Wandel braucht mehr Ehrlichkeit und Handlungsfreiheiten

Wandel braucht mehr Ehrlichkeit und Handlungsfreiheiten
Foto. IHK Halle-Dessau/Uwe Köhn
von 25. Januar 2024 0 Kommentare

Wie lässt sich gesellschaftliche Verantwortung vor dem Hintergrund einer Vielzahl von Umbrüchen und Krisen mobilisieren, um Deutschland zukunftsfest zu machen? Beiträge dazu aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Medien waren Thema beim diesjährigen Neujahrsempfang der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau (IHK) am 24. Januar 2024 in der Händelhalle in Halle (Saale). Die 500 Gäste erwartete zunächst das Grußwort von Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff, der die Anwesenden einlud, sich mit ihrer Kompetenz und Erfahrung stärker in die gesellschaftliche Debatte um die Zukunft unseres Landes einzubringen – für eine wettbewerbsfähige Industriegesellschaft im Wandel ebenso wie für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Der amtierende IHK-Präsident Prof. Dr. Steffen Keitel griff diese Einladung in seiner Rede auf und nahm die Herausforderungen des letzten sowie des gerade begonnenen Jahres in den Blick. Unzufrieden zeigt er sich dabei mit dem Krisenmanagement der Bundesregierung, das die schlechte Lage in der Wirtschaft teils noch verschlimmere. „Wenn es so weitergeht, dann schlittert die deutsche Wirtschaft in eine Dauerkrise“, mahnte Keitel. Die Bilanz der Bundesregierung bezeichnete er als „tiefrot“. „Sei es in der Energie- oder in der Haushaltspolitik: Die Bundesregierung doktert mit kurzfristigen und kurzsichtigen Maßnahmen vor sich hin, schadet aber durch ihre Reformunfähigkeit dem Standort auf lange Sicht“, so Keitel eindringlich. Ausdrücklich lobend hob Keitel hingegen die Arbeit der Landesregierung in den letzten Jahren hervor: „Die Wirtschaft konnte sich auf Ihre ruhige Hand und Ihre besonnene Politik in Krisenzeiten verlassen!“, wandte er sich direkt an den Ministerpräsidenten.

Im Mittelpunkt des Abends stand eine Podiumsdiskussion, die sich der gesellschaftlichen Verantwortung von Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Medien widmete. Im Podium diskutierten Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten des Landes Sachsen-Anhalt), Dr. Martin Wansleben (Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer / DIHK), Prof. Reint Gropp (Präsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle / IWH) und Dr. Susanne Gaschke (Journalistin, Autorin der Neuen Zürcher Zeitung / NZZ), moderiert von IHK-Hauptgeschäftsführer Prof. Dr. Thomas Brockmeier.

Einig waren sich die Teilnehmer trotz unterschiedlicher Blickwinkel darin, dass gesellschaftliche Beteiligung mehr Dialog voraussetze. Das bedeute, anderen wirklich zuzuhören und durch Austausch von Sachargumenten nach gesellschaftlich hilfreichen und bezahlbaren Lösungen zu suchen. Sven Schulze verwies in diesem Zusammenhang auf den Mittelstand, der als Leistungsträger mehr Aufmerksamkeit verdiene. Bezogen auf erfreuliche Großinvestitionen seien das die „Kirschen auf der Sahnehaube“. „Die Sahnetorte selbst sind die vielen mittleren und kleinen Betriebe im Land.“ Dr. Wansleben kritisierte, dass sich momentan „politische Ziele teilweise von der Wirklichkeit entkoppelt hätten“, und rief „jeden Einzelnen“ dazu auf, „eigene Ziele mit der realen Welt in Beziehung zu setzen und sie gegebenenfalls zu korrigieren.“ Prof. Gropp forderte die Politik dazu auf, „wieder mehr strategisch zu denken, erkennbare Prioritäten zu setzen und diese ehrlich zu kommunizieren.“ Dafür sei allerdings auch in der Politik wie in jedem anderen Beruf ein Mindeststandard hinsichtlich Qualifikation und Lebenserfahrung nötig, merkte Susanne Gaschke an und forderte die Parteien auf, ihr Personalrecruiting diesbezüglich zu ändern.

Einigkeit herrschte darüber, dass dies insbesondere mit einer Stärkung der Eigenverantwortung von Bürgern und Unternehmen einhergehen müsse. Gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen zu können, setze zuvorderst Handlungsfreiheit voraus; diese dürfe und müsse die Politik der Bevölkerung durchaus zumuten, aber eben auch zutrauen.

IHK
         

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