Realität heranzubringen. Selbst die Krankenkassen begrüßen das Vorhaben. Sie ersparen sich dadurch wahrscheinlich ganze Abteilungen, die bislang die Mahnverfahren betreuen und müssen diesbezüglich weniger Fehlbeträge ausweisen. Kritik kommt allerdings von den Unternehmerverbänden. Ihrer Meinung nach zahlen junge Gründer mit Ideen und Engagement, die eigentlich jeden Cent für ihr Equipment brauchen, immer noch mehr als Arbeitnehmer mit geringen Einkommen. Ein Argument, das nicht von der Hand zu weisen ist. Allerdings dürften sie sich in der derzeitigen Gemengelage kaum durchsetzen können.