Die Stadt Halle will dem bundesweit bekannten und mehrfach vorbestraften Rechtsextremisten Sven Liebich dauerhaft untersagen, ein Gewerbe auszuüben. Die Stadt hat ein Verfahren zur Gewerbeuntersagung eingeleitet. Das berichtet der MDR in der sechsten und letzten Folge des ARD-Podcasts „Extrem rechts„. Liebich war bis vor Kurzem Geschäftsführer eines in Halle ansässigen Unternehmens, das unter anderem T-Shirts und Aufkleber bedruckt und über einen Onlineshop verkauft. In der Liste der angebotenen Motive finden sich auch rassistische und verschwörungsideologische Bilder und Sprüche.
Sven Liebich hat nach MDR-Informationen Widerspruch gegen die Gewerbeuntersagung eingelegt. Derzeit prüft das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt den Widerspruch. Sowohl die Stadt Halle als auch das Landesverwaltungsamt äußerten sich nicht zu dem laufenden Verfahren.
Die GmbH hinter dem Onlineshop wurde 2011 von zwei Gesellschaftern gegründet, darunter einer Schwester von Sven Liebich. Seit 2020 ist diese Schwester die alleinige Gesellschafterin des Unternehmens. Wie der Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt in seinem Jahresbericht 2022 erstmals öffentlich feststellte, gehört auch sie der rechtsextremistischen Szene an. Im April 2023 wurde Sven Liebich als Geschäftsführer der Firma abgelöst. Eine zweite Schwester hat die Geschäftsführung übernommen. Sowohl Sven Liebich als auch seine Schwestern ließen Fragen zu diesem Sachverhalt unbeantwortet.
Das Landgericht Halle hatte im Oktober 2022 drei über die Firma vertriebene Aufklebermotive als Volksverhetzung bzw. Beschimpfung religiöser Bekenntnisse eingestuft. Sven Liebich wurde deshalb und wegen weiterer Straftaten erstmals zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt, ausgesetzt zur Bewährung. Das Urteil in zweiter Instanz ist seit März 2023 rechtskräftig.
Bei der Staatsanwaltschaft Halle hat es nach MDR-Recherchen zudem eine personelle Veränderung bei der Bearbeitung der Ermittlungsverfahren gegen Sven Liebich gegeben. Die bisher meist auch für die Liebich-Verfahren zuständige Staatsanwältin bearbeitet demnach inzwischen eine andere Deliktgruppe. Bereits seit vergangenem Jahr ist ein anderer Staatsanwalt für Ermittlungsverfahren gegen Sven Liebich zuständig. Am Umgang der Staatsanwaltschaft Halle und an der bisher zuständigen Staatsanwältin hatte es in der Vergangenheit wiederholt Kritik etwa von Betroffenen von Liebichs Anfeindungen gegeben.
Die Staatsanwaltschaft Halle bestätigte auf Anfrage, dass die Liebich-Fälle inzwischen von einem anderen Staatsanwalt bearbeitet werden. „Eine irgendwie von außen geäußerte Kritik war für diesen Umstand ohne Bedeutung“, so ein Sprecher. Zur derzeitigen Zuständigkeit der Staatsanwältin machte er keine Angaben.
Ende März 2023 waren bei der Staatsanwaltschaft Halle 342 Verfahren gegen Sven Liebich anhängig. In der Vergangenheit waren die meisten Verfahren gegen ihn eingestellt worden. Nach MDR-Recherchen wurde er bisher fünfmal rechtskräftig verurteilt, davon dreimal in Halle.
Derzeit ist Sven Liebich vor dem Amtsgericht Halle erneut angeklagt. Zu den insgesamt 24 Tatvorwürfen gehören unter anderem Volksverhetzung und Beleidigung. Ein Urteil wird für Anfang Juli erwartet. Im Falle einer Verurteilung droht Liebich erneut eine Freiheitsstrafe. Wird er verurteilt, muss anschließend eine Gesamtstrafe mit dem Urteil des Landgerichts Halle aus dem Oktober 2022 gebildet werden. Es ist offen, ob die Strafe dann erneut zur Bewährung ausgesetzt wird. Solange Sven Liebich in dem Verfahren nicht rechtskräftig verurteilt ist, gilt für ihn insoweit die Unschuldsvermutung.
Seit vergangenem Jahr ermittelt zudem die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg gegen Sven Liebich und die Gesellschafterin der GmbH, seine Schwester. Laut einem Behördensprecher geht es dabei um den Tatverdacht des Betreibens einer kriminellen Handelsplattform im Internet, der Volksverhetzung und der Belohnung und Billigung von Straftaten. Mit einem Abschluss des Verfahrens rechnet die Behörde noch in diesem Jahr.
Sven Liebich und seine Schwestern ließen Fragen zu den laufenden Gerichts- und Ermittlungsverfahren ebenfalls unbeantwortet.
„Extrem rechts – Der Hass-Händler und der Staat“ ist ein ARD-Podcast des Mitteldeutschen Rundfunks, in Zusammenarbeit mit dem Rundfunk Berlin-Brandenburg.
Folge 6 „Es tut sich was“ erscheint am 27. Juni in der ARD-Audiothek, bei Spotify und Apple Podcasts sowie auf allen weiteren Podcast-Plattformen.
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