SPD beschließt Resolution „Für ein weltoffenes Deutschland, für ein solidarisches Europa“

von 19. September 2015

Für ein weltoffenes Deutschland, für ein solidarisches Europa

  1. Deutschland hat am Wochenende 5./6. September 2015 in einem einmaligen humanitären Akt Zehntausende von Flüchtlingen, insbesondere aus Syrien, unbürokratisch aufgenommen. Die SPD Sachsen-Anhalt begrüßt ausdrücklich diese Entscheidung der Bundesregierung, die auch ein klares Signal gegen die menschenfeindliche Haltung und die Schikanen der nationalistischen Regierung in Ungarn war.

Deutschland muss auch weiterhin alle Möglichkeiten nutzen, um entsprechend seiner Verfassung und seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlingen und politisch Verfolgten Zuflucht zu gewähren.

  1. Die Fluchtbewegungen haben in Deutschland eine Welle der Hilfsbereitschaft, der Solidarität und der gesellschaftlichen Unterstützung für Flüchtlinge ausgelöst. Den zahllosen Freiwilligen, die sich in Flüchtlingsinitiativen, Wohlfahrtsverbänden, Kirchengemeinden und oft ganz spontan engagieren, wollen wir den Rücken stärken und unseren Dank aussprechen.

Rechtsextremisten, Rassisten und Rechtspopulisten sind mit ihren Aktionen gegen Flüchtlingsunterkünfte derzeit zwar gesellschaftlich isoliert, setzen aber auf verbreitete fremdenfeindliche Vorbehalte und instrumentalisieren und manipulieren die Ängste mancher Bürgerinnen und Bürger. Wir werden ihnen entschlossen, sachlich und mit einer klaren politischen Haltung entgegen treten.

  1. Das Recht auf Asyl kennt keine Obergrenze, aber viele praktische Probleme. Angesichts der Überfüllung der ZASt Halberstadt, der immer noch bestehenden Zeltquartiere und der Unterbringungsprobleme in den Kommunen steht die Schaffung winterfester, menschenwürdiger Unterkünfte im Mittelpunkt.

Die SPD begrüßt die Entscheidungen des Landtages zur Beschleunigung und Entbürokratisierung und appelliert an Land und Kommunen, alle Flüchtlinge aus Not- und Übergangsquartieren so schnell wie möglich dauerhaft in Wohnungen unterzubringen.

  1. Eine Diskriminierung von Flüchtlingen, deren Herkunftsländer gesetzlich als sichere Herkunftsländer eingestuft wurden, lehnen wir ab. Auch sie haben ein Recht auf rechtsstaatliche Prüfung ihrer Asylbegehren, auf gerichtliche Überprüfung von Entscheidungen und auf menschenwürdige Unterbringung während der Verfahren.

Eine freiwillige Rückkehr abgelehnter Asylbewerber ist die deutlich bessere Alternative zur zwangsweisen Abschiebung. Nächtliche, unangekündigte Abschiebungen stellen eine weitere Traumatisierung insbesondere für Familien mit Kindern dar. Einen Zwang für die Kommunen, Abschiebungen immer unangekündigt durchzuführen, darf es nicht geben. Unter sozialdemokratischer Regierungsbeteiligung wird es eine Zustimmung Sachsen-Anhalts zu entsprechenden bundesgesetzlichen Regelungen nicht geben, auch nicht im Paket mit anderen gesetzlichen Bestimmungen zum Asylrecht.

Die SPD warnt davor, die administrativen Schwierigkeiten bei der Bewältigung der Fluchtbewegungen zum Anlass für eine Einschränkung oder Unterhöhlung des Asylrechts oder für Schikanen gegen Flüchtlinge zu nehmen.

  1. Viele Flüchtlinge bringen Berufsqualifikationen mit, die in Deutschland und Sachsen-Anhalt dringend benötigt werden. Die SPD Sachsen-Anhalt begrüßt die Vereinbarung der Koalition in Berlin, Menschen vom Westbalkan Wege zur Arbeitsmigration nach Deutschland zu eröffnen.

Menschen, die nach Sachsen-Anhalt kommen, um hier beruflich tätig zu werden, benötigen schnelle und umfassende Informationen und zügige Verfahren zur Anerkennung ihrer Berufsqualifikation und Angebote zur Ergänzungsqualifizierung. Wir begrüßen, dass in der ZASt jetzt von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bundesagentur für Arbeit Qualifikationen erfasst werden, um eine schnellere und zielgerichtete Vermittlung auf den Arbeitsmarkt zu gewährleisten. Auch in den neu zu errichtenden Erstaufnahmestellen muss eine solche Erfassung von Qualifikationen organisiert werden. Unterstützungsnetzwerke werden die Flüchtlinge bei Spracherwerb, Anerkennungsverfahren, Qualifizierung und Integration begleiten. Unternehmen, die zugewanderte Jugendliche ausbilden, können Beratung und Unterstützung erhalten.

Zur schnelleren Anerkennung von ausländischen Berufsqualifikationen fordern wir, die Anerkennungsgesetze auf Bundes- und Landesebene zu überarbeiten und die Anerkennungsverfahren zu vereinfachen.

Wer bei uns in Ausbildung ist, darf nicht abgeschoben werden, wer eine Ausbildung erfolgreich abgeschlossen hat, muss die Möglichkeit zur Bewerbung auf offene Stellen erhalten, um eine gute Bleibeperspektive zu entwickeln.

  1. Wir unterstützen die Forderung nach sicheren und legalen Fluchtwegen insbesondere aus den Kriegs- und Bürgerkriegsregionen des Nahen Ostens.

Die Blockierung von Fluchtwegen, die Schließung von Grenzen und die Errichtung neuer Grenzzäune zwischen europäischen Staaten ist nicht nur ein Angriff auf das Menschenrecht auf Asyl, sondern untergräbt auch die europäische Integration.

Europa braucht eine solidarisch organisierte Willkommenskultur für Flüchtlinge. Voraussetzung dafür ist nicht nur eine erhöhte Aufnahmebereitschaft vieler europäischer Staaten, sondern auch die endgültige Aufgabe des Dublin-Verfahrens. Ein Zurück zur Praxis der Dublin-Rückführungen darf es nicht geben.

SPD Sachsen-Anhalt