OK für Stadionbau nach Ausschuss-Marathon

von 23. April 2009

(ens) Mit halbstündiger Verspätung begann am Mittwochabend um 18 Uhr im Stadthaus am Markt in Halle (Saale) die gemeinsame Sitzung von Sport-, Planungs-, Umwelt, Vergabe-, Finanz- und Hauptausschuss. Auf der Tagesordnung der Mammutsitzung stand der geplante Stadionbau im Sportlerdreieck. Am Ende stimmten alle Ausschüsse mehrheitlich dem Bau eines neuen, 15.000 Zuschauer fassenden Stadions zu. Die neue Arena wird über keinen Leichathletikbereich mehr verfügen und ermöglicht es dadurch, die Tribünen näher an das Spielfeld heranzurücken. Aus Lärmschutzgründen wird das neue Stadion komplett überdacht, die Flutlichtanlage in die Überdachung integriert.

Als ein Knackpunkt erwiesen sich noch die Kosten von rund 20,8 Mio Euro (Netto: 17.4 Mio Euro). Hans-Dieter Wöllenweber (FDP) erkundigte sich deshalb, ob die Stadt tatsächlich wie vorgesehen einen Vorsteuerabzug geltend machen kann. Laut Jens Rauschenbach, der für die Stadt das Projekt beratend begleitet, hätten drei Steuerberater an einem 50seitigen steuerlichen Gutachten gearbeitet, dass die Abzugsfähigkeit bestätigt. Daneben habe es Vorgespräche mit dem Finanzamt gegeben. Auch Steuerunterlagen des HFC wurden gesichtet. “Der Abzug ist möglich und abgesichert”, so Rauschenbach. Die Skepsis aller Räte konnte er damit nicht vertreiben. Tom Wolter (Mitbürger), Sabine Wolff (Neues Forum) und mehrere Räte der Linken wollten deshalb im Grundsatzbeschluss die ihrer Meinung nach reellen Zahlen aufgelistet haben. Nach Angaben der Stadtverwaltung sind die im ursprünglichen Grundsatzbeschluss gefassten 17,5 Mio Euro Gesamtkosten weiterhin gültig, weil man nach Abzug der Steuer wieder auf diesen Betrag komme.

Rudenz Schramm forderte die Verwaltung auf, vom Finanzamt verbindliche Aussagen zum Vorsteuerabzug einzuholen. Deutliche Worte fand vor allem Uwe-Volkmar Köck (Linke), der sich von der Verwaltung getäuscht sah. “Wir haben 17,5 Mio Euro als Maximum abgestimmt. Sonst hätten Sie keinen Beschluss bekommen”, richtete er seine Worte an die Verwaltung. Diese solle die wahren Kosten vorlegen und das Projekt “nicht künstlich billiger rechnen.”

Aus Kostengründen schlug Hendrik Lange die Realisierung einer abgespeckteren Stadionversion von 10.000 Zuschauern ohne Vorbereitung auf 15.000 vor. Diese Variante würde 17,4 Mio Euro kosten, netto 14,6 Mio Euro. Damit bleibe man auch näher am eigentlichen Beschluss dran, er zunächst ohnehin ein Stadion von 10.000 Zuschauern vorsah. Mit dem gesparten Geld will Lange die Eissporthalle sanieren. “Wir müssen aufpassen, dass uns die Eissporthalle nicht hinten runterfallt”, so Lange.Martin Bauersfeld (CDU) favorisierte ebenfalls eine kleinere Variante. So solle die Stadt das Stadion mit 10.000 Zuschauern bauen und Voraussetzungen für einen Ausbau auf 15.000 Plätze schaffen. Vor Baudezernent Pohlack keine gute Idee, müsste doch in diesem Fall für eine Erweiterung das Stadion später noch einmal gesperrt werden.

Dass sich die Diskussion immer mehr in Grundsatzfragen verstrickte, verärgerte manch anderen Stadtrat. “Wir müssen noch in dieser Legislaturperiode Beschlüsse fassen”, argumentierte Frank Sänger (CDU). Alle vorgebrachten Nachfragen seien auf Zeitverzögerung ausgelegt. Sein Fraktionskollege Milad El-Khalil verlangte gar Schmerzensgeld für solche Sitzungen. “Das muss doch irgendwann mal verstanden werden. Ich hab alles schon sechsmal gehört.” Die Verwaltung habe hervorragende Arbeit gemacht, erklärte El Khalil. Die Stadt dürfe sich nicht wieder solche Krücken wie Händelhalle und Brandbergehalle leisten. “Wir müssen zu Potte kommen und nicht das Haar in der Suppe suchen.” Auch Dr. Mohamed Youssif (Linke) war mit dem Verhalten einiger seiner Parteigenossen nicht einverstanden. Er forderte einen Abrruch der Debatte und Abstimmung. Kurz darauf zog er – um die Diskussion nicht noch weiter in die Länge zu ziehen – den Antrag wieder zurück. Die Stadtspitze konnte sich zunächst nicht ganz einigen, wie man mit dem Antrag in den sechs Ausschüssen umgehen soll. Und auch den Gästen im Publikum wurde es zu bunt, Begriffe wie “Kasperletheater” vielen.

Am Ende aber hörte man im Publikumssaal die Erleichterung, mit deutlicher Mehrheit wurde dem Realisierungskonzept zugestimmt. Vor allem von Helga Noffke. Die Rentnerin ist großer HFC-Fans und setzt sich bereits seit langem für den Ausbau ein. Die vorletzte Hürde ist damit genommen. Eine Zustimmung im Stadtrat gilt als sicher. Ein OK gab es auch für den Bebauungsplan. Ein Änderungsantrag der Linken, wonach die Bürgerbeteiligung vorgezogen werden sollte, fand keine Mehrheit.

Die Abstimmungsergebnisse:
Planungsausschuss: 5 Ja, 2 Enthaltungen (Linke), 1 Nein (Grüne)
Ordnungsausschuss: 5 Ja, 1 Enthaltung (Linke), 1 Nein (Grüne)
Vergabeausschuss: 7 Ja, 1 Enthaltung (Linke)
Sportausschuss: 9 Ja
Finanzausschuss: 3 Ja, 3 Enthaltungen (Linke)