Hallesches Brustzentrum führt neuen Test zur Therapieplanung bei Brustkrebs ein

von 26. März 2015

Mit dem „Prosigna®-Test“ wird sowohl das Rückfallrisiko der einzelnen Patientin abgeschätzt, als auch der Tumor einer bestimmten biologischen Subgruppe des Mammakarzinoms zugeordnet. Diese Informationen dienen der Entscheidung zur unterstützenden medikamentösen (sog. adjuvanten) Therapie nach der Operation. Neben dem hier schon lange etablierten uPA/PAI-1 Test bietet das Brustzentrum des Universitätsklinikums Halle (Saale) in Kooperation mit dem Institut für Humangenetik und dem Institut für Pathologie nunmehr einen zweiten modernen Test zur biologischen Charakterisierung von bösartigen Brusttumoren an. Beide Verfahren haben eine Empfehlung der AGO Kommission Mamma (Level of Evidence I, AGO+).

Der „Prosigna®Test“ ist ein so genannter Gensignaturtest, der die Aktivität 50 verschiedener Krebsgene im Tumor bestimmt („PAM50 Gensignatur“). „Es werden vor allem Sequenzen gesucht, die mit der Wachstumsaktivität und so mit der Aggressivität des Tumors assoziiert sind“, erklärt Dr. Martina Vetter, Biologin im Forschungslabor der halleschen Universitätsklinik und Poliklinik für Gynäkologie. Der Test wurde in den Vereinigten Staaten entwickelt und ist dort von der FDA (Food and Drug Administration) für die klinischen Routine zugelassen. Eine CE-Zertifizierung für die Europäische Union, und damit eine Zulassung für die klinische Anwendung, besteht bereits ebenso. „In Deutschland sind wir nach dem Universitätsklinikum der LMU München die zweite Universitätsklinik, die den Prosigna®Test in ihre klinische Arbeit für eine individualisierte Therapieempfehlung für die Patientin einbezieht.“ Aktuell laufen noch Verhandlungen mit gesetzlichen Krankenkassen, die Kosten zu übernehmen.

Im Rahmen einer hausinternen Studie an knapp 100 Tumorbefunden wurde das Verfahren in der Universitätsfrauenklinik getestet und die Methodik mit hoher Genauigkeit etabliert. Die Aufarbeitung des Tumors erfolgt im hauseigenen Labor aus Formalin fixiertem Gewebe, das für die pathologische Routineuntersuchungen angefertigt wird. Im Vergleich zu ähnlichen Gensignatur-Tests, die auf dem Markt angeboten werden, findet sowohl die Tumoraufarbeitung als auch die Messung und Auswertung der Tumoraktivität im Labor des Universitätsklinikum und nicht in zentralen Laboratorien der herstellenden Unternehmen im Ausland statt. „Damit sorgen wir für eine größtmögliche Datensicherheit“. Zudem liegt das Testergebnis auch und insbesondere bezüglich des späten Rückfallrisikos und der Einteilung in die biologische Subgruppe bereits wenige Tage nach der Operation vor und kann zeitnah bei der interdisziplinären Tumorkonferenz des Brustzentrums zur Therapieempfehlung mit heran gezogen werden.

Der „Prosigna®Test“ kommt bisher für postmenopausale Brustkrebs-Patientinnen in Frage. Das Ergebnis wird zusammen mit anderen Befunden bewertet, wichtig dabei nach wie vor die Ausdehnung der Erkrankung (wie axillärer Lymphknotenbefall).

In Deutschland erkranken jedes Jahr 75.000 Frauen an einem Mammakarzinom (Brustkrebs). In den meisten Fällen liegt kein Lymphknotenbefall vor und die meisten Tumoren sind hormonrezeptor[-]positiv d.h. sie sind empfindlich für die weiblichen Sexualhormone (Östrogene). Vom Prosigna®-Test wird erwartet, dass er unter den Patientinnen mit hormonrezeptorpositiven Tumoren diejenigen identifizieren kann, die nur ein sehr geringes Rückfallrisiko haben (sogenannter Luminal A-Typ; unter zehn Prozent Rezidivrisiko in den nächsten zehn Jahren) und mit einer reinen antihormonellen Therapie ausreichend behandelt sind. Andere hormonrezeptorpositive Tumoren haben Eigenschaften, die ein hohes Rezidivrisiko annehmen lassen (sogenannter Luminal B-Typ), Patientinnen mit diesen Tumoren bedürfen im Allgemeinen einer adjuvanten (unterstützenden) Chemotherapie.

Dr. Martina Vetter: „Durch den Einsatz des Prosigna®-Tests erhofft man sich, etwa einem Drittel der betroffenen Patientinnen eine Chemotherapie zu ersparen, da sie nur ein geringes Rückfallrisiko innerhalb der nächsten zehn Jahre haben.“ Die Therapie wird damit noch besser auf die individuellen Tumoreigenschaften ausgerichtet: Sie werden effektiver eingesetzt und Übertherapien und damit verbundene Nebenwirkungen können vermieden werden.