„Sternensucher – Von der Himmelsscheibe bis zur Rosetta-Mission“

von 2. Oktober 2020

Sie nimmt ihren Anfang bei den Himmelsbeobachtungen der Vorgeschichte und endet bei der Weltraumforschung von heute. Dabei sind die Ausstellungsobjekte so unterschiedlich wie die Themen und reichen von der bronzezeitlichen Radnadel bis zur Raumsonde „Philae“. Die Sonderschau ist vom 3. Oktober 2020 bis 30. September 2021 zu sehen.

Wer die Sonderschau „Sternensucher – Von der Himmelsscheibe bis zur Rosetta Mission“ in der Arche Nebra betritt, taucht ein in ein eindrucksvolles kosmisches Panorama. Vor den unendlichen Weiten des Weltalls bilden ausgewählte Ausschnitte aus großformatigen Aufnahmen der NASA (National Aeronautics and Space Administration) die Ausgangspunkte für einige ausgewählte, besonders spannende Aspekte der mehr als 4000 Jahre andauernden Geschichte der Himmelsbeobachtung. Hinter jedem der fünf Himmelskörper verbergen sich verschiedene, teilweise überraschende astronomische Themen, die schlaglichtartig beleuchtet werden. Dabei lenkt die Zentralinstallation eines Sternenhimmels im Raum den Blick immer wieder nach oben. Auftakt für alle „Sternensucher“ ist jedoch bereits das Foyer der Arche Nebra: Hier können Besucherinnen und Besucher mittels einer Handy-App durch ein „virtuelles Teleskop“ den aktuellen Sternenhimmel über der Arche Nebra betrachten und werden so selbst zu „Sternensuchern“. An einem Infoterminal kann man sich zudem exemplarisch aktuelle Missionen der Europäischen Weltraumorganisation ESA (European Space Agency) und der NASA anzeigen lassen.

Sarg-des-Idi_Dialogsternuhr_Aegypt-Sammlung-Uni-Tuebingen_A-AhminSarg-des-Idi Dialogsternuhr Aegypt-Sammlung-Uni-Tuebingen – A-Ahmin

Priesterliche Rechenkünstler

In der Sonderschau geht es zunächst weit zurück in die Vergangenheit: Die Gelehrten der frühen Hochkulturen Ägyptens und Babyloniens verfügten bereits über außerordentliche mathematische und astronomische Kenntnisse. Sie waren dabei immer auch Priester – denn sie waren der Meinung, das Geschehen am Himmel habe direkten Einfluss auf die Lebenswelt der Menschen. Während aus Ägypten die mit den himmlischen Phänomenen verbundene Vorstellungswelt vor allem in Form von bildlichen Darstellungen im Rahmen des Totenkults bekannt ist, haben die Babylonier eine ganze Reihe astronomischerBerechnungs- und Beobachtungstexte auf Keilschrifttafeln hinterlassen. Diese wurden über Generationen hinweg immer wieder kopiert und weitergegeben.

Die Sonderschau zeigt zwei Beispiele solcher babylonischer Beobachtungstexte und klärt auch die Frage, was es mit den sogenannten „Sternuhren“ auf den Innenseiten ägyptischer Sargdeckel auf sich hat.

Himmelsglobus – Inst-Geschichte-der-Arab-Islam-Wiss

Weltbilder

Die Frage nach der Gestalt der Erde beschäftigte die Gelehrten im antiken Griechenland. Nachdem der Philosoph Aristoteles im 4. Jahrhundert v. Chr. festgestellt hatte, dass die Erde eine Kugel sein müsse, rätselte man, wie groß sie denn nun sei. Eine erstaunlich präzise Antwort darauf fand nur knapp hundert Jahre später Eratosthenes von Kyrene. Er berechnete den Umfang der Erde mithilfe zweier Sonnenuhren, die er an unterschiedlichen Standorten in Ägypten aufstellen ließ. Exemplarisch dafür ist in der Sonderschau die Nachbildung einer antiken Sonnenuhr zu sehen.

