Streit um die Braunkohle

von 27. Februar 2012

Diskutiert werden sollten hierbei Strategien für eine zukunftsorientierte Nutzung der Braunkohle. Anlässlich des Treffens mit EU-Kommissar Oettinger haben die Länder Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt eine gemeinsame Erklärung zur Bedeutung der Braunkohle für eine nachhaltige Energie- und Grundstoffversorgung in Deutschland abgegeben.Der sachsen-anhaltische Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff erklärte: „Die Versorgungsengpässe, die es in diesem Winter bei der Gasversorgung gab, zeigen, wie wertvoll unsere heimische Braunkohle ist. Ein Schatz ist sie aber auch für die chemische Industrie. Ihre stoffliche Nutzung dort hat beste Perspektiven.“ Dies sei zudem ein Weg, um die Abhängigkeit von Öl- und Gasimporten zu mindern. Man bitte daher die EU um Unterstützung bei der Einbindung in europäische Forschungsvorhaben. In der Erklärung wird gefordert, das vom Bund geförderte Projekt „Innovative Braunkohlenintegration in Mitteldeutschland – ibi“ zu einer Forschungsinitiative auf europäischer Ebene weiterzuentwickeln. Die drei Länder verweisen darauf, dass die Braunkohle in Deutschland derzeit einen Anteil von rund 50% an der Grundlaststromerzeugung trage. Ihre Nutzung als Brückentechnologie wird als Voraussetzung für eine erfolgreiche Energiewende gesehen. Der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich betonte: “Sachsen verfolgt eine langfristig angelegte, kontinuierliche und verlässliche Energiepolitik. Wir werden damit der Verantwortung gerecht, die eine moderne Industriegesellschaft in Bezug auf die Stabilität und Qualität der Energieversorgung erfordert. Je vielfältiger der Energieträgermix der Zukunft ist, desto sicherer ist die Versorgung für private Haushalte aber auch der Industrie. Braunkohle ist – neben den erneuerbaren Energien – in Sachsen der einzige in umfangreichen Mengen zur Verfügung stehende heimische Energieträger. Für die sichere und bezahlbare Energieversorgung ist die weitere Braunkohlenutzung in Sachsen mittel- bis langfristig unverzichtbar. Die Braunkohle ist der Partner der Erneuerbaren Energien.”Dazu erklärte Katrin Budde, Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion und SPD-Landesvorsitzende: „Die gemeinsame Erklärung stellt die große industrie- und energiepolitische Bedeutung der Braunkohle nicht nur für Sachsen-Anhalt, sondern für die gesamte Bundesrepublik heraus. Braunkohle ist zurzeit ein wichtiger heimischer Energieträger, auf deren auf ihre Nutzung zur Energiegewinnung auf absehbare Zeit nicht verzichtet werden kann. Sie stellt im Energiemix des Landes einen Übergang in das Zeitalter der erneuerbaren Energien dar. Unabhängig davon ist der einheimische Rohstoff Braunkohle langfristig zu wertvoll, um in Kraftwerken verbrannt zu werden. Deshalb unterstützen wir die Forschung und Entwicklung zu ihrer modernen stofflichen Verwertung in der chemischen Industrie.“„Das Kerngeschäft der MIBRAG ist Braunkohle abzubauen und zu verkaufen. Den weitaus größten Anteil dieser Braunkohle wird die MIBRAG auch in Zukunft verstromen. Die angebliche Fokussierung der Veranstaltung auf die stoffliche Verwertung der Braunkohle erscheint mir daher höchst zweifelhaft“, erklärte die energiepolitische Sprecherin der  Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Landtag von Sachsen-Anhalt, Dorothea Frederking. Eben diese Verstromung von Braunkohle müsse gestoppt werden, meint die bündnisgrüne Politikerin Frederking und lehnt deshalb ein weiteres Braunkohlekraftwerk zur Verstromung in Profen ab. „Erstens jagt ein zusätzliches Braunkohlekraftwerk die CO2-Emissionsbilanz Sachsen-Anhalts extrem in die Höhe. Zweitens verlieren erneut Menschen durch den neuen Tagebau ihre Heimat. Bereits 26.200 Sachsen-Anhalterinnen und  Sachsen-Anhalter mussten in den vergangenen Jahrzehnten dem Braunkohlebergbau weichen.“ Außerdem eigneten sich der Braunkohleabbau sowie die Braunkohleverstromung nicht für die Schaffung von Arbeitsplätzen, warnt Frederking. „Die energetische Braunkohlenutzung in Sachsen-Anhalt beschäftigt nur noch rund 1400 Menschen. Im Gegensatz dazu gibt es 20.000 zukunftsweisende Arbeitsplätze in der Sparte der erneuerbaren Energien.“ Sachsen-Anhalt produziere bereits seit 2006 stark wachsende Stromüberschüsse; dafür verantwortlich sei der Ausbau der erneuerbaren Energien. Frederking: „Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Gesamtstromerzeugung in Sachsen-Anhalt lag 2010 bereits bei 36,6 Prozent. Die Braunkohleverstromung leistet einen deutlichen geringeren und immer weiter schrumpfenden Anteil.