Die Familie ist der größte Pflegedienst

Die Familie ist der größte Pflegedienst
von 6. Juli 2019

Rund um die Uhr einsatzbereit sein, sein eigenes Leben ein Stück weit hintenanstellen – pflegt man einen Angehörigen zuhause, kostet das viel Kraft und geht nicht selten an die Substanz. Dennoch sind es meist die Familien, die die Pflege der Angehörigen stemmen. „Die Familien sind der größte Pflegedienst in Deutschland, etwa zwei Drittel der Pflegebedürftigen werden zuhause gepflegt“, sagt Cornelia Schulz, die die Unternehmenseinheit Gesundheitsleistungen bei der AOK Sachsen-Anhalt leitet. Die Zahlen in Sachsen-Anhalt belegen dies: Hier gibt es etwa 100.000 Pflegebedürftige. 75.000 der Betroffenen sind bei der AOK versichert – 57.000 von ihnen werden von der Familie gepflegt.

Vor allem Frauen kümmern sich um die Belange der pflegebedürftigen Angehörigen und sehen sich damit einer herausfordernden Aufgabe gegenüber. Es drohen körperliche und seelische Überlastung, auch soziale Isolation ist ein Problem. Die Angehörigen sollten daher nicht nur auf den Pflegebedürftigen achten, sondern auch sich selbst nicht vergessen und sich hin und wieder Auszeiten gönnen. Leicht gesagt – doch wie soll das gehen? „Wir bieten den Angehörigen vielfältige Unterstützungsmöglichkeiten“, erläutert Cornelia Schulz.

„Die AOK Sachsen-Anhalt dient bei allen Fragen rund um die Pflege als Schnittstelle. Wir beraten und stehen Pflegebedürftigen sowie Angehörigen zur Seite. Dabei informieren wir über Leistungen und Möglichkeiten ebenso wie über Anbieter in der Region.“

Bild: Eine AOK-Pflegeberaterin berät bei einem Hausbesuch. Foto: Andreas Stedtler / AOK

Pflegeberater stehen mit Rat und Tat zur Seite

So stehen den Versicherten wie den Angehörigen allein in Sachsen-Anhalt über hundert speziell qualifizierte Pflegeberaterinnen und -berater zur Seite. In 44 AOK-Kundencentern – auch mal bei einem Hausbesuch – erfassen sie systematisch den Hilfebedarf, erstellen einen individuellen Versorgungsplan und helfen bei der Umsetzung. Wie beantragt man einen Pflegegrad? Wie wählt man einen passenden Pflegedienst aus? Sie haben für alle Fragen rund um die Pflege ein offenes Ohr und die passenden Tipps und Antworten parat. Auch telefonisch bekommen Betroffene Informationen frei Haus: Über die kostenlose Pflege-Hotline 0800 226 5725.

Seit 2010 haben die Pflegekassen und Kommunen in Sachsen-Anhalt ihre Pflegeberatung zudem flächendeckend vernetzt. Für Pflegebedürftige und Angehörige heißt das: Sie können sich auch an Beratungsstellen der Städte und Landkreise wenden und dort rund um die Pflege beraten lassen – unabhängig davon, bei welcher Krankenkasse sie versichert sind. Hier können auch Fragen geklärt werden, die in den Bereich der Kommune fallen, etwa hinsichtlich altersgerechter Wohnungen.

Pflegekurse bereiten auf die Herausforderung vor

Muss ein Angehöriger zuhause gepflegt werden, kommt dies meist überraschend. Was muss man für den täglichen Umgang mit dem Pflegebedürftigen wissen? Wie soll die Pflege durchgeführt werden, worauf muss man achten? Und welche Möglichkeiten gibt es, um selbst hin und wieder entlastet zu werden? Diese und ähnliche Fragen beantworten Experten in Pflegekursen, die für AOK-Versicherte und deren Angehörige kostenfrei sind. Dort erlernen sie auch hilfreiche Handgriffe. Darüber hinaus gibt es Schulungen, die speziell auf ein Thema zugeschnitten sind, etwa auf die Demenz.

Zeit für sich selbst: Urlaub und Hobbies

Hin und wieder braucht ein jeder Abstand vom Alltag, um sich zu erholen und neue Kraft zu schöpfen. Wer kümmert sich um den pflegebedürftigen Angehörigen, wenn die Pflegeperson selbst erkrankt oder wichtige Termine wahrnehmen muss? Dies lässt sich über die Verhinderungspflege regeln, die im häuslichen Umfeld stattfindet: Für sechs Wochen im Jahr übernimmt die Pflegekasse die Betreuung durch Verwandte oder einen Pflegedienst, insgesamt bis zu einem Betrag von 1.612 Euro. Kann die Pflege bei vorübergehendem Ausfall der Pflegeperson oder in anderen Krisensituationen nicht im häuslichen Bereich sichergestellt werden, fängt die Kurzzeitpflege dies auf. Dabei können die Pflegebedürftigen bis zu acht Wochen im Jahr in einer stationären Pflegeeinrichtung gepflegt werden. Die Pflegekasse übernimmt die Kosten für pflegebedingte Aufwendungen bis zu einem Betrag von 1.612 Euro.

Für eine kurze Verschnaufpause können auch die Betreuungs- und Entlastungsdienste sorgen: Deren Mitarbeiter gehen beispielsweise für einige Stunden mit dem Pflegebedürftigen spazieren oder lesen ihm vor – und entlasten den Pflegenden somit kurzzeitig. Zeit, um Sport zu treiben, sich mit Freunden zu treffen oder einfach einmal nichts zu tun. Die Kontakte vermitteln die Pflegeberater der AOK Sachsen-Anhalt.

Auch während der Arbeitszeit gut betreut

Vielfach gehen die Angehörigen, die die Pflege übernehmen, auch einer weiteren, beruflichen Tätigkeit nach. Damit sie ihren Verwandten in dieser Zeit in guten Händen wissen, können sie die Tages- oder Nachtpflege nutzen.

Sollte es zu einer Krisensituation kommen – muss die Familie etwa kurzfristig die Pflege organisieren – hilft das Pflegeunterstützungsgeld. Es kann pro Pflegebedürftigem einmalig für insgesamt zehn Tage gezahlt werden, lässt sich aber auch stückeln. Dabei zahlt die Pflegekasse des Pflegebedürftigen 90 bis 100 Prozent des Nettoarbeitsgeltes und übernimmt zudem die Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge.

Liegt der Grund für eine Krisensituation in der Beschaffenheit der Wohnung, hilft eine weitere Maßnahme: Die AOK fördert einen solchen Umbau mit bis zu 4.000 Euro, falls ein Pflegegrad vorliegt und der Umbau die häusliche Pflege erleichtert oder den Pflegenden entlastet.