Doch nicht nur die Form der Erde stand im Fokus der Wissenschaft, sondern auch die Frage nach der Stellung des Planeten Erde im Universum. Über Jahrhunderte hinweg dominierte das geozentrische Weltbild des griechischen Gelehrten Claudius Ptolemäus. In diesem Weltbild dreht sich alles um die Erde, die im Mittelpunkt steht. Obwohl es erste Vorstöße in Richtung eines heliozentrischen Weltbildes bereits im antiken Griechenland gab, setzte sich die Erkenntnis, dass die Erde sich um die Sonne bewegt, zunächst nicht durch. Erst Nikolaus Kopernikus brachte die bis dahin feste Weltsicht ins Wanken.

Eine sogenannte Armillarsphäre verdeutlicht die Überlegungen der antiken Astronomen zum Aussehen des Universums. Das astronomische Gerät diente zur Veranschaulichung der Bewegungen von Himmelskörpern. Die Armillarsphäre, die in der Sonderschau zu sehen ist, wurde nach einer Beschreibung des Claudius Ptolemäus aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. vom Astrophysikalischen Institut und der Universitäts-Sternwarte der Friedrich-Schiller-Universität Jena mit modernen Mitteln nachgebaut.

Astrolabium Inst-Geschichte-der-Arab-Islam-Wiss

Islamische Einflüsse auf die Astronomie des europäischen Mittelalters

Wie groß der Einfluss des Islams auf die Astronomie war, lässt sich unter anderem daran erkennen, dass zahlreiche arabische Begriffe Eingang in den astronomischen Wortschatz gefunden haben. Neben Fachwörtern wie Zenit oder Azimut haben auch viele Sternennamen arabischen Ursprung, so z. B. Wega oder Beteigeuze.

Während im christlich geprägten mittelalterlichen Europa die Astronomie als abgeschlossenes Fach betrachtet wurde, das keiner weiteren Beobachtungen bedarf, bauten islamische Gelehrte auf den ihnen zur Verfügung stehenden antiken Texten auf. Sie übersetzen sie nicht nur ins Arabische, sondern verbesserten auch die darin beschriebenen Theorien.

Antike Instrumente wie der Himmelsglobus und das Astrolabium erfuhren entscheidende Weiterentwicklungen im arabisch-islamischen Raum. In derSonderschau sind zwei besonders eindrucksvolle Exemplare dieser Instrumente zu sehen: Zum einen handelt es sich dabei um den Nachbau eines Himmelsglobus nach Vorlagen des persischen Astronomen Abd ar-Rahman as-Sufi, der im 10. Jahrhundert lebte. Zum anderen ist die Replik eines beeindruckend prachtvollen Astrolabiums zu sehen, das im 17. Jahrhundert von Schah ?Abb?s II. von Persien in Auftrag gegeben wurde.

Meteorit-von-Mauerkirchen_A-GehlerMeteorit-von-Mauerkirchen_A-Gehler

Der erweiterte Blick ins All

Über Jahrtausende hinweg konnten die Menschen nur ohne vergrößernde Hilfsmittel ins All blicken. Einige entscheidende neue Erkenntnisse wurden daher erst mit der Erfindung der Teleskope zu Beginn des 17. Jahrhunderts möglich.

Grundsätzlich lassen sich dabei zwei Typen unterscheiden – das Linsenteleskop und das Spiegelteleskop. In der Sonderschau sind zwei Teleskope aus dem 18. Jahrhundert zu sehen: Zum einen ist dies ein seltenes Linsenteleskop des venezianischen Optikers Leonardo Semitecolo, der schon früh die Vorteile günstiger Massenproduktion erkannte. Dem gegenüber steht ein Spiegelteleskop des englischen Instrumentenbauers James Short, der auch Captain James Cook für seine Reisen ausgerüstet hat.

transit-of-venus- Katharine Loster Pixabay

Der Venustransit

Wohl kaum ein Naturereignis reicht in seiner Bedeutung für die Entwicklung der Naturwissenschaften an die Venustransite von 1761 und 1769 heran. Glanz und Elend wissenschaftlicher Forschung, geniale Ideen, tragische Schicksale und Captain James Cooks erste Weltumsegelung – all das verbindet sich mit der Geschichte des seltenen astronomischen Phänomens, bei dem der Planet Venus genau zwischen Erde und Sonne steht.