“”Für eine nachhaltige Energie- und Grundstoffversorgung ist die deutsche Braunkohle unverzichtbar”, erklärte der stellvertretende Vorsitzende der IG BCE, Ulrich Freese, auf dem Braunkohlegipfel in Leuna. Die gemeinsame Erklärung der Länder Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt zur Bedeutung der Braunkohle werde von der IG BCE, so Freese, “voll und ganz mitgetragen: Sie entspricht den wichtigsten Positionen unserer Gewerkschaft”. Nach Einschätzung der IG BCE wird die Stromerzeugung aus Braunkohle für die nächsten Jahrzehnte dringend benötigt – als eine Brücke in die Zukunft der erneuerbaren Energien. Die Bundesregierung strebt mit der Energiewende einen Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung bis 2050 von 80 Prozent an. Braunkohle, Steinkohle und Gas werden auch nach 2050 die deutsche Stromversorgung sichern müssen. Deswegen, so Ulrich Freese, “begrüßt und unterstützt die IG BCE die Initiativen für neue, effizientere Braunkohlekraftwerke in Profen, Sachsen-Anhalt, Jänschwalde, Sachen, und im rheinischen Revier. Sie werden dringen benötigt, um die Energiewende abzusichern.” Gerade wegen der langfristig notwendigen Nutzung von Braunkohle bleibt zudem CCS nach den Worten des stellvertretenden IG-BCE-Vorsitzenden “unverzichtbar, um die CO2-Emissionen zu verringern. Deutschland dürfe die CCS-Richtlinie der EU nicht länger ignorieren, die seit Juni 2011 in die nationale Gesetzgebung überführt sein müsste. Die IG BCE fordert einen Neustart in der CCS-Gesetzgebung auf Basis des Jahres 2009. Damals hatten sich SPD und CDU auf einen sinnvollen Gesetzestext geeinigt. Die IG BCE, so Freese, “unterstützt zudem die stoffliche Nutzung von Braunkohle. Sie muss weiter erforscht und ausgebaut werden, auch für eine zukunftssichere Rohstoffversorgung der chemischen Industrie.”Der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion in Sachsen-Anhalt, André Schröder, hat die weitere Nutzung der Braunkohle zur stofflichen und energetischen Verwertung gefordert.  Die Vorsitzenden der CDU-Fraktionen der mitteldeutschen Länder haben eine gemeinsam abgestimmte Strategie zur Zukunftsfähigkeit der Braunkohle erarbeitet. Diese flankiert den am Montag stattfindenden Kohlegipfel.  „Der Wirtschaftsstandort Mitteldeutschland braucht eine preisstabile, verlässliche und unabhängige Stromversorgung. Der Braunkohle fällt dabei eine zentrale Rolle zu, als Brückentechnologie für die unstetigen regenerativen Energiearten und zur Sicherstellung der allgemeinen Grundlastfähigkeit. Darüber hinaus werden wir die Kosten der Energiewende nur dann erträglich gestalten können, wenn wir auch in den nächsten Jahren auf einen Energiemix setzen, der auch die heimische und subventionsfreie Braunkohle einbezieht“, so Schröder.  Nach dem Ausstieg aus der Atomenergie müssen deutschlandweit knapp 20 Prozent grundlastfähiger Stromversorgung ersetzt werden. Infolge weltweiter Krisen und Konflikte werde es für einen Industriestandort wie Deutschland zunehmend wichtiger, eine Energieerzeugung auch unabhängig von Öl- und Gaslieferungen aufrecht zu erhalten. Sachsen-Anhalt könne mit seinen modernen Kraftwerken und Abbauverfahren in den kommenden Jahrzehnten einen wichtigen Beitrag zur Grundlastsicherung der deutschen Energieversorgung leisten. Die CDU-Fraktion unterstütze auch aus diesem Grund den Neubau eines Kohlekraftwerkes im Süden des Landes. Gleichzeitig fordert sie von der EU-Ebene langfristig verlässliche Rahmenbedingungen. Es dürfe nicht dazu kommen, dass durch eine unvorhergesehene Verschärfung der Rahmenbedingungen für den Klima- und Umweltschutz Kraftwerke in die Unrentabilität abrutschten. Dies würde die Energieversorgung gefährden und sich negativ auf die Strompreise auswirken. Die CDU-Fraktion fordere daher ein langfristiges Klima- und Umweltschutzmoratorium, das über das Jahr 2030 hinausgehe.  „Wir betrachten es als zentrale politische Herausforderung, die Akzeptanz für die Energiewende durch eine sozialverträgliche und wettbewerbsfähige Preisentwicklung zu stärken. Angesichts einer rasanten Entwicklung regenerativer Energien und auch angesichts immenser Kosten für die künftigen Netzausbauten wird die Braunkohle zu einem entscheidenden Kostenfaktor“, so Schröder. Darüber hinaus komme der Braunkohle eine zunehmende Bedeutung als Rohstoff zu. Es gilt die Möglichkeiten der Braunkohle für die Industrie weiterzuentwickeln und neue Wertschöpfungsketten zu erschließen. Die CDU-Fraktion begrüßt daher die Initiativen des Landes im Hinblick auf das Verbundvorhaben „Innovative-Braunkohlenintegration in Mitteldeutschland“ (ibi).