Leuchttürme, Atomkraftwerke, Mindestlohn …

von 24. September 2009

„Blinken Sie so hell wie möglich“ – mit diesen Worten verabschiedete sich Hessens Ministerpräsident Roland Koch von den Hallensern. Am Mittwochabend hatte er im Stadthaus in Halle (Saale) an einer Wahlkampfveranstaltung der CDU teilgenommen. Dabei wies Koch daraufhin, dass nur ein Prozent aller Bundesbürger überhaupt zu solchen Veranstaltungen gehe. Doch diese Personen seien Multiplikatoren, Leuchttürme, die ihre Informationen aus eben diesen Veranstaltungen im Freundes- oder Kollegenkreis weiter tragen. Immerhin habe er hier „länger als 30 Sekunden Zeit, etwas zu sagen“, so der Ministerpräsident mit Blick auf moderne Medienmacher in Radio- und Fernsehinterviews.

Anderthalb Stunden lang gab Koch dem CDU-Direktkandidaten Christoph Bergner Schützenhilfe. Deutschland könne stolz und selbstbewusst sein, was es in den letzten Jahren gemeistert habe. Zum Beispiel die deutsche Einheit. Koch berichtete von Besuchen in der Wendezeit im benachbarten Thüringen – wo Menschen in Altenheimen in Räumen ohne Fenster dahinsiechten. Von Seen, in die Altöl gepumpt wurde. Koch gestand ein, dass noch längst nicht alle Probleme wie Sozial- und Arbeitsmarktprobleme gelöst worden seien. Doch auch die werde man lösen, ebenso wie die Wirtschaftskrise. Allerdings, so warnte Koch, sei die Wirtschaftskrise auch die „Zeit der linken Rattenfänger“. Diese würden versuchen, mit Illusionen um Stimmen zu werben. „In diesen Zeiten wimmelt es von Garantien nur so“, bemerkte Koch, „Garantien für Mindestlohn, Rente, Ausbildungsplätze … Was kommt noch? Garantien auf den Hauptschulabschluss?“ Man solle die Menschen nicht durch Garantien verderben. Viel mehr sollten die Menschen immer nach Besserem streben. „Wenn das Volk zufrieden ist mit dem was es hat, hat der Rückschritt bereits begonnen“, so Koch.

In seiner Rede sprach sich Koch gegen einen einheitlichen Mindestlohn. Damit zerstöre man hunderttausende Jobs. Ihm sei es lieber, wenn sich Menschen mit einem geringeren Lohn als Aufstocker im Erwerbsleben zu etablieren, als aufzugeben, weil man keine Arbeit mehr findet. Löhne sollten durch die Tarifpartner gemacht werden. Diesbezüglich schimpfte Koch auch auf die Gewerkschaften, die gespaltener Zunge sprechen würden. Auf der einen Seite fordern sie einen Mindestlohn und gleiche Löhne in Ost und West, auf der anderen haben sie erst kürzlich einen Tarifvertrag für Mitarbeiter in Großwäschereien abgeschlossen, der im Osten einen Lohn von 6.31 und im Westen von 7.11 Euro vorsehe. Es sei eine „Sauerei“, wenn die Forderungen von den gleichen Leuten kommen, die klammheimlich solche Tarifverträge abschließen. „Wir bleiben dabei: die Tarifparteien müssen die Löhne aushandeln und nicht Politikergeschwätz mit falschen Hoffnungen Arbeitsplätze zerstört.“

Auch gegen Verstaatlichung (zum Beispiel Opel) wendete sich Koch. Der Staat verstehe nix von Autos. Zu sagen, der Staat mache es besser, sei eine gefährliche These. Der Ministerpräsident sprach sich zudem für eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke aus. Dies würde bis zu 12 Milliarden Euro im Jahr bringen. Schon jetzt kaufen deutsche Stromkonzerne Atomstrom aus anderen Ländern Europas, schließe langfristige Verträge ab. Am Ende stünde die absurde Situation, dass man viele Arbeitsplätze in Deutschland vernichtet habe, man den Strom teuer aus dem Ausland einkaufen muss und man bei den Sicherheitsstandards nicht mehr mitreden könne. Rot-Grüne hätte damals gesagt, wenn Deutschland aus der Kernenergie aussteige, folge auch der Rest. Passiert sei das aber nicht, überall würden neue Kraftwerke gebaut.

Immer wieder plädierte Koch für die Wahlfreiheit – die Wahl ob Kita, Krippe und Ganztagsschule oder nicht. „Der Staat hat nicht das Recht, Kinder zu beschlagnahmen und zu bestimmen, wie man sie ausbildet.“

Koch warb zudem für ein schwarz-gelbes Bündnis. Die FDP sei zwar nicht die CDU, aber in ihrer Grundüberzeugung den Christdemokraten am nächsten. SPD, Linke und Grüne hätten sich in ihren Parteiprogrammen angenähert. Und sobald die SPD die linke Mehrheit im Bundestag habe, werde sie diese auch nutzen. Auch wenn sie jetzt etwas anderes sage. Schließlich habe sie den Bundespräsidenten auch mit den Stimmen der Linken wählen wollen. Jetzt stünde Deutschland vor einer Richtungswahl. Der hessische Ministerpräsident stellte dabei eine Verbindung zum Zugverkehr her. Die Politik sei ein Zug – und die Passagiere (Wähler) bestimmen die Richtung, in die der Zug an der nächsten Weiche fahren soll. Bei der letzten Wahl habe der Wähler diese Weiche noch nicht gestellt. Deshalb habe man den Zug abgebremst. Das sei in Ordnung, doch nun sei es Zeit für eine Entscheidung, sonst drohe Stillstand.

Kurz angerissen wurde auch auf Nachfrage eines Gastes das Thema Afghanistan. Ein schneller Rückzug sei nicht denkbar. „Wenn wir aufgeben, schaffen wir Aufmarschgebiete für unsere Feinde“, so Koch. „Wenn wir uns zurückziehen, kommt der Terror zurück.“ Man wolle erst aus Afghanistan heraus, wenn das Ziel erreicht sei – eine stabile Demokratie.