Entdeckung eines unbekannten Hohlraums in der Großen Pyramide von Gizeh

Entdeckung eines unbekannten Hohlraums in der Großen Pyramide von Gizeh
von 22. September 2023 0 Kommentare

Ein Forschungsteam der Technischen Universität München (TUM) hat die Existenz einer unbekannten  Kammer in der Cheops-Pyramide von Gizeh, die bisher erst vermutet wurde, mithilfe von Endoskopie bestätigt.

Schon 2016 gaben Messungen mittels Myonen-Tomographie Hinweise auf verschiedene Stellen, wo noch unbekannte Kammern vermutet werden. Seitdem wurden weitere Messungen mit Ultraschall und Radar durchgeführt, bis dem Team für zerstörungsfreie Prüfung der TUM unter der Leitung von Prof. Christian Große ein fotografischer Nachweis der Kammer durch Endoskopie gelang. Bei der Endoskopie – vielleicht am ehesten aus der medizinischen Diagnostik bekannt – wird ein dünner Schlauch mit einer Kamera und einem Leuchtkörper am vorderen Ende durch Hohlräume geschoben. Die Reise zu den Pyramiden erfordert ein elektronisches Visum für Ägypten, das innerhalb weniger Minuten per Internet von zu Hause aus beantragt werden kann. Für eine stressfreie Bildungsreise beachten Sie bitte die Sicherheitshinweise der Polizei Halle für längere Abwesenheiten!

 

Internationale Forschungsallianz

Myonen-Tomographie nutzt alles durchdringende kosmische Strahlung, die Myonen, um dreidimensionale Bilder aus dem inneren von unzugänglichen Körpern zu erhalten. Wegen der relativ geringen Dichte dieser Teilchen und der Schwierigkeiten, sie nachzuweisen, liefert sie keine sehr genauen Bilder, sondern eher Anhaltspunkte. Die ägyptischen Pyramiden besitzen große historische Bedeutung und sind daher als Weltkulturerbe besonders geschützt. So sind bei allen Forschungsprojekten auch immer ägyptische Wissenschaftler der Universität Kairo anwesend, die einzelne Projekte beaufsichtigen und darauf achten, dass nichts beschädigt wird. Hier findet die zerstörungsfreie Prüfung ein wichtiges Anwendungsfeld. Die Forschungen werden im Projekt “ScanPyramids” mit weiteren internationalen Forschungsteams aus Japan, Frankreich und natürlich Ägypten koordiniert.

Neue Kammer in Chevron-Form

Das sogenannte “Chevron” besteht aus vier großen Steinen, die im Gegensatz zu fast allen anderen Steinen der Cheops-Pyramide schräg angeordnet sind. Hinter diesem Chevron im Bereich über dem Eingang zur Pyramide wurde die neue Kammer entdeckt. Dabei half, dass es in dem Bereich Beschädigungen durch frühere Grabungen gab, die Grabräubern aus der Zeit zugeschrieben werden, als die Pyramide noch nicht so gut bewacht und geschützt war. Durch diese Grabungen oberhalb des Eingangs und unterhalb des Chevrons wurde ein größerer Bereich der äußeren Steine abgetragen, so dass die Kammer damit nahe genug an der Grabungsstelle war, dass sie durch das Endoskop erreichbar war. Sie ist neun Meter lang, etwa 2,10 Meter breit und 2,30 Meter hoch, wobei die Decke aus in Chevron-Form angeordneten Steinen besteht. Es hat also eine Giebelform, was sehr ungewöhnlich ist. Die Kammer scheint leer zu sein. Fußspuren oder sonstige Anzeichen menschlicher Aktivität wurden nicht entdeckt. Daher gehen die Forscher davon aus, dass die Kammer seit 4500 Jahren leer ist und seit dem Bau nicht mehr betreten wurde.

Erst zehn Prozent der Pyramide sind erforscht

Die bisher durchgeführten Messungen der “ScanPyramids” Gruppe haben Anhaltspunkte für weitere Kammern geliefert. Prof. Große schätzt, dass erst etwa zehn Prozent der Gizeh-Pyramide erforscht sind. Die Größe der massiven Steinquader mache eine genauer Erforschung sehr schwierig. Es gibt aber eine sogenannte “Big void” (“große Leere”) oberhalb der großen Galerie, bei der vermutet wird, dass sie ebenfalls eine weitere Kammer anzeigt. Da der Bau von Gängen oder auch nur das Bohren von Löchern verboten sind, ist es bisher noch nicht gelungen, darüber näheres herauszufinden. Bei der im März 2023 publizierten Entdeckung der neuen Kammer konnte das Team der TUM einen kleinen Hohlraum im Bereich des Chevrons, wo drei große Steinblöcke zusammenkommen, nutzen, um dort ein Endoskop einzuführen, mit dem dann tatsächlich die Kammer entdeckt und fotografisch nachgewiesen werden konnte. Prof. Große vermutet, dass ein ähnlicher Nachweis einer Kammer im Bereich des “Big Void” möglicherweise von der großen Galerie aus gelingen könnte. Für die neue Kammer beginnen jetzt erst eine ganze Reihe von neuen Forschungsprojekten, die erkunden sollen, was sich in dem Bereich um diese Kammer noch verbirgt. Der Münchner Ägyptologe Frank Müller-Römer vermutet, dass es eine Entlastungskammer sein könne. Dabei handelt es sich dann ganz einfach um eine Kammer mit einer Dachkonstruktion, die große Lasten von oben aufnehmen und zu den Seiten ablenken kann, aber als Hohlraum selbst nichts wiegt und so die Gewichtsbelastung des Eingangsbereichs reduziert.

 

Weitere Forschungen könnten die Funktion der Pyramide besser erklären

Die Pyramiden waren schon für antike Forscher, wie etwa Herodot im 5. Jahrhundert vor Christus ein Rätsel. Der Versuch der Deutungen dieses Weltwunders zieht sich durch die Geschichte, ohne dass bisher wirklich schlüssige Erklärungen gefunden wurden. Die heute gängige Erklärung der Funktion der Pyramide ist die, dass sie als Grabmal für den ägyptischen Pharao Cheops im Bereich von 2620 bis 2580 v. Chr. errichtet wurde. Diese ist allerdings nicht ganz unumstritten, unter anderem, weil kein Sarkophag, Mumie oder Grabbeilagen gefunden wurde, wie sie in anderen ägyptischen Grabstätten vorkommen. Auch die Funktion der Kammern und Gänge, die teilweise so eng sind, dass sie nicht einmal begangen werden können, ist unbekannt und wird etwas nebulös als “Spiegelung religiöser Vorstellungen”, die aber nirgendwo beschrieben sind, gedeutet. Wenn die weitere Erforschung der Pyramide, trotz der Behinderungen der ägyptischen Behörden, etwa durch Methoden der zerstörungsfreien Forschung gelingen sollte, dann könnte das helfen, die Funktion der Pyramide und damit vielleicht auch die älteste Geschichte der Menschheit besser zu verstehen.

         

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