Der Aufruf zur Beobachtung der Venustransite von 1761 und 1769 löste das erste internationale Forschungsprojekt der Geschichte aus. Zahlreiche Wissenschaftler brachen unter zum Teil widrigsten Umständen in die entlegensten Gegenden der Welt auf. Für manchen bedeutete diese Reise den Beginn einer glänzenden Karriere. Andere schienen geradezu vom Pech verfolgt.

Die Sonderschau erklärt in einer Animation, was genau es mit dem Venustransit auf sich hat und wirft einen näheren Blick auf drei der Männer, die alles riskierten, um eine Frage zu klären: Wie weit ist die Sonne eigentlich von der Erde entfernt?

Philae Lander CGI Copyright-DLR

Die Rosetta-Mission

Am Ende macht die Sonderschau einen großen Sprung in die Gegenwart: Mit der Rosetta-Mission der ESA gelang es 2014 zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit, eine Raumsonde auf einem Kometen zu landen. Die Landeeinheit „Philae“ erreichte die Oberfläche des Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko am 12. November 2014. Die auf dem Kometen durchgeführten Messungen trugen entscheidend zum Verständnis der Entstehung des Sonnensystems bei.

Die Arche Nebra kann ein spektakuläres 1:1-Modell der Landeeinheit „Philae“ des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung zeigen. Das Max-Planck-Institut hatte für die Rosetta-Mission mehrere Messinstrumente konstruiert, die in „Philae“ zum Einsatz kamen.

Sonne – NASA-ESA

Partner und Leihgeber

Die Sonderschau ist in Kooperation dem Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt entstanden. Sie wird Korrespondenzstandort der Landesausstellung „Die Welt der Himmelsscheibe von Nebra – Neue Horizonte“ sein, die ab 4. Juni 2021 im Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle (Saale) gezeigt wird.

Unter den Leihgebern der insgesamt 21 Exponate, davon 12 Originale, sind neben dem Landesmuseum für Vorgeschichte das Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen, das Geowissenschaftliche Zentrum der Universität Göttingen, das Deutsche Optische Museum in Jena, das Ägyptische Museum – Georg Steindorff – der Universität Leipzig, das Institut für Altertumswissenschaften – Arbeitsbereich Altorientalische Philologie – der Universität Mainz, das Institut für Geschichte der Arabisch-Islamischen Wissenschaften in Frankfurt (Main), das Deutsche Uhrenmuseum in Furtwangen sowie das Astrophysikalische Institut und die Universitäts-Sternwarte der Universität Jena.

Finanziert wurde die Sonderschau durch den Förderverein Arche Nebra e. V. mit großzügiger Unterstützung des Landes Sachsen-Anhalt.

Begleitprogramm und buchbare Angebote

Ein umfangreiches Begleitprogramm mit Vorträgen, Themenabenden, Aktionen für Kinder u. v. m. ergänzt die Schau. Den Anfang macht ein Themenabend am Sonnabend, 17. Oktober 2020. Mechthild Meinike vom Planetarium Merseburg referiert zur zunehmenden Lichtverschmutzung und zum Weltraumrecht: Wem gehört der Himmel? Und ist es eigentlich jedem erlaubt, Satelliten in den Weltraum zu schicken? Anschließend gibt es eine Live-Planetariumsshow, die den Planetenreigen am herbstlichen Himmel präsentiert. In den Herbstferien folgt das Ferienprogramm „Sternensucher“ mit fünf kurzweiligen Astronomie-Workshops zum Mitdenken und Mitmachen für Kinder ab 10 Jahren. Informationen zu allen weiteren Veranstaltungen bis 30. September 2021 sowie zu buchbaren Führungen für Erwachsene und Kinder sind unter www.himmelsscheibe-erleben.de zu finden.

Informationen und Anmeldung unter T: 034461-25520 oder info@himmelsscheibeerleben.de.

„Sternensucher – Von der Himmelsscheibe bis zur Rosetta-Mission“ Sonderschau in der Arche Nebra (3.10.2020–30.9.2021)