Ausschüsse vertagen Stadion-Entscheidung

von 15. April 2009

(ens) Am Ende war sogar die Verwaltung überrascht: bereits nach anderthalb Stunden war die gemeinsame Sitzung von Sport-, Planungs-, Umwelt, Bau- und Finanzausschuss zum geplanten Stadion-Neubau im Sportlerdreieck zu Ende. Eine Entscheidung fällten die Ausschussmitglieder, darunter zahlreiche Stadträte, wie erwartet noch nicht. Bereits im Vorfeld hatten sie gegenüber HalleForum.de angemerkt, dass es zunächst noch Beratungen in den Fraktionen geben muss. Diese waren wegen der Osterfeiertage nicht möglich. Die Stadt hatte die Vorlage erst nach den letzten Fraktionszusammenkünften ausgeteilt. Gefasst werden soll der Beschluss am 22. April. In der dann folgenden Sitzung wollen die Räte jedoch eine verbesserte Sitzordnung. Am Dienstag mussten sie auf Tische verzichten. “Die Sitzordnung ist wie im Großtheater”, schimpfte Gottfried Köhn (SPD).

Die Stadt schlägt in ihrer Vorlage vor, die “bauliche Lösungsvariante C” mit 10.000 Zuschauern als Referenzentwurf umzusetzen. Diese Variante hatte Planungsdezernent Thomas Pohlack bereits im März-Stadtrat favorisiert. Auf allen vier Seiten soll eine lärmmindernde Überdachung mit integrierten Flutlichtern angebracht werden, eine “Schallmuschel”, wie Pohlack es nannte. Derzeit sind unmittelbare Anwohner bei Fußballspielen einer Lärmbelastung von 80 Dezibel ausgesetzt. Zwar würde es für den jetzigen Standort Bestandsschutz geben. “Wenn wir zukunftsfähig sein wollen, dürfen wir uns darauf aber nicht verlassen”, so Pohlack.

Zwar gab es einige, auch kritische Nachfrage, zu dem Papier der Verwaltung. Der große Widerstand jedoch blieb aus. Vor allem Tom Wolter (Mitbürger) und Uwe Heft (Die Linke) sehen noch einigen Klärungsbedarf. So warf Heft der Verwaltung vor, sie wolle den Rat über den Tisch ziehen. Hintergrund sind die nun geplanten Kosten von 20,8 Mio Euro. Im Grundsatzbeschluss war noch von 17.5 Mio Euro als Obergrenze die Rede. Die hält die Stadt zwar ein, jedoch nur netto. Einige Räte merkten an, sie seien durchaus von Brutto-Kosten ausgegangen.

Planungsdezernent Pohlack begründete die höheren Kosten, die für die Umsetzung der Variante C anfallen, mit einem einfacher möglichen Ausbau auf 15.000 Zuschauer. Bei den anderen Varianten würde dies deutlich teurer, zudem müssten in dem Fall Teile des Stadions zurückgebaut werden, um später weiteren Platz zu schaffen. Zudem sei die Stadt vorsteuerabzugsfähig, die Kosten würden deshalb im Rahmen bleiben. Das wollen die Stadträte aber genauer wissen, erhalten nun zur nächsten Sitzung eine detailliertere Kostenrechnung. Bodo Meerheim sprach in diesem Zusammenhang von einer “wundersamen Geldvermehrung”.

Mehrkosten, bei anderen Bauprojekten in Halle (Saale) durchaus üblich, erwartet die Stadt indes nicht. Schließlich soll das ausführende Bauunternehmen neben HFC und Stadtwerken an der Betreibergesellschaft beteiligt werden. Jens Rauschenbach, der als Berater für die Stadt das Projekt begleitet, sagte, man wolle auf diese Weise das Bauunternehmen zwingen, “für das errichtete Gebäude Verantwortung über die zwei Jahre Gewährleistung hinaus zu übernehmen.” Einige Räte sahen eine Beteiligung der Stadtwerke kritisch. Laut Thomas Pohlack hat Stadtwerke-Chef Wilfried Klose bei der Ausarbeitung des Konzepts mit am Tisch gesessen und Offenheit signalisiert. Tom Wolter (Mitbürger) schlug vor, auf eine Betriebsgesellschaft zu verzichten. Stattdessen solle das Zentrale Gebäudemanagement der Stadt (ZGM) als Vermieter auftreten.

Neben den Kosten bemängelten mehrere Räte auch fehlende Aussagen zu den Auswirkungen auf der Verkehr der umliegenden Straßen. Uwe Heft forderte die Einsichtnahme in das in der Vorlage erwähnte Verkehrsgutachten. “Das hat bisher niemand von uns gesehen.” Doch auch der Bau und die Lage der Parkplätze war den Räten noch nicht ausreichend genug aufgeschlüsselt worden.

Klärungsbedarf sehen die Räte auch noch bei den Betriebskosten. Sie sehen hier einen Teil noch nicht untersetzt. Bernhard Bönisch (CDU) vermisste zudem transparente Aussagen zu den Immoblienverkäufen, so zu Beispiel zu dadurch entstehenden Einnahmeverlusten. Immerhin sollen 10,5 Mio Euro der Baukosten durch den Verkauf städtischer Gebäude und Grundstücke aufgebracht werden. Weitere 6 Mio Euro trägt das Land.

Und dann war da noch die Frage nach der Erstliga-Tauglichkeit. Die wird es wohl am Standort Kurt-Wabbel-Stadion nicht geben. Maximal 20.000 Zuschauer sind hier nach Angaben der Stadtverwaltung möglich, für die erste Bundesliga müssen jedoch mindestens 25.000 Plätze angeboten werden.