in der vergangenen Woche wurde der Bürgerstiftung Halle bereits zum sechsten Mal in Folge das Gütesiegel des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen verliehen. Das Gütesiegel zeigt an, dass wir in unserer Arbeit die 10 Merkmalen einer Bürgerstiftung befolgen. In einer Vielzahl an Projekten bringen wir Menschen in Halle zusammen, die aus guten Ideen Taten machen.
Am kommenden Mittwoch wird europa- und bundesweit der Tag der Stiftungen begangen, um für die Idee des Stiftens zu werben. Natürlich ist auch die Bürgerstiftung Halle mit verschiedenen Aktionen dabei:
1) Bildung im Vorübergehen: Dr. Agnes Gosche
Agnes Gosche studierte Kunstgeschichte und Sprachen und gehörte Ende des 19. Jahrhunderts zu den ersten Frauen, die ihr Studium mit einem Doktortitel abschließen konnten. Ihr Lebensinhalt lag in der Verbesserung der Ausbildung der Frauen. Sie war Direktorin der Städtischen Frauenschule und gründete den Hallischen Frauenbildungsverein, den ersten Volkskindergarten und die erste Kinderlesehalle in Halle. (Weitere Information zum Projekt und zur Person finden Sie im Anhang.)
Zeit: Mittwoch, 1. Oktober, 16 Uhr
Ort: Agnes-Gosche-Straße/Ecke Ellen-Weber-Straße
Es spricht Dr. Agnes Gosche (alias Claudia Jandt/Courage e. V.). Die Schilder wurden gespendet von Dipl.-Med. Kerstin und Dr. André Öhlmann und von Burkhard Taube.
2) Singen auf der Würfelwiese: Das letzte Mal in diesem Jahr
Eine schöne Singsaison liegt hinter uns zum 21. Mal treffen wir uns am 1. Oktober auf der Wiese um gemeinsam Volkslieder zu singen. In den vergangenen Wochen waren mehr als 100 Sänger vor Ort das Würfelwiesensingen ist aus den halleschen Sommermonaten nicht mehr wegzudenken.
Zeit: 1. Oktober, 17 bis 18 Uhr
Ort: Würfelwiese (Nähe AOK-Gebäude)
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Hintergrund zum Projekt Bildung im Vorübergehen:
Viele hallesche Straßen sind nach historischen Persönlichkeiten aus der Stadtgeschichte benannt,[nbsp]doch häufig wissen die Bürgerinnen und Bürger gar nicht, wer hier eigentlich geehrt wird. Deshalb[nbsp]stattet die Bürgerstiftung Halle im Rahmen des Projektes Bildung im Vorübergehen seit Juli 2008[nbsp]monatlich eine Straße mit zusätzlichen Informationsschildern aus, die Auskunft über die[nbsp]NamensgeberInnen der Straße geben. Die Initiatorin und Anstifterin des Projektes, Dr. Ingeborg[nbsp]von Lips, verbindet damit die Idee, Einwohnern und Besuchern der Stadt diese historischen[nbsp]Persönlichkeiten und ein Stück hallescher Stadtgeschichte näher zu bringen.
Das Vorhaben fand von Anfang an eine breite Resonanz in der halleschen Bevölkerung und weit[nbsp]darüber hinaus. Alle ursprünglich von der BÜRGER.STIFTUNG.HALLE vorgeschlagenen Straßen und[nbsp]etliche weitere fanden innerhalb kurzer Zeit ihre Schilderpaten. Dabei melden sich nicht nur[nbsp]Hallenserinnen und Hallenser, sondern auch Nachfahren, die z. T. selbst noch nie in Halle waren.[nbsp]Das Projekt wird durch die Bürgerstiftung Halle koordiniert und unterstützt durch den Grafiker Bernd[nbsp]Schmidt, den Fachbereich Kultur der Stadt Halle, das Straßen- und Tiefbauamt Halle, das hallesche[nbsp]Stadtarchiv sowie die Firma Horn Verkehrstechnik Halle.
Eine aktuelle Liste der bereits in Vorbereitung befindlichen Straßen ist unter[nbsp]http://www.buergerstiftung-halle.de/bildung-im-voruebergehen/ abrufbar.
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Agnes Gosche (1857-1928)
Am 26. August 1857 wurde Agnes Gosche als zweite von drei Töchtern des Orientalisten und[nbsp]Literaturwissenschaftlers Dr. Richard Gosche und seiner Frau Klara geb. Dieterici in Berlin geboren.[nbsp]1863 zog die Familie nach Halle, nachdem der Vater als Professor an die hiesige Universität berufen[nbsp]worden war. Ihre Schulausbildung erhielt sie durch privaten Unterricht bei der Hallenserin Luise Lene[nbsp]und später durch ihren Vater. 1875 bestand Agnes Gosche nach privater Vorbereitung das[nbsp]Lehrerinnenexamen. Zunächst nahm sie für den Sommer 1876 eine Erzieherinnenstellung in der[nbsp]französischen Schweiz an und war danach in Halle als Lehrerin tätig, u. a. an der städtischen[nbsp]Mittelschule. Aus Interesse für die höhere Mädchenbildung richtete sie Privatzirkel für schulpflichtige[nbsp]Kinder ein und gab jungen Mädchen nach dem schulpflichtigen Alter Privatstunden, vor allem in[nbsp]französischer Sprache, Kunst- und Literaturgeschichte.
