Hochstraßen-Freunde formieren sich

von 24. März 2011

Seit Monaten kämpft eine Bürgerinitiative in Halle (Saale) für den Abriss der Hochstraße und die Suche nach alternativen Verkehrswegen. Nun erhält die prominent besetzte Initiative – unter anderem Hans-Dietrich Genscher, Bernd Göbel – Gegenwind. Denn der neu gegründete Bürgerverein Stadtgestaltung Halle (Saale) will sich nun für den Erhalt der Hochstraße einsetzen.

Die Hochstraße sei die einzig effektive Verbindung zwischen Alt- und Neustadt, “die Nabelschnur”, erklärte Reiner Halle, der bereits im vergangenen Jahr für den Erhalt der Riebeck-Hochhäuser kämpfte und nun zu den Gründungsvätern des neuen Vereins zählt. 40.000 Fahrzeuge würden täglich die Trasse passieren, sagte er. So seien 2010 sogar mehr Fahrzeuge als noch 2009 gezählt worden. Alternative Verkehrswege wie ein Tunnel würden horrende Aufwendungen nach sich ziehen. So seien in dem Gebiet Kohleflöze. Außerdem müssten je nach Variante entweder die jetzige Hochstraße (gegründet auf 25 Meter tiefen Betonpfählen) oder die Franckeschen Stiftungen (gegründet auf Eichenpfählen) untertunnelt werden. Reiner Halle spricht von Kosten in Höhe von 172,5 Millionen Euro. Außerdem müsste durch die Geländesteigung die Neigung im Tunnel über den zugelassenen vier Prozent liegen. Auch eine ebenerdige Straßenführung sei nicht sinnvoll, erklärte Halle. Die untere Ebene müsste den Verkehr von acht Fahrspuren aufnehmen, hinzu käme die Straßenbahntrasse. Durch den Querverkehr könnte der Autoverkehr nicht mehr ununterbrochen rollen, Staus seien die Folge. “Es droht ein Dauerstau in Halle wie in den 60er”, so Halle. Trotz eines geringeren Motorisierungsgrades sei das Straßennetz völlig überlastet gewesen.

Die Forderung des neuen Vereins: die Hochstraße sanieren. Statt der von der Stadtverwaltung öffentlich angegebenen zwölf Millionen Euro seien maximal 6,3 Millionen Euro nötig. Nachbesserungsbedarf bestünde an den Kappen und am Geländer, welches noch nicht mit einem sichernden Seilsystem ausgerüstet ist. Etwaige Aussagen von Baudezernent Thomas Pohlack, möglicherweise zumindest auf die den Franckeschen Stiftungen zugewandte südliche Brücke zu verzichten, hält Reiner Halle für nicht praktikabel. Die Brücke sei von der Bereite und den Rettungswegen her nicht für einen Zweirichtungsverkehr ausgelegt.

Dem neuen Verein angeschlossen hat sich auch Halles früherer Baudezernent Wolfgang Heinrich. Und der machte auch deutlich, dass er gegenüber der Abriss-Initiative und der Stadtverwaltung kein Blatt vor den Mund nimmt. So fordert er vom Beigeordneten Pohlack, doch einmal die Probe aufs Exempel zu machen und eine Brücke für eine Woche experimentell zu sperren. Die Abrisspläne seien “politische Bilderstürmerei”, so Heinrich. “Damit soll ein Verkehrsinfarkt in Kauf genommen werden.” Er forderte die Abrissinitiative auf, doch einmal die Kalkulation für ihre verschiedenen Alternativvarianten vorzulegen und zugleich den dann betroffenen Bürgern in anderen Stadtteilen den Mehrverkehr zu erklären.

Ein großes Argument für den Abriss waren immer die Franckeschen Stiftungen. “Die Bedeutung der Franckeschen Stiftungen und der Hochstraße sind gleich groߔ, sagte Reiner Halle. “Wir brauchen beide und sollten sie nicht gegeneinander ausspielen.” Unterdessen hatte auch der Direktor der Franckeschen Stiftungen erklärt, dass ein Hochstraßenabriss keine Bedingung für eine Aufnahme als Unesco-Weltkulturerbe ist.