Zwei Jahre nichts Neues von den Protonen

von 8. Dezember 2015

Nun gab es diese Absichtserklärung und viel bunt bedrucktes Papier vom Mitteldeutschen Protonentherapie Center (MPC). Seither, so hieß es, wurden Investoren gesucht, Planung ausgearbeitet und Partner organisiert. Mal war von osteuropäischen Investoren die Rede, dann von Kontakten in die USA und nach England, schließlich von Hongkong. Die Investitionssumme 200 Millionen Euro war im Umlauf. Sicher war: Viel Geld würde gebraucht und über viel Geld redet man nicht. Investoren sind sensibel, lautete mehrfach die Begründung für den Informationsnebel. Und: Solche Großprojekte brauchen Zeit.

Mehrfach wurde der avisierte Baustart verschoben und schließlich kein Termin mehr genannt. Auf Nachfrage hieß es stets: Die Anlage kommt. 2014 sollte das MPC stehen, hatte das Amtsblatt der Stadt Halle (Saale) am 20. Juli 2011 auf der Titelseite berichtet, nachdem Halles Stadtrat einem entsprechenden Bebauungsplan zugestimmt hatte. Die Jahre 2012 bis 2015 sind inzwischen verstrichen, doch bisher gab es nicht einmal den berühmten ersten Spatenstich. Gleichwohl ist einiges passiert: Eine Internetseite wurde angelegt und ein Grundstück in Heide-Süd gekauft. Doch das Saale-Hochwasser vom Juni 2013 hat offenbar neue Planungen erfordert, nachdem das Gelände schon zuvor wegen der Grundwassersituation kritisch beäugt worden war. Zwischenzeitlich besuchten Schenk und sein Projektpartner Peter Dehn Pilotanlagen und Therapiezentren in Deutschland, darunter das Westdeutsche Protonentherapiezentrum Essen (WPE), und in den USA und kontaktieren die zwei großen Hersteller IBA-Group (Belgien) und Varian Medical Systems (USA). Außerdem holten sie über einen eigens gegründeten Trägerverein deutschlandweit acht kirchliche Krankenhäuser – darunter in Halle, Dresden, Berlin und Kiel – ins Boot und vereinbarten mit ihnen die Überweisung Tausender Krebspatienten an das MPC Halle. Im Herbst 2013 hieß es, dass das künftige Personal vor der Eröffnung des Centers in Philadelphia (USA) geschult würde. Im Dezember des selben Jahres wurde eine Forschungskooperation mit dem ifu Institut Halle unterzeichnet. Seitdem ist es ruhig in der Newsspalte auf mpc-halle.de, der Internetseite des Bauvorhabens.

In Deutschland geht es schon seit Jahren schleppend voran mit dem Einsatz der Protonen, mit denen Krebszellen punktgenau zerstört werden sollen, ohne dass das gesunde Gewebe auf dem Weg zwischen Strahler und Krebsgeschwür in Mitleidenschaft gezogen wird. Lobbyisten der klassischen Strahlentherapie arbeiteten dagegen und einige Krankenkassen äußerten Bedenken. Außerdem ist seit der Bankenkrise 2008 und den Kapitalvorschriften von Basel II die Finanzierung von derart hochpreisigen, risikobehafteten Investitionen offenbar schwieriger geworden. Jedenfalls hieß es im Second Annual Report des Rinecker Proton Therapy Centers (RPTC) in München zu den Plänen für das jahr 2011: „The banks had joined the ranks of skeptics for a long time. Numerous proton projects in various German states, introduced at the time the Munich RPTC was being built, fell victim to the financing complications from Basel 2 and later the financial crisis of 2007/2008. Even the second resurgent wave of current attempts (Halle, Dresden, Berlin, Aachen and others) appear in many places to be far from financially secured.” Der Stand Ende 2015 ist: Die einzige ostdeutsche Protonentherapie-Anlage außerhalb von Berlin steht am Uniklinikum in Dresden. Allerdings sind dort von der ersten Projektskizze bis zur Grundsteinlegung rund zehn Jahre vergangen. Vom Baustart bis zur regulären Patientenversorgung vergingen weitere 21 Monate.

Der Gesundheitsmarkt ist ein Milliardenmarkt, der hart umkämpft ist. So tobt auch in der Strahlentherapie ein Kampf zwischen den Vertretern der klassischen Strahlentherapie und neueren Behandlungskonzepten mit Protonen und Ionen. Während Protonentherapieanlagen auf dem Privatpatientenmarkt in den USA fest etabliert sind, geht es im deutschen Krankenkassensystem kaum voran mit neuen Behandlungsmethoden. In den USA ist die Protonenbehandlung von Prostatakrebs das Hauptgeschäft. Indes ist, allen Widrigkeiten zum Trotz die erste Anlage in Deutschland, die nicht zu Forschungszwecken und außerhalb von Universitäten erbaut wurde, das RPTC in München, seit mehr als 15 Jahren in Betrieb.

MPC-Projekt im Internet

http://mpc-halle.de

PROTON THERAPY OPERATING COMPANY – mpc-halle.de

Mit der Protonentherapie schaffen wir eine neue Qualität der Strahlentherapie.

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