Von 1885 bis 1896 unterrichtete sie am[nbsp]Seydlitzgymnasium (Heinrich-und-Thomas-Mann-Straße). Gleichzeitig studierte Agnes Gosche[nbsp]Kunstgeschichte, Französisch, Deutsch und Ästhetik in Paris (1881/82 zwei Semester und 1889 ein[nbsp]Semester), in Halle und Leipzig (1894-98). 1898 schloss sie ihr Studium in Zürich mit dem[nbsp]Doktorexamen im Hauptfach Kunstgeschichte ab. Der Titel ihrer Dissertation lautete: Simone[nbsp]Martini: ein Beitrag zur Geschichte der Sienesischen Malerei im XIV. Jahrhundert. Zurück in Halle[nbsp]nahm sie die Fortbildungskurse für die schulentlassenen Mädchen mit höherer Töchterschulbildung[nbsp]wieder auf und erweiterte die Ausbildung, indem sie weitere Lehrkräfte für die Ausbildung in[nbsp]Geschichte und Biologie hinzuzog. Im Wintersemester 1903 unterrichtete Agnes Gosche 70 bis 80[nbsp]Schülerinnen. Zusammen mit ihrer Schwester Lisbeth führte sie eine Mädchenpension in ihrem[nbsp]Hause in der Karlstraße 9 (heute Franz-Andres-Straße).
1900 gründete Agnes Gosche den Hallischen Frauenbildungsverein als Ableger des Allgemeinen[nbsp]Deutschen Frauenvereins und leitete diesen 28 Jahre. Zusätzlich vertrat sie viele Jahre den Hallischen[nbsp]Lehrerinnenverein als Vorstandsmitglied.[nbsp]
1904 übernahm Agnes Gosche die Leitung des von Dr. Henriette Goldschmidt gegründeten Lyzeums[nbsp]für Damen in Leipzig und unterrichtete dort Deutsch, Literatur, Kunstgeschichte und Pädagogik. Es[nbsp]war die erste Anstalt in Deutschland, welche die Ausbildung des Erzieherinnenberufs auf Fröbelscher[nbsp]Grundlage und die Allgemeinbildung nach der höheren Mädchenschule in einem Lehrplan verband.[nbsp]Auch ihre Mädchenpension nahmen die beiden Schwestern Gosche mit nach Leipzig. Einen Tag in der[nbsp]Woche kam sie nach Halle, um ihre Arbeit im Frauenbildungsverein fortzusetzen.
1911 nahm Agnes Gosche die Direktorenstelle der neu gegründeten Städtischen Frauenschule in Halle an und führte diese mit großem Erfolg bis zu ihrer Pensionierung 1923. Auf ihre Initiative hin war es hier Frauen erstmals möglich, Abschlüsse als Kindergärtnerin, Horterzieherin und Jugendleiterin zu machen. Im Jahre 1908, noch während ihrer Zeit in Leipzig gründete Agnes Gosche den ersten Volkskindergarten in Halle, 1912 folgte auf ihre Anregung die erste Kinderlesehalle. Agnes Gosche hielt zahlreiche Vorträge zu kunstwissenschaftlichen, pädagogischen und frauenpolitischen Themen. Neben ihrer Dissertation veröffentlichte sie 1904 den Aufsatz Mailand
in der Zeitschrift Berühmte Kunststätten, 1910 einen Abriss der Kunstgeschichte im Verlag des Waisenhauses und Artikel über Kunstgeschichte, Literatur und über die Frauenbewegung in verschiedenen Zeitschriften. Außerdem hat sie an MaÅNrchenbüchern mitgearbeitet. Nachdem in der Zeit der Weimarer Republik das Wahlrecht für Frauen eingeführt worden war, kandidierte Agnes Gosche bei den Wahlen zur Nationalversammlung 1919 für die Deutsche Demokratische Partei (DDP).
Anlässlich ihres 70. Geburtstages wurde Dr. Agnes Gosche am 26. Aug 1927 zur Ehrenvorsitzenden des Verbandes hallescher Frauenvereine. Sie starb am 14.3.1928 und wurde unter großer Anteilnahme der Öffentlichkeit auf dem Stadtgottesacker beigesetzt.
Antje Löhr-Dittrich