Zur Kündigung von langlaufenden, hochverzinsten Sparverträgen – Zu teuer für die Sparkassen

von 18. Januar 2017

Besonderheit der sogenannten “S-Prämiensparen flexibel” – Sparverträge ist, dass der Sparer in den Anfangsjahren geringe Zinsen und wenn überhaupt nur einen kleinen Bonus bekam, demjenigen, der aber treu viele Jahre spart, wurde beispielsweise ab dem 15. Sparjahr eine jährliche Prämie in Höhe von 50 Prozent der im Jahr monatlich eingezahlten Sparbeiträge versprochen.

Dementsprechend wurden diese Sparverträge insbesondere zur Altersvorsorge beworben und abgeschlossen.

Die Kreissparkassen möchten sich nun schnell der gut verzinsten Verträge entledigen. Als Begründung für die Kündigungen führen sie die andauernde Niedrigzinsphase an.

Aus Sicht der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt e.V. ist es nicht rechtmäßig, wenn die Kreissparkassen das Vertrauen ihrer langjährigen Kunden missbrauchen und sie so einfach aus deren langfristigen Sparverträgen herauskündigen, nur weil diese den Geldinstituten zu teuer geworden sind. Zumal die Sparkassen den gesetzlichen Auftrag haben, das Sparen und die allgemeine Vermögensvorsorge zu fördern.

Die Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt e.V. hat deshalb die Kreissparkasse Anhalt-Bitterfeld verklagt, nachdem diese Ende 2015 nach eigenen Angaben rund 2.200 solcher Sparverträge gekündigt hatte. Das Landgericht Dessau-Roßlau hat die Klage Ende des vergangenen Jahres mit der Begründung abgewiesen, die Verbraucherzentrale könne die ausgesprochenen Kündigungen nicht gerichtlich mit ihren gesetzlichen Ansprüchen aus dem Wettbewerbsrecht überprüfen lassen, das müsse vielmehr jeder einzelne Kunde selbst tun. Damit hat das Landgericht jedoch keine Aussage darüber getroffen, ob die von der Kreissparkasse Anhalt-Bitterfeld ausgesprochenen Kündigungen wirksam oder unwirksam sind.

Die Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt e.V. kämpft weiter für die Sparer und hat nunmehr beim Oberlandesgericht Naumburg Berufung gegen das Urteil des Landgericht Dessau-Roßlau erhoben (Az: 9 U 90/16), um zu versuchen, mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln für die Verbraucher die Frage gerichtlich zu klären, ob solche hochverzinsten Sparverträge von den Sparkassen gekündigt werden dürfen.

Auch wenn die Verbraucherzentrale im ersten Schritt unterlag, bewirkt das Engagement der Verbraucherschützer bereits positive Effekte für die Sparer mit Prämiensparverträgen.

Denn auch andere Sparkassen und Kreditinstitute haben bundesweit solche Prämienspar-Modelle vertrieben und wollen sich ebenso möglichst schnell von diesen Verträgen trennen. Sie warten aber offensichtlich erst den Ausgang des von der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt e.V. geführten “Präzedenzverfahrens” ab oder folgen – wie aktuell die Kreissparkasse Stendal – sogar weitgehend der juristischen Argumentation der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt e.V. im Klageverfahren gegen die Kreissparkasse Anhalt-Bitterfeld.

Die Kreissparkasse Stendal hat seit Anfang Dezember 2016 nach Pressestimmen ebenfalls ca. 2.200 “S-Prämiensparen flexibel” – Verträge gekündigt. Eine Vielzahl der betroffenen Sparer beschwerte sich hierüber bei der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt e.V. und suchte bei ihr Rat. In den der Verbraucherzentrale bekannten Fällen hat die Kreissparkasse Stendal erst nach Erreichen der höchsten Prämienstufe bzw. nach einer Laufzeit von 15 Jahren und 3 Monaten gekündigt.

Die Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt e.V. geht aber nach Prüfung der ihr vorgelegten Vertragsunterlagen und der Werbeprospekte davon aus, dass den Sparern mit diesem Anlageprodukt eine Verzinsung mit Bonuszinsen über eine Laufzeit von bis zu 25 Jahren garantiert wurde.

Betroffene Sparer sollten deshalb die Kündigung ihres “S-Prämiensparen flexibel” Sparvertrages nicht einfach akzeptieren und sich dagegen wehren. Die Verbraucherschützer raten dazu, der Kündigung solcher Verträge durch die Kreissparkasse Stendal zu widersprechen und die Fortführung des “S-Prämiensparen flexibel” Sparvertrages entsprechend der vereinbarten Bedingungen zu fordern.

Wichtig ist dazu ein schriftlicher Widerspruch (per Einwurf-Einschreiben) gegen die Kündigung. Auch bei einem persönlichen Gespräch im Geldinstitut sollte der Sparer hartnäckig bleiben, sein Sparbuch keinesfalls aus der Hand geben und nach Möglichkeit seine monatlichen Sparraten weiter einzahlen. Vermeintlich bessere Alternativangebote sollten genau geprüft werden.

Im Zweifel ist betroffenen Verbrauchern zu empfehlen, sich unabhängig bei der Verbraucherzentrale beraten zu lassen oder sich an einen auf das Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierten Rechtsanwalt zu wenden.